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Und plötzlich ist es dunkel. Der Fernseher geht nicht mehr, der Kühlschrank ebenso wenig, kein Licht und der Akku des Mobiltelefons hält auch nur noch eine halbe Stunde. Kein Problem, wenn der Stromausfall nur ein paar Minuten dauert oder auch eine halbe Stunde. Aber mehrere Tag? Was, wenn der Strom nicht nur im eigenen Haus ausgefallen ist, sondern im gesamten Bezirk, ja in ganz Berlin? Wie man mit einem langanhaltenden, flächendeckenden Stromausfall umgehen kann und sollte, darüber machen sich derzeit sieben Projektpartner in einem dreijährigen Projekt Gedanken. Die ersten Erkenntnisse nach der Halbzeit wurden am Donnerstag im Rathaus Zehlendorf vorgestellt.

Steglitz-Zehlendorf ist einer der Projektpartner und einer von drei Bezirken, in denen Einwohner danach gefragt wurden, was sie im Falle einer solchen Katastrophe erwarten und wie sie sich dann verhalten würden.

Zwei wichtige Punkte wurden in der Befragung festgestellt, erklärte Prof. Dr. Claudius Ohder von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin. Zum einen: Es gibt einen massiven Hilfebedarf; zum anderen: Die Hilfsbereitschaft ist sehr groß.

Ein Viertel der Befragten, so Ohder, gab an, körperlich eingeschränkt zu sein, zehn Prozent von ihnen bräuchten medizinische Betreuung und sind zum Teil auf Geräte angewiesen. Zudem zeigte sich, dass Großstadtbewohner sich keine großen Vorräte halten, zum einen aus Platzgründen, zum anderen, weil es eine gute Infrastruktur gebe, ein Supermarkt schnell zu erreichen sei. Kaum jemand hat genügend Lebensmittel und Getränke in der Wohnung, um mehr als drei bis vier Tage davon zehren zu können. Bei Medikamenten sehe es besser aus.

Bei der Hilfe setze man vor allem auf Familie und Freunde, die aber oft nicht in der Nähe wohnten. Auch an die Nachbarn würde man dabei denken, sei aber oft nicht sicher, ob die auch bereit wären zu helfen, so das Ergebnis der Befragung. Selbst Hilfe zu leisten, wären viele bereit. Etwa Hilfsbedürftige zu fahren, knappe Güter zu teilen, aber auch die Bereitschaft, Fremde in der eigenen Wohnung aufzunehmen sei in mehr als der Hälfte der Fälle signalisiert worden.

Die Hilfeerwartungen an staatliche Stellen sind hoch, neben Versorgung mit Lebensmitteln, Getränken, Notstrom und Medikamenten, erwarten die Befragten vor allem kompetente Ansprechpartner und Informationen.

Auf Basis der Befragung sollen nun Hilfsmaßnahmen und -strukuren entwickelt werden. Ziel ist es, Katastrophen-Leuchttürme zu schaffen, zentrale Anlaufpunkte, die für alle Bürger fußläufig zu erreichen sind. Sie sollen die Versorgung sicherstellen, vor allem auch die mit Informationen. Und sie sollen die Hilfsangebote aus der Bevölkerung koordinieren.

Einer dieser kurz KatLeuchttürme soll als Pilot im Rathaus Zehlendorf eingerichtet werden, ein weiterer auf dem Campus Benjamin Franklin der Charité.

Dr. Cornelia Lawrenz vom Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf erklärte, dass man sich sich nun auf diese Szenarien einstellen werde, um einen Notbetrieb aufrechterhalten zu können. Das heiße, dass interne Behördenstrukturen so aufgebaut werden müssen, dass sie autonom laufen und jeder Mitarbeiter im Notfall wisse, wie die Hilfsangebote die Betroffenen erreichen können.

Der Campus Benjamin Franklin wird vor allem „Anlaufstelle bei Versorgungswünschen“ sein, wie es André Solatek von der Charité formulierte. Es werde einen erhöhten Pflegebedarf geben, deshalb habe man eine eigenen Umfrage gestartet, in der man herausfinden will, wie man sich auf den Ansturm vorbereiten und ihn organisieren kann.

Martin Surma vom Bezirksamt appellierte, unabhängig von den Ergebnissen, an die Bevölkerung, selbst Vorsorge zu treffen für einen solchen Ernstfall, wie er derzeit in Slowenien aufgrund des massiven Schneefalls eingetreten ist. Es gebe Broschüren im Bezirksamt aber auch im Internet. Zudem regte er an, sich zumindest einen kleinen Vorrat an Lebensmitteln zuzulegen. „Seien Sie vorbereitet“, mahnte er.

Die Befragung und die nun vorgestellten Ergebnisse seien die ersten beiden von insgesamt zehn Schritten auf dem Weg zu den KatLeuchttürmenn, so Frieder Kircher, Leitender Branddirektor der Berliner Feuerwehr. Am Ende soll die Erprobung stehen.

Insgesamt fließen 2,6 Millionen Euro in das das Projekt „Katastrophenschutz-Leuchttürme als Anlaufstellen für die Bevölkerung in Krisensituationen“. Es wird gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.

(go)