BVV Steglitz-Zehlendorf Foto: Baumann

Kann man eine ausführliche Antwort auf eine Große Anfrage erwarten, wenn man sie eine Woche vor der Wahl der Bezirksverordneten eingereicht hat? Und ist es angemessen, sich ausgerechnet jetzt darum zu kümmern, dass Steglitz-Zehlendorf Fairtrade-Town wird? Diese und einige weitere Themen wurden am Mittwoch, bei der letzten Bezirksverordnetenversammlung (BVV) in diesem Jahr diskutiert.

Um den „Fairtrade-Town“-Status für den Bezirk ging es der SPD. Gleich zu Beginn der Sitzung stellte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Isabel Miels, eine Kleine Anfrage dazu. Die Antwort darauf gab es von der neuen Grünen-Bezirksstadträtin Maren Schellenberg. Sie versicherte, sie würde sich um das Thema kümmern. Die Einrichtung einer Steuerungsgruppe wäre dabei der nächste Schritt. Damit war die Anfrage eigentlich beantwortet. Doch das Thema sollte in der Sitzung noch mehrmals angeschnitten werden. Insbesondere von der FDP. Der Fraktionschef der FDP Kay Ehrhardt benutzte das Thema Fairtrade-Town immer wieder als Beispiel für die, seiner Meinung nach, falsche Schwerpunktsetzung im Bezirksamt.

Servicekultur im Bezirksamt – ein Thema, das Zeit braucht

Den größten Redebedarf gab es in der BVV am Mittwoch, als es um die Beantwortung der Großen Anfrage der FDP zum Thema Anspruch an eine professionelle Servicekultur im Bezirksamt ging. Die Große Anfrage wurde von der FDP-Fraktion bereits im November gestellt. Aufgrund der unerwarteten Nicht-Wahl der SPD-Kandidatin Dr. Franziska Drohsel musste sie damals jedoch verschoben werden. Gestern stand die Anfrage erneut zur Diskussion.

Dabei ging es unter anderem um Kundenorientierung und Mitarbeitermotivation im Bezirksamt. Mit der Beantwortung der Anfrage durch die Bezirksbürgermeisterin, Cerstin Richter-Kotowski (CDU) zeigte sich die FDP nicht zufrieden. Der Fraktionsvorsitzende der FDP, Kay Ehrhardt, betonte mehrmals, dass die Anfrage nicht ausreichend beantwortet worden sei. Man sei weder auf die Maßnahmen zur Verbesserung der Mitarbeitermotivation noch auf Kundenorientierung eingegangen.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Torsten Hippe antwortete darauf, dass die Fragestellung zu diesen Punkten sich nicht in der Anfrage fände. Diese bestehe überwiegend aus Floskeln und nicht aus konkreten Fragen. „Sie sind ein Meister des Abstrakten und ein Versager im Konkreten“, hieß es von Hippe. Doch auch ihm seien die Zustände im Bezirksamt bekannt. Vor allem der hohe Krankheitsstand sei ein Signal, dass etwas geändert werden müsse, räumte Hippe ein.

Doch die FDP ließ nicht locker und lockte damit auch die bis dahin eher zurückhaltende Bürgermeisterin, Cerstin Richter-Kotowski (CDU), aus der Reserve. Sie konterte mit den Worten, die Anfrage kam eine Woche vor den Wahlen am 9. November. Für diese sehr kurze Zeit sei sie sehr umfangreich beantwortet worden. Sie bat außerdem, ihr und ihren Kollegen, wie es sonst auch üblich sei, mindestens 100 Tage Zeit zu lassen, um sich in die neuen Aufgaben einzuarbeiten. Zustimmung dafür gab es von Torsten Hippe. Es sei ein Thema für eine Doktorarbeit und es wäre unmöglich diese innerhalb einer Woche zu beantworten, bestätigte er. Auch aus der SPD-Reihe hieß es, es seien doch „Neulinge“, den man etwas Zeit lassen sollte, um sich einzuarbeiten. Doch wenn es nach der FDP ginge, würde Richter-Kotowski für diese Arbeit eine „Knapp-über-mangelhaft“-Note bekommen.

