Brauchten sich nicht zu verstecken: Schüler der Zürich-Schule spielten "Aschenputtel". Fotos: Gogol

Schon am Eingang der „Märchenvilla“ Folke Bernadotte war klar, dass der Sonntag kein normaler Tag war. Aus dem Fenster im ersten Stock hingen Rapunzels Haare herab, und an der Tür grüßte Rotkäppchen – wenn auch nicht jedem klar war, wer das war. Auch im Haus ging es weiter: Da lagen die zertanzten Schuhe auf dem Fenstersims und vor dem Theaterraum warteten Linsen darauf, von Aschenputtel sortiert zu werden. Doch die gut drapierten Requisiten waren nicht nur Dekoration für das große Märchenfest zum Abschluss der Berliner Märchentage, sondern auch gleich noch ein Märchenrätsel, das es zu knacken galt. Insgesamt gab es 20 Märchen der Brüder Grimm zu erraten, die im Mittelpunkt der diesjährigen Berliner Märchentage standen.

Die 13-jährige Nina und ihr acht Jahre alter Bruder Aron waren schon richtig weit, hatten schon 16 Märchen auf ihrer Liste gesammelt, auch mit ein bisschen Unterstützung von Mama Birgit Haase. Sie waren aus der Nähe von Fürstenwalde nach Lichterfelde gekommen– weil die Oma dort wohnt. Und die hat den dreien gleich den Tipp gegeben, doch mal bei dem Märchenfest vorbeizuschauen. Schön fanden die weitgereisten Besucher das Fest. Sie habe ihren Kindern früher auch Märchen vorgelesen, erzählte Birgit Haase. Während Nina kein echtes Lieblingsmärchen hatte, nannte Aron gleich zwei, die er sehr gern mag: „Ali Baba und die 40 Räuber“ sowie „Aladdin“.

Nicht ganz so weit war der Weg zum Märchenfest für Suszanne Frank, die mit ihrer ganzen Familie dabei war. Sie wohnt gleich schräg gegenüber der Villa. Der jüngste Sohn ist gerade einmal eineinhalb. Mit ihm zog sich sich die junge Mama in einen kleinen Leseraum zurück, wo sie mit ihm sich Bilderbücher anschaute. Sie erzähle zu Hause auch gerne Märchen, „Ich wandele sie aber individuell ab“, erzählte die Lichterfelderin. Denn oft seien die Märchen ganz schön brutal, etwa wenn die Hexe im Ofen brennt, nannte Frank als Beispiel. Das sei für ihren größeren, vierjährigen Sohn nicht immer so geeignet, fand sie. Als Kind habe sie auch viel Märchen gehört, Oma und Opa haben erzählt, die Mutter hatte ein dickes Märchenbuch zu Hause, aber auch Hörspielkassetten mit Märchen habe sie damals gehabt, erinnerte sich Frank. Ihr Lieblingsmärchen ist „Aschenputtel“ – vor allem in der tschechischen Verfilmung. Doch auch die Version der Neuköllner Zürich-Schule habe ihr gut gefallen, so die Lichterfelderin.

Die Klasse 5b war am Anfang der Woche zu den Märchentagen in der Villa gewesen, erzählte Klassenlehrerin Helmi Giese. Und da wurden sie von den Mitarbeitern gefragt, ob sie nicht auch dort ihr „Aschenputtel“ auf die Bühne bringen wollten. „Das ist eine gute Übung für die Schüler“, fand die Klassenlehrerin. Denn mit dem Stück werden die Fünftklässler auch an der eigenen Schule auftreten.

Die Kinder und Erwachsenen amüsierten sich herrlich über den so schönen Traumprinzen, die müde gute Fee, das berlinernde Aschenputtel und die quietschenden hässlichen Schwestern. So auch Petra und Christof Wachter mit ihren Töchtern Mia (sechs Jahre) und Liv (vier Jahre). Sie lesen ihren Töchtern viel vor, so die Eltern. „Es ist genau das richtige Alter dafür“, fanden sie. Und so hatten die beiden Mädchen natürlich auch Lieblingsmärchen: Mia liebt „Rumpelstilzchen“ und Liv „Rapunzel“. Wachters waren zum ersten Mal beim Märchenfest dabei, das aber bereits zum sechsten Mal stattfand. Ebenfalls zum ersten Mal dabei war auch Anja Prosch mit Töchterchen Maja. Für die Vierjährige waren die Märchenrätsel ganz schön schwierig. Aber Mama Anja konnte helfen. Als Kind habe sie Märchen gern gemocht, sagte sie, aber ein Lieblingsmärchen habe sie nicht. Auch Töchterchen Maja hatte keins. Was vielleicht daran liegt, dass ihre Mama zwar viel vorlese,“aber keine Märchen“. Eher den Räuber Hotzenplotz oder aktuellere Geschichten für Kinder.

Die gibt es ja dann vielleicht beim nächsten Märchenfest zu erleben.