Gerhard Richter, Direktor des Zirkus Mondeo, freut sich auf die bevorstehende Vorstellung der Schüler der Alt-Lankwitzer Grundschule und der Peter-Frankenfeld-Schule. Foto: Baumann

„Ein hochverehrtes Publikum, meine Damen und Herren, erleben Sie Ihre Kinder von einer anderen, einer neuen Seite“, lautete die Ansprache des Zirkusdirektors am Samstag, 6. Mai, in der Manege des Zirkus Mondeo in Lankwitz. Damit kündigte er die Vorstellung einer Artisten-Gruppe an, die man so nur an diesem einen Tag zu sehen bekam – Schüler der Alt-Lankwitzer Grundschule und der Peter-Frankenfeld-Schule präsentierten an diesem Samstag ihr in nur fünf Tagen einstudiertes Zirkus-Programm.

Zirkusprojekte für Schüler sind mittlerweile nichts Ungewöhnliches mehr. Doch dieses Projekt unterscheidet sich von den anderen. Denn ein Teil der Kinder, die an diesem Tag in der Manege standen, haben verschiedene Behinderungen.

Seit drei Jahren kommt der Zirkus Mondeo einmal im Jahr nach Lankwitz, um den 6-Klässlern der Alt-Lankwitzer Grundschule und den Schülern der Peter-Frankenfeld-Schule das Zirkusleben näherzubringen und mit ihnen gemeinsam ein ganzes Programm einzustudieren.

„Eigentlich sind wir in Neukölln zu Hause“, erzählt Gerhard Richter, der Direktor des Zirkus Mondeo. „Alle unsere anderen Projekte laufen dort. Nur für dieses eine kommen wir nach Steglitz-Zehlendorf.“ Die Kooperation mit der Alt-Lankwitzer Grundschule besteht seit fast 15 Jahren. Früher seien die Grundschulkinder immer nach Neukölln gekommen. Doch seit es die Kooperation mit der Peter-Frankenfeld-Schule, einer Förderschule mit dem Schwerpunkt „Geistige Entwicklung“, gibt, kommt der Zirkus hierher, nach Steglitz-Zehlendorf. „Für die Kinder wäre es einfach zu weit und zu stressig jeden Tag nach Neukölln zu fahren“, erklärt Richter. „Außerdem findet das effektive Training nur circa zweieinhalb Stunden am Tag statt. Danach gehen die Kinder beider Schulen zurück in den Unterricht.“

Doch was die Kinder in diesen zweieinhalb Stunden am Tag in nur fünf Tagen lernen, ist beeindruckend. Neben den orientalischen Tänzen, inklusive des Umgangs mit, ebenfalls in der Manege anwesenden, Eseln, studieren die Kinder auch klassische Zirkusdisziplinen ein. Diese reichen von Jonglage über Akrobatik am Boden bis hin zu Trapez-Kunststücken, die mehrere Meter über dem Boden aufgeführt werden.

Was bei der Vorstellung besonders auffällt, ist, dass niemand besonders auffällt. Als Zuschauer erkennt man oft nicht, welches der Kinder zu welcher Schule gehört. „Die Mischung macht dieses Projekt so erfolgreich“, erklärt Richter. Würden wir nur mit behinderten Kindern arbeiten, dann wäre es eben eine reine Behinderten-Veranstaltung. Die Zuschauer würden von vorneherein mit einer ganz anderen Erwartungshaltung die Show sehen. Da hier aber circa drei Viertel der Kinder ohne und ein Viertel mit Behinderung sind, werden die Kinder mit Behinderung ganz anders in die Gruppe integriert.“ Es sei wirklich erstaunlich zu sehen, wie viel die Kinder während des Projekts voneinander lernen. Sie unterstützen sich gegenseitig und gehen alle aus sich heraus. Kinder mit Behinderungen trauen sich auf einmal mehr zu und die Kinder ohne Behinderungen lernen Rücksicht zu nehmen und sich um die anderen zu kümmern. Und natürlich erlernen alle Projektteilnehmer während dieser Zeit viele tolle Zirkus-Kunststücke.

Die Schüler haben am Ende der Zeit große Arbeit geleistet und präsentieren das natürlich stolz bei der Vorführung. „Die Kinder lernen hier, was es bedeutet, zu trainieren. Sie müssen sich gut konzentrieren und Anweisungen befolgen“, erzählt Gerhard Richter. Dabei werden kleine Schwächen meisterhaft überwunden und manchmal auch ganz neue Stärken erkannt. „Jedes Kind kann selbst entscheiden, welche Rolle er oder sie bei der Vorstellung übernehmen möchte, und wenn sie diese Rolle erst einmal spielen, gehen sie ganz anders aus sich heraus“, erzählt der Zirkusdirektor. Auch er selbst spiele eine Rolle, erzählt Richter, und zwar die des Direktors. „Meine Aufgabe ist es, immer wieder bei den Trainings nach dem Rechten zu sehen und dabei streng zu wirken“, sagt er lächelnd.

Ganz besonderen Stellenwert hat bei den Kindern der Umgang mit den Zirkus-Tieren. In diesen Tagen dürfen sie nicht nur mit den Tieren spielen und schmusen, sondern lernen auch, sich um sie zu kümmern. „Die Kinder lernen hier, dass auch das Bürsten und auch das Ausmisten des Geheges zu der Arbeit mit den Tieren gehören“, so Richter.

Das Projekt kommt bei allen Beteiligten gut an. Die Kinder sind zufrieden und das Publikum war am Ende der Aufführung begeistert. Doch damit so ein Projekt erfolgreich ist, müssen alle Kooperationspartner und auch Eltern sehr eng miteinander arbeiten, betont Richter. Alles muss abgesprochen und gut organisiert werden. Mit der Zusammenarbeit mit den beiden Lankwitzer Schulen ist er sehr zufrieden. „Hier treffen Menschen aufeinander, die sich einig sind, dass solche Projekte sehr wichtig und wertvoll für die Kinder sind. Hier ziehen alle an einem Strang“. Und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Rund zwei Stunden haben die jungen Artisten das Publikum unterhalten und schienen auch selbst viel Spaß dabei gehabt zu haben.

(eb)

Hinweis: Um die Persönlichkeitsrechte der Kinder zu schützen, durften bei der Aufführung keine Bilder gemacht werden.