AfD bringt Hippe dazu, Karnetzki zu verteidigen

Auch über die zweite, im November verschobene, Große Anfrage wurde ähnlich hitzig diskutiert. Diese stellte die AfD zum Thema „Informationsanspruch der Bürger bei der Entscheidung, den Sportplatz an der Lissabonallee mit Tempohomes für Flüchtlinge zu bebauen“. Die Anfrage wurde vom Bezirksstadtrat Michael Karnetzki (SPD), als stellvertretender Stadtrat für Integration beantwortet. In seiner Antwort verwies er darauf, dass eine entsprechende Informationsveranstaltung für die Anwohner bereits am 8. November stattfand. Daraufhin erklärte Peer Döhnert, der Fraktionsvorsitzende der AfD, er habe den Eindruck, das Bezirksamt würde bewusst „Fake-News“ in die Welt setzen. Denn die Veranstaltung sei nicht vom Bezirksamt organisiert worden. Es sei ihm und seinen Parteikollegen nicht bekannt, welcher Verein Organisator der Veranstaltung war, wer eingeladen wurde oder wer überhaupt anwesend war. Darauf meinte Torsten Hippe: „Es ist erstaunlich, wie Sie mich dazu bringen, Herrn Karnetzki zu verteidigen.“ Er sei selbst bei der Veranstaltung dabei gewesen und kann bestätigen, dass auch das Bezirksamt anwesend war und den Bürgern Rede und Antwort stand, so der CDU-Fraktionschef.

Das Schlusswort kam dann von der Grünen-Politikerin, Susanne Mertens. „Es soll uns nicht um Formalien gehen, sondern um eine Lösung“, so Mertens. Man solle nach vorne schauen, und sich nicht damit aufhalten, wer wann was falsch gemacht hat.

Sitzverteilung in den Ausschüssen festgelegt

Erfolgreich verlief die Abstimmung zur Sitzverteilung in den Ausschüssen. In die meisten davon kann die CDU drei Verordnete und zwei Bürgerdeputierte schicken.

SPD ist mit zwei Verordneten und einem Bürgerdeputierten dabei, ebenso wie die Grünen. AfD, FDP und Linke erhalten jeweils einen Sitz.

Die Ausschüsse für Schule, Bildung und Kultur sowie Stadtplanung, werden mit insgesamt 15 Verordneten und vier Bürgerdeputierten besetzt. Davon bekommt die CDU vier Sitze für Verordnete und zwei für Bürgerdeputierte. Die SPD ist mit drei Verordneten und einem Bürgerdeputierten dabei, ebenso wie die Grünen. AfD und FDP bekommen je zwei Sitze. Die Linke ist mit einem Sitz dabei.

Der Geschäftsordnung- sowie der Rechnungsprüfungsausschuss werden mit 14 Bezirksverordneten besetzt. Davon sind fünf von der CDU, drei von der SPD, drei von den Grünen, einer von der AfD, einer von der FDP und einer von der Linken.

Jugendhilfeausschuss soll mit insgesamt 14 Bezirksverordneten und 6 Bürgerdeputierten besetzt werden. Über den Ausschuss für Unregelmäßigkeiten soll auf Antrag der FDP gesondert abgestimmt werden.

In den Ausschüssen werden politisch relevante Themen für den Bezirk erörtert und Beschlussempfehlungen sowie Anträge für die BVV erarbeitet.

Bezirksamt weiterhin unvollständig

Ein Stadtrat-Posten bleibt weiterhin unbesetzt. Es heißt, ein passender Kandidat sei von der SPD noch nicht gefunden worden. Da der neue Kandidat erst einmal eine Mehrheit in der Kreisdelegiertenversammlung bekommen muss, wird die neue Wahl voraussichtlich nicht vor Februar stattfinden.

(eb)