Mann des Spiels war Timur Gayret: das 1:0 selbst erzielt, den Elfmeter herausgeholt. Foto: Kerstin Kellner

Im Zehlendorfer Programmheft stand es blau auf weiß zu lesen: „Mit gutem Gefühl in die Winterpause“. Zumindest lautete so vor Spielbeginn das Motto der „kleinen Hertha“, die nach zuletzt drei Punktspielniederlagen in Folge etwas ins Straucheln geraten war. Gegen den Namensvetter aus Charlottenburg, CFC Hertha 06, gelang dann auch der so sehnlichst herbeigewünschte Jahresabschluss. Mit einem 2:1-Erfolg beendete Hertha 03 den Negativlauf und überwintert dadurch auf Platz 5 der NOFV-Oberliga Nord.

Bevor die Spieler beider Teams jedoch um Punkte streiten konnten, mussten zuerst einmal Zehlendorfer Vereinsmitglieder aktiv werden. Da das Sportamt den Rasenplatz im Ernst-Reuter-Stadion kurzfristig gesperrt hatte, wurde die Begegnung auf den verschneiten Kunstrasenplatz verlegt, der mittels Schneeschiebern erst einmal spielfähig gemacht werden musste.

Die Zehlendorfer fanden sich auf dem schwer zu bespielendem Geläuf zunächst besser zurecht. Der Zeiger der Spieluhr hatte noch keine zwei Umdrehungen vollendet, da wurden die Tücken der Wetterbedingungen schon sichtbar. Hertha-06-Schlussmann Ferdinand Hahn bekam das nasse Leder nicht richtig zu fassen, musste aus dem Strafraum eilen und brachte dabei Hertha-03-Stürmer Marc Zellner zu Fall. Der anschließende Freistoß blieb für die Charlottenburger zwar ohne Folgen, die durch Schiedsrichter Lüth zurecht gezeigte gelbe Karte sollte später jedoch noch eine entscheidende Bedeutung erhalten.

„Bei diesem Untergrund musste man ‚Karo einfach‘ spielen. Lange gezielte Bälle auf Huke und Zellner“, verriet Zehlendorfs Mike Ryberg hinterher die taktische Marschroute. Einer dieser langen Bälle, geschlagen von Darius Niroumand, fand den durchstartenden Niclas Warwel, der jedoch am glänzend parierenden Hahn scheiterte (28.). Vorher fand auch schon Zellner im Charlottenburger Torsteher seinen Meister. „Unsere Chancenverwertung war wie schon in den letzten Wochen miserabel“, beklagte Flügelflitzer Warwel das Manko der „kleinen Hertha“. Die beste Möglichkeit vergab ausgerechnet Top-Torjäger Sebastian Huke fünf Minuten vor dem Wechsel: Er verschoss einen Handelfmeter.

Auch nach dem Pausentee dominierten die Gastgeber. Doch es dauerte bis zur 59. Minute, ehe die Zehlendorfer erstmals Kapital aus ihrer Überlegenheit schlagen konnten. Der ehemalige A-Junior Timur Gayret, einer der besten Akteure an diesem Nachmittag, zog in Manier von Bayern München-Stürmer Arjen Robben aus halbrechter Position nach innen, um dann den Ball mit dem linken Fuß aus rund 15 Metern gefühlvoll ins Netz zu befördern. Die Erleichterung aufseiten der „kleinen Hertha“ war förmlich zum Greifen. Gayret stand nur drei Minuten später erneut im Mittelpunkt des Geschehens. Nach einem Dribbling im Strafraum konnte er von Hertha-06-Keeper Hahn nur regelwidrig gestoppt werden. Nun wurde dem Torhüter die gelbe Karte aus den Anfangsminuten zum Verhängnis: Mit gelb-rotem Karton schickte Lüth den bis dahin mit so vielen Klasseparaden auffälligen Hahn vom Feld. Aus welchem Holz ihr Mittelstürmer geschnitzt ist, bekamen die Zehlendorfer nun zu sehen. Mit gesundem Selbstbewusstsein ausgestattet nahm sich Huke erneut das Leder – und zeigte keine Nerven. Der gerade eingewechselte Ersatztorhüter Hampel hatte keine Abwehrmöglichkeit, 2:0 (64.).

Wer aber glaubte, die Partie wäre damit entschieden, der irrte. Drei Dinge waren maßgeblich verantwortlich für eine spannende Schlussphase. Erstens: Mannschaften in Unterzahl entwickeln plötzlich ungeahnte Kräfte, zweitens hatten die Charlottenburger beim Stande von 0:2 ohnehin nichts zu verlieren und drittens hatten die letzten Niederlagen Spuren bei der „kleinen Hertha“ hinterlassen. Das Zittern der Gastgeber verstärkte sich noch, als der eingewechselte Jose Silva Magalhaes das Leder zum 2:1 an Philip Sprint vorbeizirkelte (71.). Und doch hatten die Zehlendorfer weitere Chancen: Huke (73.), Zellner (75.) und zuletzt der lange Lenny Stein mit einem Kopfball vergaben sie allesamt. Nachdem Sprint in der Nachspielzeit noch einmal (erfolgreich) sein ganzes Können aufbieten musste, hatten die Gastgeber die drei Punkte eingefahren.

„An unserer Torausbeute müssen wir weiter feilen“, sagte Ryberg nach Spielschluss und Trainer Arsovic fügte hinzu: „Die Chancenverwertung ist unser Problem. Daran werde ich in der Vorbereitung auf die Rückrunde mit dem Team arbeiten.“ Doch erst einmal können die Zehlendorfer durchatmen. Sie werden die Hinrunde auf Platz fünf beenden. Das ist sicherlich nicht ganz das, was sie sich zu Saisonbeginn insgeheim erhofft hatten, aber eine Punktausbeute von 32 Zählern nach 17 Spielen ist eine starke Bilanz. Gäbe es nicht in Optik Rathenow ein herausragendes Team, die „kleine Hertha“ läge durchaus in Schlagdistanz zu den Plätzen, die um den Aufstieg streiten. Doch ihr vor Saisonbeginn ausgerufenes Ziel „Verbesserung der Vorjahresplatzierung“ können sie durchaus noch erreichen. Im Vorjahr landeten sie auf Rang vier. So darf man (trotz des großen Rückstandes auf den Spitzenreiter) dennoch auf die Rückserie gespannt sein.

(ok)