Wurde im Umweltamt Steglitz-Zehlendorf eine Stelle rechtswidrig besetzt? Mit dieser Frage beschäftigte sich die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am Mittwochabend ausführlich. Die SPD verlangte in einer Großen Anfrage Antworten.

Es geht um die „Grüne Mitte“, jenen Rest der Halboffenen Weidefläche, die auch nach Errichtung des Wohngebiets auf Parks Range durch die Groth-Gruppe erhalten bleiben soll. Um diese 57 Hektar kümmert sich seit Dezember Anne Loba. Im Dezember wurde sie dafür vom Bezirksamt eingestellt, befristet bis 31. Dezember 2015. Loba ist im Bezirk keine Unbekannte, sie betreibt die Reitergemeinschaft Holderhof, deren Pferde quasi als Landschaftspfleger diese Weidelandschaft erhalten. Bisher tat sie das ehrenamtlich. Für ihr Engagement war sie in der Vergangenheit mit der Bezirksmedaille und dem Umweltpreis des BUND ausgezeichnet worden.

Es gebe keine rechtswidrige Stellenbesetzung, betonte Bezirksbürgermeister Norbert Kopp (CDU), der die Anfrage als Personaldezernent beantwortete.  Da es sich um keine Stelle, sondern um eine Beschäftigungsposition handele, die zudem befristet wurde, habe man auf eine Ausschreibung verzichten können. Deshalb habe es auch keines Anforderungsprofils bedurft. Anne Loba, die von Bezirksstadträtin Christ Markl-Vieto (Grüne) eingestellt wurde, habe langjährige Erfahrungen und spezifische Kenntnisse der Weidelandschaft auf Parks Range, um die sie sich seit Dezember nun bezahlt statt wie bisher ehrenamtlich kümmert. Einen Interessenkonflikt sah Kopp nicht.

Norbert Buchta, Fraktionsvorsitzender der SPD, sah in der Stellenbesetzung und den Antworten auf seine große Anfrage „Täuschung und Trickserei“. Vieles hatte er an dem Verfahren zu bemängeln – nicht an der Person selbst, die nun die Stelle besetzt, stellte er klar.

Es sei nicht Aufgabe des Bezirksamtes ein Privatgrundstück zu pflegen. Und das sei die “Grüne Mitte“ nun einmal. Was die Bezirksstadträtin allerdings anders sieht. In einer Pressemitteilung hatte sie zwei Tage vor der Sitzung der BVV mitteilen lassen, dass es keine gesetzliche Pflicht für den Eigentümer gebe, Naturschätze zu erhalten. „Dies ist gesetzliche Aufgabe des Bezirks – auch auf privaten Flächen.“

Doch das ist nicht der einzige Kritikpunkt, den die SPD ansprach. Die Stelle sei auf Loba zugeschnitten, ein Stellenprofil sogar angepasst worden, um sie in die Position zu heben. Und das ohne Ausschreibung. „Vielleicht hätten man einen besseren Mitarbeiter gefunden“, fand Buchta, einen mit besserer Ausbildung und mehr Erfahrung. „Es ist kein gutes Bild, als öffentlicher Arbeitgeber so zu verfahren.“

Dass die Stelle aus den Ausgleichmitteln Baumschutz finanziert wird, findet die SPD ebenso unglücklich wie den Zeitpunkt der Einstellung kurz vor der Haushaltssperre. Doch gravierender sei der Interessenskonflikt.  Die Groth-Gruppe hat dem Holderhof, deren Betreiberin Loba ist, auf Vermittlung des Bezirksamtes, die Fläche kostenlos zur Verfügung gestellt. Mit ihrer Anstellung im Umweltamt kontrolliere sie sich quasi selber, monierte Buchta.

Den Interessenskonflikt sah auch Eric Lüders, Fraktionsvorsitzender der Piraten. Loba sei während der Workshops zur „Grünen Mitte“ als Partei aufgetreten, erinnerte er die Bezirksverordneten. Warum und wieso sie plötzlich vom Bezirksamt eine „hochdotierte“  Stelle erhält für eine Aufgabe, die sie seit 25 Jahren ehrenamtlich übernimmt und dies auch weiterhin wohlgetan hätte, konnte Lüders nicht verstehen. „Wo lag die Motivation, warum will man unbedingt Geld dafür ausgeben?“, fragte er.

Man habe hier eine Legende gestrickt, dass nur eine Person für die Stelle infrage komme, kritisierte Volker Semler (SPD) und sei bei der Besetzung heimlichtuerisch vorgegangen. Zudem sah er die BVV in ihren Rechten beschnitten, die über diese Besetzung informiert und konsultiert hätten werden müssen. Eine Information an den Umweltausschuss, wie in einer Pressemitteilung ausgeführt,  habe es nie gegeben, so Semler. Warum bei Finanzierung der Stelle nicht Groth-Gruppe mit ins Boot geholt, die davon profitiere, wollte die SPD ebenfalls nicht verstehen, schließlich gebe es gesetzliche Möglichkeiten, dem Investor die Kosten dafür zu übertragen, erklärte Semler.

Zwar sei die Arbeit von Loba lobenswert, doch der Holderhof sei ein Reiterhof, auf dem man einem Hobby nachgehe. Auch andere Hobbys seien mit Mühen und Aufwand verbunden und auch mit Kosten, die man dann tragen müsse. Warum sollte es hier anders sein, wollte Semler wissen.

Mirko Klimas stellte vor allem Markl-Vietos Verständnis von Demokratie und Transparenz infrage. Buchta sprach von „grünem Filz zugunsten der Natur“, doch auch beim Natur- und Umweltschutz habe man sich an Recht und Gesetz zu halten.  Ein formal richtiges Verfahren sei kein Selbstzweck, sondern beuge der Korruption vor.

Die Grünen sahen in den Ausführungen der SPD vor allem Eines: einen Angriff auf den Naturschutz. Für Maren Schellenberg (Grüne) hat die Bezirksstadträtin eine „hervorragende Lösung“ gefunden, um die Weidefläche zu schützen – nämlich von der Frau, die diese geschaffen habe.

Die CDU hielt sich in der Diskussion eher dezent zurück. Der Fraktionsvorsitzende Torsten Hippe monierte vor allem, dass Namen und Inhalte aus vertraulichen Akten an die Öffentlichkeit gekommen seien – und gab dafür Buchta die Schuld.

Viel wurde an diesem Abend gesagt, Bezirksstadträtin Markl-Vieto allerdings schwieg.

(go)