Niclas Warwel entschied mit seinem Treffer die Begegnung. Foto: Kerstin Kellner

Die „kleine Hertha“ erlebte ihren persönlichen Marathon schon am Samstag. Der Lauf über die Distanz von 42,195 km zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass es am Ende schwer wird und schmerzt. Die Zehlendorfer mussten ab der 80. Minute „beißen“, als einer ihrer stärksten Spieler, der junge Albert Vincetic, mit einer gelb-roten Karte das Feld verlassen musste. Doch in Unterzahl kämpften sie beherzt und hatten in einigen Augenblicken das auf ihrer Seite, was ihnen insbesondere im Spiel gegen den SV Lichtenberg 47 ein wenig gefehlt hatte: das Glück des Tüchtigen. So verdienten sie sich ihren 1:0-Erfolg über den starken Aufsteiger Torgelower FC Greif redlich und kehrten damit gleichzeitig wieder auf die Erfolgsspur zurück.

Trainer Alexander Arsovic überraschte zu Beginn mit einer ungewohnten Startaufstellung. Erstmals von Beginn an auf dem Feld stand der vom FSV Mainz 05 gekommene Bilal Kamarie, und mit Timur Gayret beziehungsweise Vincetic kehrten zwei Youngster in die Anfangself zurück. Man spürte, dass die beiden letzten Niederlagen Spuren bei den Zehlendorfern hinterlassen hatten, sie begannen vorsichtiger. „Wir wollten endlich einmal zu null spielen, zehn Gegentore in fünf Spielen war einfach zu viel“, sagte Torhüter Philip Sprint. In der 19. Minute reklamierten die Gäste heftig: Sie forderten einen Strafstoß, nachdem dem Berliner Robert Schröder der Ball im Strafraum an die Hand gesprungen war. Da jedoch aus Sicht von Schiedsrichter Matthias Alm keine aktive Bewegung zum Ball vorlag, ließ er weiterspielen. „Das war eine klare Hand“, sagte Torgelows Trainer Grzegorczyk später auf der Pressekonferenz und fühlte sich benachteiligt.

Wenig später gingen die Gastgeber in Führung. Ein dynamischer Vorstoß von Niclas Warwel aus der eigenen Hälfte war vorausgegangen, ein gelungener Doppelpass mit Sebastian Huke folgte, bis Warwel gekonnt mit dem Außenrist das Tor des Tages erzielte, 1:0 (23.). Der erste Saisontreffer des Stürmers, der sich später freute, „dass vom Stürmer bis zum Abwehrspieler alle gut gegen den Ball gearbeitet haben.“

Nach dem Wechsel boten sich den Zehlendorfern zwei Möglichkeiten, die Entscheidung herbeizuführen: In der 55. Minute eroberte der eingewechselte Marc Zellner im Mittelfeld den Ball, strebte dem Strafraum zu. Doch statt selbst abzuschließen, legte er dem überraschten Huke auf, der das Leder verzog. „Den muss ich alleine machen“, gab Zellner hinterher zu. Zehn Minuten später scheiterte Gayret, weitere Offensivaktionen blieben aus.

Dann folgte das, was eingangs beschrieben wurde. Der emsige Vincetic, nach seinem Nasenbeinbruch in Brandenburg mit Gesichtsmaske spielend, ging zu heftig in einen Zweikampf und musste folgerichtig den Platz verlassen (79.). Zehn Zehlendorfer stemmten sich nun mit aller Macht den Torgelowern entgegen, wollten den Vorsprung in jedem Fall über die Zeit bringen. Selten hat man eine so verbissen kämpfende „kleine Hertha“ erlebt. „Die Defensive hat ein sehr gutes Zeichen gesetzt“, war Trainer Arsovic hinterher zufrieden. Und auch Zellner fand, „dass alle aufopferungsvoll gekämpft haben“.

Die Berliner können aus dieser Partie, in der „auch Torgelow einen Punkt verdient gehabt hätte“ (Arsovic) positive Erkenntnisse mitnehmen: Sie können „zu null“ spielen, wenn sie geschlossen verteidigen, die Jugendspieler machen derzeit viel Freude (Gayret, Vincetic, Rüb und Vassiliadis), sie können sogar gewinnen, wenn Huke einmal nicht trifft (aber vorlegt!) und sie haben mit Sprint eine verlässliche Größe im Kasten, der in der 87. Minute auf der Hut war und einen Stövesand-Freistoß entschärfte.

„Für uns war es wichtig, wieder mal mit einem Erfolgserlebnis in die kommende Woche gehen zu können“, gab Arsovic einen kleinen Einblick in das Seelenleben. Verzichten müssen die Zehlendorfer am kommenden Samstag in Frankfurt auf den gesperrten Vincetic, doch stehen bis dahin vielleicht wieder Hopprich (erkrankt) und Stein (saß schon auf der Bank) zur Verfügung. Ihr Kapitän Schröder wird nicht müde zu betonen: „Wenn wir alle unsere Qualitäten abrufen, wird es schwer für jeden Gegner.“ Behalten sie diese kämpferische Einstellung bei, kehrt auch die Leichtigkeit wieder zurück. Sie scheinen auf dem richtigen Weg.

(ok)