Auch Brot wird im KiJuNa selbst gebacken. Foto: Melanie Röhrig

Als ich ein Kind war, besuchte ich einen Kindergarten, in dem stets frisch gekocht wurde. Die beiden Köchinnen trugen weiße Schürzen und hatten weiße Hauben auf ihren Köpfen. Niemals werde ich vergessen, wie ich im Kindergarten fast täglich von meiner Gruppe ausbüxste, um an der Küchentür meine Zeit damit zu verbringen, den beiden Köchinnen zuzuschauen, wie sie leckere Hefeklöße frisch für uns herstellten. Gurkensalat, Stampfkartoffeln und viele andere Köstlichkeiten, die ich nie wieder so lecker gegessen habe, wie damals in meiner Kindergartenzeit bei Margarete und Gisela. Dies sind Erinnerungen, die mich zu dem machten, was ich heute bin. Eine Köchin und Wirtschafterin, die mit viel Freude und Herz Mittagessen für die Kinder des KiJuNa zubereitet.

Bei meiner Arbeit im Kinderrestaurant (KiReLi) lege ich immer viel Wert darauf, den Kindern zu vermitteln, dass man wirklich alles selber herstellen kann. Alle Speisen werden aus Rohstoffen zusammengestellt. Auch das Brot backe ich selber.

Vor einiger Zeit habe ich Suppe gekocht und dazu frisches Weißbrot gebacken. Ein kleiner Junge aus dem Ferienprojekt unseres Hauses sah, wie ich das frische Brot in der Küche für das Mittagessen vorbereitete, und fragte mich: „Was machst Du da?“ Ich antwortete: „Ich backe Brot für die Gemüsecremesuppe.“ Er schaute mich mit großen Augen ganz erstaunt an und sagte: „Du backst Brot für die Suppe? Das ist ja schön! Ich wusste gar nicht, dass man Brot auch selber backen kann!“

Gerne schauen die jungen Besucher des Kinderrestaurants Melanie beim Kochen zu. Foto: Melanie Röhrig

Das hat mich zuerst schockiert, dann musste ich lachen und ich fragte mich: „Warum weiß ein achtjähriges Kind nicht, dass Brot ganz einfach selbst gebacken werden kann?“ Ich habe die Antwort für mich gefunden – es ist unsere Gesellschaft!

Ich bin selbst alleinerziehende Mutter von vier Kindern. Der Alltag gibt nicht sehr viel Familienzeit her. Auch ich koche nur am Wochenende Zuhause für meine Kinder. Warum, fragen Sie sich jetzt sicherlich zu Recht? Wir leben in einer Zeit, in der die Supermärkte voll sind von Fast-Food-Produkten und in denen uns durch die Medien Konvenienz Produkte als etwas völlig Normales verkauft werden. Das beginnt bei der Babymilch und hört bei Pizza aus der Tiefkühltruhe auf. Die Eltern sind heute oft beide berufstätig und niemand hat mehr Zeit für irgendetwas. Aber warum haben wir eigentlich keine Zeit mehr? Haben wir doch heute durch Technik und unsere Infrastruktur unzählige Möglichkeiten Zeit einzusparen, indem wir zum Beispiel unsere Wäsche nicht mehr von Hand waschen müssen und das Geschirr von der Maschine reinigen lassen, während die Kinder die Hausaufgaben mithilfe des Internets erledigen.

Meine Antwort darauf ist, dass wir durch die ganzen „Bequemlichkeiten“, die die Industrie uns bietet, vergessen haben, uns Zeit zu nehmen für die Dinge, die wichtig sind im Leben. Dazu gehört Kochen mit Herz!

Die selbst gekochten Speisen scheinen auch die Kundschaft zu überzeugen. Foto: Melanie Röhrig

Unsere Kinder essen in der Schule oder im Kindergarten. Eigentlich genauso, wie die früheren Generationen es taten, aber mit einem Unterschied: Heute beziehen fast alle Einrichtungen das Essen von Catering Services und fast alle Catering Unternehmen verwenden Konvenienz. Kinder erleben in Einrichtungen und Zuhause teilweise ausschließlich, wie das Essen fertig geliefert aus dem Metallbehälter oder der Dose/Tüte auf ihren Tellern landet. Sie erleben nicht mehr, wie das Essen mit Liebe und Sorgfalt für sie zubereitet wird. Wenn unsere Kinder das „Essen mit Liebe zubereitet“ nicht mehr erleben und erlernen, was werden dann ihre Kinder und die Kinder ihrer Kinder erleben? Frühstück, Mittag, Abendbrot aus dem Automaten? Schulen haben dieses Problem schon längst erkannt und heute wird Wirtschaft und Kochen wieder im Schulplan vermittelt. Nur reicht diese Theorie aus, wenn Kinder immer häufiger den Alltag Zuhause anders erleben? Bei weitem nicht.

Deshalb möchte ich mit diesem Artikel dazu anregen, dass jeder Leser sich und seinen Familienalltag mal reflektiert und sich Gedanken macht, wie häufig er oder sie zu Konvenienz greift oder das Essen selber und frisch kocht.

Für mich und meinen Alltag ist klar, dass ich meine Kinder selber lehren möchte, wie sie ihr Essen gesund und frisch von Grund auf selber kochen. Wenn aus meinem beruflichen Umfeld in 20 Jahren nur ein Kind an mich zurückdenkt und sich sagt: „Bei Melanie habe ich damals als Kind die leckersten Eierkuchen meines Lebens gegessen“, dann habe ich mein Ziel erreicht! Denn kochen ist immer eine herzliche Angelegenheit!

Melanie Röhrig

 

Und für die Leser, die nun Lust bekommen haben, am Wochenende die Sonntagsbrötchen selbst mit ihren Kindern zu backen – hier ein ganz einfaches Rezept:

  • 500 g. Mehl
  • 1 Teelöffel Salz
  • 300 ml. lauwarmes Wasser
  • 1 Päckchen Trockenhefe
  • Öl

Mehl in eine Schüssel sieben, Salz, Wasser und Trockenhefe mit dem Holzkochlöffel unterrühren. Teig circa eine Stunde an einem warmen Ort mit einem feuchten Handtuch abgedeckt gehen lassen. Teig erneut durchkneten und nochmal abgedeckt 30-60 Minuten gehen lassen.

Dann den Teig zu Brötchen oder Brot formen und auf ein Backblech legen. Das Ganze mit Öl bestreichen und nochmal 30 Minuten gehen lassen.

Den Backofen auf 200 Grad vorheizen und die Brötchen 15-20 Minuten backen. Brot braucht ungefähr 10-15 Minuten länger als die Brötchen.

Guten Appetit!