Mit einem „Spatenstich“ übergab Thimo von Schmitt-Lord, Vorstand der Herbert-Grünewald-Stiftung, den frisch erneuerten Reitplatz. Fotos: Gogol

„Es war einmal eine Mutter, die hatte eine Tochter…“ mit diesen Worten begann am Sonntag Irit Kulzk die Geschichte des Kinder- und Jugend- Reit- und Fahrvereins (KJRFV) Zehlendorf zu erzählen. Vor 25 Jahren also kaufte die Mutter, Ilse Spreen, in einem Anflug „geistiger Umnachtung“ wie sie selbst immer gesagt haben soll, ihrer Tochter Glinda ein Pony. Das fanden die Kinder in der Umgebung natürlich ganz toll. Sie wollten das Pony streicheln und es reiten. „Aber es war mein Pony“, erinnerte sich Glinda Spreen, dass sie ihres damals nicht teilen wollte. Und so kaufte Ilse Spreen weitere Ponys.

Heute gehören 100 Pferde und fast 400 Mitglieder dem Verein an, der am Sonntagnachmittag sein 25-jähriges Bestehen und zugleich den 50. Geburtstag von Madame Nou, Deutschlands ältestem Pony, feierte.

Von Anfang an sollte der Verein offen sein für alle Kinder – egal welcher Herkunft, ob mit Behinderung oder ohne. Extra-Angebote für behinderte Kinder gab es nicht, sie machten einfach mit. Heute nennt man das Inklusion. Und auch in anderer Hinsicht sei der Verein damals vielen Menschen „exotisch und verdächtig“ vorgekommen, erinnerte sich Spreen. Denn die Pferde des Vereins wurden in der Herde gehalten – und nicht wie damals üblich in Boxen oder an Ständern. Heute ist diese Form der Haltung verboten. „Wir waren damals schon Vorreiter“, so Spreen.

Ruhesitz für alte Pferde

2009 gründete der KJRFV auch den „Verein tierischer Ruhestand“, der den älteren Pferden ein Zuhause gibt. „Madame Nou verkörpert den Geist und die Philosophie des Vereins“, sagte Kulzk, die darauf hinwies, dass Reitpferde eine Lebenserwartung von durchschnittlich acht Jahren haben – im Verein von 30.

Vor allem für das soziale Engagement erhielt der Verein viele Auszeichnungen, Ilse Spreen wurde sogar das Bundesverdienstkreuz überreicht. An der Grundeinstellung, allen Kindern das Reiten zu ermöglichen, hat sich nichts geändert. So gibt es etwa Kooperationen mit Schulen und Kindertagesstätten, mit der Lebenshilfe, und mit den Lankwitzer Werkstätten wird derzeit ein neues Projekt namens „Wegbereiter“ gestartet, das junge Menschen eine Ausbildung ermöglichen soll. „Wir wollen nicht nur von Inklusion reden, sondern auch leben“, sagte Spreen.

So viel ehrenamtliches Engagement wurde natürlich auch gewürdigt. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) gratulierte per Grußwort, Staatssekretär Andreas Statzkowski (CDU) war sogar persönlich vorbeigekommen, um zu gratulieren. Er lobte den Verein für sein tolerantes und soziales Miteinander, seine Jugendarbeit und die Inklusion, für die der Verein weit über die Grenzen Berlins hinaus bekannt sei. Bezirksbürgermeister Norbert Kopp (CDU) sagte sogar, dass er stolz darauf sei, dass es einen solchen Verein im Bezirk gebe. Der KJRFV sei „mehr als ein normaler Sportverein. Für seine Mitglieder ist er eine zweite Familie“.

Ein winterfester Reitboden

Natürlich ist es üblich, dass Geburtstagskinder auch Geschenke bekommen. So hatte Patrick Erler vom Edeka Erler in Düppel einen Scheck über 300 Euro dabei. Die Summe war zusammengekommen durch die Spende von Pfandbons zugunsten des Vereins.

Das Geschenk, das Thimo von Schmitt-Lord, Vorstand der Herbert-Grünewald-Stiftung des Bayer-Konzerns, dabei hatte, war ein wenig zu groß, um es zu „überreichen“. Die Stiftung hatte dem KJRFV einen winterfesten Reitboden finanziert, auf dem Reiter mit Beeinträchtigungen aber auch Reitanfänger üben können.

Viele Besucher nutzen den sonnigen Tag, um gemeinsam mit dem Verein zu feiern, der auf dem Reitgelände am Königsweg zu einer Geburtstagsfeier mit Riesentorte, Reitvorführungen, Kinderschminken und Informationen rund um den Verein eingeladen hatte. Auch Gabriele Schmitt, die die Gelegenheit nutze, um sich ganz herzlich bei dem Verein zu bedanken. Vor einiger Zeit musste sie plötzlich ins Krankenhaus und zur Rehabilitation. Glinda Spreen und ihr Verein nahm die beiden alten Pferde der Seniorin auf, versorgten sie ohne lange zu zögern oder dafür Geld haben zu wollen.

(go)