Fachbauwerk von 1866. Foto: Heimatmuseum Zehlendorf

Der heutige S-Bahnhof der Linie S1 ist der Überrest des historischen Bahnhofes Zehlendorf. Mit seiner wechselvollen Geschichte hat sich die Denkmal-AG des Droste-Hülshoff-Gymnasiums beschäftigt.

Die Anfänge (1838 – 1866)

Zehlendorf bekam einen Bahnhof, als die sogenannte Stammbahn zwischen Potsdam und Berlin 1838 ihren Betrieb aufnahm. Man verlegte die Schienen trotz größerer Entfernung östlich der Berlin-Potsdamer Chaussee, weil auf der nordwestlichen Seite die Bebauung bereits zu weit fortgeschritten war. Zehlendorf ist der älteste Haltepunkt im heutigen Berlin. Statt der vier- bis fünfstündigen Kutschfahrt benötigte man nur noch 40 Minuten von Berlin nach Potsdam.

Ausbau des Bahnhofs und des Streckennetzes (1866 – 1900)

In den kommenden Jahren erhielt Zehlendorf weitere Bahnanschlüsse und vor allem feste Stationsgebäude. Zunächst wurde 1866 südlich der Gleise ein zweigeschossiger Fachwerkbau errichtet. 1891 entstand nördlich der Gleise das Empfangsgebäude mit verschließbarem Durchgang und Treppenläufen zu den Bahnsteigen. Gleichzeitig gestaltete man die Bahnsteige neu: Man hob sie an und verwendete erstmals die charakteristischen gusseisernen Säulen für die Dachkonstruktion. Der Zehlendorfer Bahnhof diente nun als Modell für weitere Vorortbahnhöfe.

Bereits 1887 war die Straßenunterführung des Teltower Damms unter den Gleisen entstanden: man hatte früh erkannt, dass der Kreuzungspunkt Schiene – Straße ein großes Unfallrisiko darstellte.

Auf dem Weg in die Moderne (1900 – 1943)

Um 1903 wurden besondere Züge eingesetzt, die ohne Halt von Zehlendorf nach Berlin fuhren. Sie wurden „Bankierszüge“ genannt, da sie von den Bankdirektorenvillen in Zehlendorf direkt in die Stadt fuhren. Diese Verbindung machte das Wohnen vor der Stadt noch attraktiver.

Bahnhofsgebäude von 1891. Foto: Peter Bley: „175 Jahre Eisenbahn Berlin – Potsdam“

Um Beeinträchtigungen des regulären Vorortverkehrs und der Schnellverbindung zu vermeiden, baute man eine zweite Brücke für die Fernbahn und die Bankierszüge. Es entstand der heute noch bestehende Bahnsteig B, dessen Aussehen bereits dem Geschmack des beginnenden 20. Jahrhunderts angepasst ist: Moderne Stützen- und Dachkonstruktion mit den entsprechenden Dienstgebäuden gehören einer neuen Ära an. Bereits von Juli 1900 bis Juli 1902 fuhren zwischen Zehlendorf Mitte und dem Potsdamer Bahnhof elektrische Vorortzüge, allerdings im Wechsel mit dampfbetriebenen Bahnen. 31 Jahre nach den ersten Versuchen, am 15. Mai 1933, begann der ausschließlich elektrische Betrieb: Man kam nach neun Minuten Fahrzeit in der Stadt an.

Zerstörung und Wiederaufbau (1943 – 1961)

Im 2.Weltkrieg wurde das Empfangsgebäude am Teltower Damm von einer Bombe getroffen und zerstört. Umgehend wurde ein flach gedeckter Neubau als Provisorium errichtet.

Provisorisches Empfangsgebaeude von 1943. Foto: Heimatmuseum Zehlendorf

Der S-Bahnbetrieb war am Ende des Krieges zunehmend eingeschränkt und wurde für kurze Zeit völlig eingestellt. Der Betrieb setzte in den 1950er Jahren nur langsam wieder ein.

Zu Zeiten der Teilung Deutschlands (1961 – 1989)

Nach dem Mauerbau im August 1961 hatte die sowjetische Besatzungsmacht weiterhin die Hoheit über den Bahn- und S-Bahnverkehr in Berlin, dann betrieb die Eisenbahn der DDR die S-Bahn. Viele West-Berliner boykottierten aus Protest die S-Bahn und nutzten Bus und U-Bahn. Die S-Bahn verlor viele Fahrgäste und Einnahmen. So brachen auch für den Bahnhof Zehlendorf andere Zeiten an: Bahnlinien wurden eingestellt, die Anlagen verfielen. Erst 1985, nachdem die BVG die S-Bahn übernommen und umfangreiche Baumaßnahmen durchgeführt hatte, wurde die Wannseebahn als S1 wieder in Betrieb genommen. Das Gesicht des Bahnhofs änderte sich mehrfach: Die Ruine des ersten Stationsgebäudes wurde abgerissen, später auch das im Krieg errichtete Provisorium. Der Durchgang mit den Aufgängen zu den Gleisen war früher Teil des Bahnhofes und mit Türen versehen. Heute ist er offen und die Seitenräume dienen vor allem Obst- und Gemüsehändlern als Verkaufsfläche.

Ab Ende der 80er Jahre bekam der Bahnhof das Aussehen, das wir heute kennen: ohne Bahnhofsgebäude, stattdessen umgeben von hohen Gebäuden. Der ursprüngliche Platz auf der Nordseite verschwand, ein kleiner Platz entstand südlich der Gleise.

2017 – Gegenwart und Zukunftspläne

Das Gleis der Stammbahn ist überwuchert – wird sie wiederbelebt werden oder wird auf ihrer Strecke eine Fahrradautobahn entstehen? Wird der vernachlässigte Bahnsteig B eines Tages wieder begehbar? Werden die alten Bänke wieder eingesetzt? Wann wird ein zweiter Zugang gebaut?

Obwohl 1991 die noch bestehenden historischen Elemente der beiden Bahnsteige des S-Bahnhof Zehlendorf unter Denkmalschutz gestellt wurden, verfallen Teile des Bahnhofs. Nur wenige Reisende haben wohl ein Auge auf die Details, die an bessere Zeiten erinnern. Auf diese wollen Schüler und Schülerinnen des Droste-Hülshoff-Gymnasiums mit drei unterschiedlichen künstlerisch-handwerklichen Arbeiten aufmerksam machen und dazu beitragen, dass das Denkmal Bahnhof Zehlendorf erhalten bleibt:

  1. Zeitreise: Fotografien mit kleinen Modellbau-Figuren erwecken Fotos und Baupläne vergangener Zeiten zum Leben.
  2. DENKMAL: Poster mit Fotografien von denkmalgeschützten Details weisen die Betrachter auf das Schützenswerte des Bahnhofs hin.
  3. TRAUFhänger: Aus einem Teil der im November 2016 abgenommenen Traufen des Daches von Bahnsteig B sind Schlüsselbretter geworden – so blieben sie erhalten und bekamen eine neue Aufgabe.

Text: Mitglieder der Denkmal-AG 2016/17 des Droste-Hülshoff-Gymnasiums:

Takeshi Himeno,

Jakob Mirasol Hütsch

Leyla Malek

Désirée Mittelstädt

Caroline Richter

Lenian Ross

betreut von Dorothee Boskamp (Kunstlehrerin)

Redaktion: Dr. Jörg Rüter