Jagdschloss Grunewald, Foto: Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg

1542-43 ließ sich Kurfürst Joachim II. (1505-1571) am Südwestufer des heutigen Grunewaldsees von Baumeister Caspar Theyss ein Jagdschloss bauen. Es gehörte zu einem Kranz von Jagdsitzen, die der Renaissancefürst um seine Residenz in „Cölln an der Spree“ legte. Leidenschaftlicher Jäger, der er war, musste er sich von seinem Landtag vorwerfen lassen, „stets im Holze zu liegen und der Jagd zu gewarten“, statt seinen Regierungspflichten nachzukommen.

Jagden waren vor allem Vergnügen und Zeitvertreib von Hofgesellschaften. Glanzvolle Feste machten sie zu einem gesellschaftlichen Ereignis. Das Jagdschloss „zum gruenen Wald genent“, wie es nach der heute noch vorhandenen Inschrift über dem Hauptportal hieß, lag rund 15 Kilometer vor der kurfürstlichen Residenz. Ein Reitweg verband Cölln mit dem Jagdgebiet in der „Teltower Heide“, später „Spandauer Forst“ und heute, nach dem Schloss benannt, im Grunewald. Ein Teilstück des Weges, die Straße Unter den Linden, führte von der Residenz nach Westen in den ab 1527 angelegten kurfürstlichen Tiergarten. Von dort verlief der wegen des sumpfigen Geländes als Knüppeldamm angelegte Reitweg in südwestlicher Richtung, heute Budapester Straße und Kurfürstendamm.

Das Jagdschloss Grunewald ist Berlins ältester Feudalbau und neben Ribbeckhaus und Zitadelle einzigartiges Beispiel seiner Renaissancearchitektur. Das ursprüngliche Wasserschloss lag direkt am See und war dreiseitig von einem Wassergraben umgeben. Eine hölzerne Zugbrücke verband das Schlossportal mit dem Hof. Die Gesamtanlage bestand aus einem ursprünglich rechteckigen zweigeschossigen Hauptgebäude, Torhäusern, Stallungen, Wirtschaftsgebäuden und Küchenhaus. Zum Wald hin wurde die Schlossanlage durch eine Mauer mit Turm und Wehrgang abgegrenzt.

Durch Hofbaumeister Graf Rochus zu Lynar erfolgte Ende des 16. Jahrhunderts der Anbau der quadratischen Erker zur Seeseite hin. Nach dem Tod Kurfürst Joachims II. blieb das Schloss Jahrzehnte verwaist. Erst Friedrich I. ließ das Schloss von Martin Grünberg und dem Festungsbauer Johann Heinrich Behr aus Spandau 1706 barock umbauen. Es bekam ein drittes Geschoss unter einem Mansarddach, weißen Putz mit Streifensockel und große Rechteckfenster. Die neue Königswürde von 1701 verlangte nach Aufwertung. Dabei integrierte man den zweigeschossigen Vorbau und polygonalen Treppenturm. Mit dem anfallenden Bauschutt wurde der ehemalige Wassergraben zugeschüttet, da die Verteidigungsanlage nicht mehr zeitgemäß war. Vom ursprünglichen Renaissancebau blieb die große Hofstube mit Arkade, Holzbalkendecke und aufgemalter Kassettierung erhalten. Stuckdecken hingegen kennzeichnen die barocken Räumlichkeiten. Die letzte Bauphase erfolgte um 1770 durch Friedrich II. Er ließ vis-a-vis zum Schloss einen langen Südflügel als Magazin für Jagdgeräte errichten. Das barocke Erscheinungsbild ist seither unverändert. Im 19. Jahrhundert senkte man den Wasserspiegel des Sees ab, um auf den Dahlemer Wiesen Torf zu stechen. Das Schloss steht daher nicht mehr direkt am See.

Jagdschloss Grunewald, Foto: Denkmalschutzbehörde

Der Jagdsitz gehörte nebenbei zu Hohenzollerns entlegenen Lustschlössern. Kurfürst Joachim ließ für seine Maitresse, die „schöne Gießerin“ Anna Sydow, hier eine Wohnung einrichten. Nach dessen Tod wurde die hübsche Tochter eines Glocken- und Geschützgießers der Sage nach lebendig in einem der Treppenaufgänge eingemauert. Ihr Geist soll im Schloss und über dem See noch heute sein Unwesen treiben. Auch die Geliebte von Friedrich Wilhelm II., Gräfin Lichtenau fand in Schloss Grunewald und auf der Pfaueninsel Unterschlupf.

Das Jagdfieber stieg ab 1828 noch einmal an: Prinz Carl blies zur Parforcejagd, der blutigen Hetzjagd mit Hundemeuten. Zur jährlichen Hubertusjagd wurden im November gerne ausländische Staatsgäste eingeladen, wie 1864 Zar Alexander II. Die immer häufigeren Jagdveranstaltungen verringerten den Wildbestand im Grunewald erheblich, so dass für das „Vergnügen“ Tiere von andernorts herbeigeschafft werden mussten. Siedlungsbau und die öffentliche Beliebtheit des Waldes führten schließlich dazu, dass der Grunewald 1904 als feudales Jagdrevier aufgegeben wurde. Seit 1915 ist er Naherholungsgebiet.

Die Schlossanlage kam in die Obhut der 1927 gegründeten preußischen Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten und ist seit 1932 Museum. Es beeindruckt vor allem mit seiner hochkarätigen Cranach-Sammlung. Kurfürst Joachim II. hatte sowohl den älteren als auch den jüngeren Cranach mit der Ausstattung seines Berliner Stadtschlosses beauftragt. Daher vermittelt die Sammlung heute ein eindrucksvolles Bild vom Kunstschaffen am Berliner Hof des 16. Jahrhunderts.

Jagdleidenschaft wird im Magazingebäude ausgestellt. Der Schlosshof mit seiner großteiligen Pflasterung bietet im Wald eine pittoreske Kulisse für Weihnachtmärkte und Konzerte. Ein kleines Café lädt von „Hundemeuten“ des heutigen Auslaufgebietes Gejagte zur Rast.

Text: Uwe Schmohl
Redaktion: Dr. Jörg Rüter
Denkmalschutzbehörde