Engagieren sich für Flüchtlinge im Kirchenkreis Teltow-Zehlendorf: Superintendet Johannes Krug, die Beuftragte für Flüchtlingsarbeit Nora Brezger, ihre Vertretung Eva Holmach und Indina Niggemann von Xenion (von links). Foto: Gogol

Nächstenliebe – das ist eines der großen Schlagworte der Kirche. Das die nicht nur in der Theorie gilt, sondern auch gelebt wird, zeigt der evangelische Kirchenkreis Teltow-Zehlendorf. In seiner jüngsten Synode verfasste er einen Aufruf und forderte seine Gemeinden dazu auf, die Flüchtlinge, die in Zehlendorf, Teltow und Umgebung untergebracht werden, Hilfe und Unterstützung zukommen zu lassen. So sollen sie prüfen, ob Wohnraum in der Gemeinde zur Verfügung steht, ob zusätzliche Kitaplätze geschaffen werden können, ein Ansprechpartner in der Gemeinde soll für das Thema Flüchtlinge bereit stehen und auch Patenschaften sollen übernommen und Begegnungen ermöglicht werden.

Als er den Aufruf am vergangenen Sonntag während eines Gottesdienstes verlesen hatte, habe es Applaus gegeben, erzählt der Superintendent des Kirchenkreises, Johannes Krug. Das habe er noch nie erlebt.

Es sei die Kernaufgabe der Kirche, durch ehrenamtliche Hilfe den großen Graben zwischen den Menschen in den Flüchtlingsheimen und den Menschen „da draußen“ zu überbrücken, sagt Krug.

Die Unterstützung für die Flüchtlinge ist groß, berichtet Nora Brezger, die Beauftragte für Flüchtlingsarbeit des Kirchenkreises. Teltow-Zehlendorf ist einer von sehr wenigen Kirchenkreisen, die solch eine Stelle geschaffen haben – und das bereits vor vielen Jahren. Brezger hält Kontakt zu den Flüchtlingen, denen, die sich ehrenamtlich engagieren möchten und vertritt den Kirchenkreis im Willkommensbündnis Steglitz-Zehlendorf, das im Mai dieses Jahres gegründet wurde. Rund 500 Menschen und Institutionen sind mittlerweile Mitglied im Willkommensbündnis – mehr als es zurzeit Flüchtlinge im Bezirk gibt.

Knapp 260 Flüchtlinge leben derzeit in den beiden Heimen an der Klingsorstraße und der Goerzallee, so Brezger. Für Verwunderung hatte bei manchem Einwohner gesorgt, dass in der Unterkunft an der Goerzallee zu 80 Prozent Serben und Bosnier untergebracht wurden und keine Syrer. Doch „Flüchtling ist Flüchtling“, sagt die Flüchtlingsbeauftragte.

Im kommenden Jahr werden zu den beiden Heimen zwei Containerunterkünfte am Osteweg und Ostpreußendamm dazukommen. Eine der beiden Unterkünfte soll vor allem besonders traumatisierte Flüchtlinge aufnehmen. Wie diese aber betreut oder auch ausgewählt werden, kann Brezger noch nicht sagen, denn bisher habe sich das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) noch nicht dazu geäußert.

Gerade am Osteweg gebe es gegen die Unterkunft viele Proteste von Grundstückeigentümern, die sich um den Wert ihrer Häuser sorgen, berichtet Brezger. Solche Ängste nutzten Rechtsradikale auch im bürgerlichen Steglitz-Zehlendorf für ihre eigenen Zwecke aus, warnte Krug.

Wichtig sei Information, betonte Indina Niggemann von Xenion, dem Verein „Psychosoziale Hilfen für politisch Verfolgte“. Viele Menschen wüssten nur wenig über Flüchtlinge, deren Erlebnisse und Ängste. Stattdessen herrschten Vorurteile. Erst wenn man über Einzelschicksale berichte, schaffe man Bereitschaft, den Flüchtlingen zu helfen. Diesen Aha-Effekt habe auch sie bei Informationsveranstaltungen erlebt, wenn sie diese gemeinsam mit Betroffenen abhalte, die von ihrer Flucht berichten, bestätigte Brezger. So würde aus „den Flüchtlingen“ plötzlich ein einzelner Mensch.

Die Flüchtlinge unterstützen kann man auf viele Weise, etwa persönlich als Übersetzer oder Begleiter bei Behördengängen. Man brauche Menschen, die verbindlich als Ansprechpartner zur Verfügung stehen, Kontakt halten, vermitteln. Man kann spenden, sowohl Sachen – zur Zeit fehlen in der Goerzallee Winterschuhe für Männer und Haushaltsgegenstände wie Kellen und Messer – also auch Geld. Man kann Wohnraum zur Verfügung stellen. Etwas, was jeder machen kann, so Krug, ist, die Atmosphäre mitzubestimmen, in der über das Thema Flucht und Flüchtlinge diskutiert wird.

Weitere Informationen zur Flüchtlingsarbeit des Kirchenkreises, wie man sich engagieren kann und Ansprechpartner gibt es unter www.teltow-zehlendorf.de/fluechtlingsarbeit

 (go)