Vor dem Haus, aus dem Ruth Lemberger (auf dem Stuhl) mit ihren Eltern nach Palästina flüchtete, verlegte Michael Rohrmann die Stolpersteine für sie und ihre Eltern. Foto: Gogol

Sehr bewegt zeigte sich Ruth Lemberger am Freitag in der Dunant-Schule. Die Schüler hatten extra für sie und ihre Familie ein Programm einstudiert, gesungen und getanzt, Bezirksstadträtin Cerstin Richter-Kotowski hatte sie als „Glücksfall für die Schule“ gelobt. Doch das war nur ein Vorspiel zur eigentlichen Ehrung. Für  Ruth Lemberger und ihre Eltern wurden vor dem Haus an der Kreuznacher Straße 9 drei Stolpersteine verlegt. „Ich glaube eigentlich nicht, dass ich die zu Ehrende bin. Mein Vater hat uns gerettet, weil sein Vorgesetzter ihn gerettet hat“, sagte die 92-Jährige.

Ruth Lemberger freute sich über die Ehre, doch fand sie, dass ihre Eltern sie eher verdient hätten. Foto: Gogol

Ruth Lemberger war 1923 geboren als Tochter von Hirsch und Rosa Glasstein. Es war eine glückliche Kindheit, erinnert sich Ruth Lemberger vor ihrem alten Haus, in dem sie mit ihren Eltern zur Untermiete bei „Tante Kügo“ wohnte. Doch alles änderte sich mit der Machterübernahme der Nationalsozialisten 1933. Sie wurde ausgegrenzt, von der Lehrerin antisemitisch beschimpft, von der besten Freundin gemieden. Als Urlaubsreise getarnt wanderten die Glassteins 1934 über Triest nach Palästina aus. Ohne etwas seien sie in Palästina angekommen, „aber ich lebe noch“, sagte Ruth Lemberger.

Sie heiratete, bekam Kinder, und irgendwann besuchte sie auch Deutschland wieder – zunächst aus beruflichen Gründen Hamburg, später auch Berlin. 2006 schaute sie dann an ihrer alten Schule, der heutigen Dunant-Grundschule vorbei – und stieg einfach durch ein Fenster in den Klassenraum. Ein denkwürdiges Ereignis, dem die Schüler von damals ein Buch widmeten. „Der Gast, der durch das Fenster kam“ wurde 2008 vom Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg ausgezeichnet.

Seit 2006 ist Lemberger regelmäßig zu Gast in der Steglitzer Schule, berichtet von ihren Erfahrungen, lehrt die Schüler Toleranz und Respekt, so der kommissarische Schulleiter Ronald Pieper.

Die Schüler sangen, spielten und tanzten im vollbesetzten Mehrzweckraum der Schule für die Ehrengäste. Foto: Gogol

Ein erstes Denkmal für Ruth Lemberger gibt es schon, ein Apfelbäumchen hatten die Schüler bereits für sie gepflanzt. Die Stolpersteine sind ein weiteres. Lembergers Sohn Dani bedankte sich bei Schülern und Lehrern für das „Übermaß an Liebe und Freundschaft für meine Mutter in den vergangenen zehn Jahren“. Er erinnert in seiner Rede aber daran, dass die Vernichtung der Juden nur die Unterstützung von Millionen von Menschen möglich war, die einer Ideologie folgten, die davon ausgeht, dass einige Menschen wertvoller sind als andere. Es sei traurig, dass dieses Idee auch bis heute noch fortbestehe und dazu führe, dass Menschen weltweit verfolgt und vertrieben werden. Doch jeder habe das Recht, sein Leben nach eigenen Vorstellungen zu leben, betonte er. Ruth Lemberger wünschte den Kindern, dass es ihnen nie passiert, dass sie von anderen Kindern wegen ihrer Hautfarbe oder Religion ausgegrenzt werden.

(go)