Während bei den Politikern bei den bezirklichen Themen im großen ung ganzen Konsens bestand, wurde über die Steuerpolitik heftiger diskutiert. Foto: Gogol

Die Bundestagswahl ist nicht mehr weit und so hatte der Wirtschaftsstammtisch Südwest am Dienstagabend seine normale Form gesprengt und Steglitz-Zehlendorfer Direktkandidaten zu einer Podiumsdiskussion eingeladen. Bei der standen, wie sollte es anders sein, wirtschaftliche Themen im Fokus. Moderiert von Ingo Hoppe äußerten sich von den im Bundestag vertretenen Parteien Karl-Georg Wellmann (CDU), Ute Finckh-Krämer (SPD), Nina Stahr (Grüne), Martin Lindner (FDP) und stellvertretend für Lampros Savvidis Eberhard Speckmann (Linke) zu drei bezirklichen Themen und erläuterten ihre Steuerpolitik.

Einigkeit bei Gründerzentrum und Tourismus

Bei den bezirklichen Themen, die die Veranstalter herausgesucht hatten, herrschte zwischen den fünf Gesprächsteilnehmern große Einhelligkeit. Beim Unternehmer- und Gründerzentrum, das nach Bezirkswünschen an der Fabeckstraße entstehen sollen, waren sich alle einig, dass dies sinnvoller sei, als das Grundstück zu verkaufen. „Berlins Stärke ist das, was in den Köpfen ist“, betonte Wellmann. Zudem würden durch die Ansiedlung neuer Unternehmen im Bezirk mehr Geld generiert werden könnten – zwölf Millionen jährlich hatte die CDU ausgerechnet – als durch den Verkauf.

Auch bei den Museen Dahlem und dem Alliierten-Museum waren sich die Diskutanten einig, dass sie sie gern halten würden. Allerdings hatte Hoppe nach Nachnutzungsideen gefragt. Bis auf Speckmann, der zugab, sich da noch wenige Gedanken gemacht zu haben und in Richtung Flüchtlingsheim oder Umbau zu Wohnungen dachte, sahen die anderen Direktkandidaten die Zukunft der Museen Dahlem eher in einer wissenschaftlichen oder kulturellen Nutzung. Wellmann erklärte, dass die Freie Universität Berlin vorsorglich Bedarf angemeldet habe. Finckh-Krämer konnte sich gut vorstellen, dass die Schülerlabore der FU dort untergebracht oder die Räume für Wissenschaftsausstellungen genutzt werden. Auch Stahr dachte in Richtung Wissenschaft und betonte, dass es wichtig sei, dass die Museen nicht einfach nur als Lagerräume genutzt werden. Für das Alliierten-Museum waren die Ideen weniger konkret. Finckh-Krämer schlug vor, zu prüfen, ob dort nicht Ausweichmöglichkeiten für die Quentin-Blake- und die Biesalski-Schule geschaffen werden könnten.

Drittes Bezirksthema war der Tourismus. