Seit drei Jahren verkauft Aykent Yilmaz Obst und Gemüse im Bahnhof Lichterfelde Ost. Foto: Baumann

Zigaretten, Spirituosen oder Süßigkeiten sucht man hier vergeblich. Dafür gibt es eine breite Auswahl an Obst und Gemüse – und das 24 Stunden am Tag, an sieben Tagen der Woche. Warum es sich lohnt und wer um 3 Uhr nachts das „Grünzeug“ kauft? Wir haben „Aykent im Bahnhof“ besucht.

„Wir sind kein Späti“, sagt Aykent Yilmaz, der Inhaber des Obst- und Gemüsestandes im Bahnhof Lichterfelde Ost. Das sei ihm besonders wichtig, betont er. „Wir haben weder Zigaretten noch Alkohol im Angebot.“ Höchstens Bier könne man hier kaufen und das wird eher selten verkauft, erzählt er. „Unsere Kunden wollen eben gesunde Sachen“, sagt Yilmaz lächelnd. Und davon gibt es hier reichlich. Alles, was ein gut sortierter Obst- und Gemüsestand bieten kann, ist hier zu finden.

„Aykent im Bahnhof“ Foto: Baumann

Doch wer kauft denn schon Möhrchen und Selleriestangen mitten in der Nacht? „So gut wie keiner“, lacht der Besitzer. „Zwischen Mitternacht und 5 Uhr morgens ist hier tote Hose“, so Yilmaz. „Wenn die S-Bahn nicht fährt, haben wir natürlich auch keine Kundschaft. Aber ab 5 Uhr läuft das Geschäft wieder. Obstbecher zum Mitnehmen sind dann der Renner“, erzählt der 45-Jährige. Und auch vor Mitternacht wird fleißig gekauft. „Wer spät Feierabend hat, ist froh, auf dem Nachhauseweg noch einkaufen zu können.“

Doch wenn das Geschäft nachts nicht läuft, warum ist der Stand dann 24 Stunden lang geöffnet? „Auch wenn wir nachts nur sehr wenig bis gar nichts verkaufen, lohnt es sich, durchgehend offen zu haben.“ Man spare sich dadurch den sehr aufwändigen Ab- und Aufbau. Außerdem sei so kein Lager nötig. „Alle Produkte werden direkt nach der Lieferung hier ausgelegt und verkauft“, erklärt Yilmaz. Das erspare nicht nur eine Menge Zeit, sondern auch Kraft und Geld.

„Es war schon immer mein Traum, nie Feierabend machen zu müssen“

Vor drei Jahren hat der gebürtige Türke den Stand im Bahnhof übernommen. „Der alte Besitzer musste gesundheitsbedingt aufhören und für mich war das die einmalige Chance“, erinnert er sich. Zuvor habe er 17 Jahre lang seine Ware auf dem Kranoldmarkt verkauft. Der Standort im Bahnhof sei aber viel besser, erzählt er. Hier sei es kühl, wodurch das Obst und das Gemüse sich viel besser halte, und man sei von Wind und Wetter geschützt. „Außerdem war es schon immer mein Traum, nie Feierabend machen zu müssen“, lacht der Händler. Doch Nachtschicht mache er keine mehr: „Dafür muss man geboren sein. Ich habe einen Mitarbeiter, er möchte immer nur nachts arbeiten. Für ihn ist das das Größte. Und ich bin froh, dass ich das nicht mehr machen muss.“ Insgesamt drei Angestellte hat „Aykent im Bahnhof“. So nennt der 45-Jährige sein Geschäft.

Obst und Gemüse sind aber nicht das Einzige, was „Aykent im Bahnhof“ seinen Kunden zu bieten hat. Nach 17 Jahren am Kranoldmarkt und drei Jahren im Bahnhof kennt der Wahl-Lichterfelder den Kiez und seine Bewohner ziemlich gut. „Man erfährt hier alles, was im Bezirk und bei den Menschen privat los ist“, erzählt er. Mittlerweile kenne er nicht nur die Vorlieben der Kunden, sondern wisse auch vieles über ihr Leben, ihre Sorgen, ihre Familien. Fragen wie „Geht es dem Sohn gut?“ oder „Wie ist die OP verlaufen“ gehören hier zum „Service“. „Man kennt sich eben“, so Yilmaz. „Genau das finde ich ja so schön an meinem Job. Man trifft so viele Menschen, man unterhält sich nett, man lacht viel. Es ist eine schöne Arbeit.“ Für ihn gehöre das freundlich Sein einfach dazu, sagt der Händler. „Es ist sehr schwer einen Kunden zu gewinnen, ihn zu verlieren geht aber ganz leicht.“ Außerdem sei es für ihn keine Herausforderung: „Mein Job macht mir einfach Spaß, da fällt mir das Lachen nicht schwer.“

Auf die Frage, was er sich für die Zukunft wünsche, antwortet der 45-Jährige zufrieden: „Ich bin gesund, habe Familie und nette Kunden, was soll ich mir da noch wünschen?“ Und sollte die S-Bahn irgendwann mal durchgehend fahren, dann bereitet er einfach ein paar Obstbecher mehr vor.

(eb)