1000 Tücher gegen das Vergessen, Ausstellungsansicht, Museum Europäischer Kulturen, © Staatliche Museen zu Berlin / David von Becker

Eine einzigartige Präsentation im Museum Europäischer Kulturen (MEK) erinnert noch bis zum 25. Juni an die Opfer des Krieges im ehemaligen Jugoslawien. Dazu fertigte eine Künstlerin die „Rolle des Gedenkens“ an, indem sie 1000 bestickte Taschentücher aneinandernähte.

Die aus Taschentüchern bestehende Stoffbahn ist ein Projekt des Vereins südost Europa Kultur e. V. Sie ist das einzige Exponat der Sonderausstellung und füllt mit 47 Metern Länge nahezu den gesamten Raum aus. Die einzelnen Taschentücher wurden von geflüchteten Frauen angefertigt, die Angehörige oder Freunde im Krieg im ehemaligen Jugoslawien verloren haben. Auch Frauen aus anderen Ländern bestickten die Quadrate mit den Lebensdaten und Namen der Opfer. Mit unterschiedlichsten Motiven gingen sie dabei sehr individuell vor und arbeiteten Bilder wie Vögel oder Wolken mit in die Quadrate ein. Schlussendlich fügte die Künstlerin Anna S. Brägger die Taschentücher aneinander, die jetzt als lange Stoffbahn an der Wand hängen.

Auch Stoffbahnen mit Daten und Fakten über den Krieg im ehemaligen Jugoslawien gehören zur Ausstellung. Außerdem werden über Audioanlagen Originalaufnahmen der Frauen wiedergegeben, die während der Arbeit über ihr Schicksal erzählen.

Der Krieg im ehemaligen Jugoslawien hatte 1991 begonnen und forderte bis 1995 zahlreiche Opfer. Besonders das Massaker von Srebenica, bei dem mehr als 8000 Menschen, überwiegend Jugendliche und Männer muslimischen Glaubens, getötet wurden, ist im Gedächtnis der Menschen geblieben. Viele der Hinterbliebenen flüchteten nach diesem Genozid und fanden Zuflucht in dem Berliner Verein südost Europa Kultur. Dort wurden sie betreut und erhielten Hilfe bei der Traumabewältigung. In diesem Rahmen entstand auch das Konzept der Rola. Die Frauen gestalteten die Taschentücher, die letztlich von Brägger zusammengefügt wurden.

Die Ausstellung ist eine Ergänzung zu der Präsentation „daHEIM: Einsichten in flüchtige Leben“ und wurde in Kooperation mit der Stiftung ÜberBRÜCKEN in die Wege geleitet. Der Eintritt kostet acht, ermäßigt vier Euro.

(sn)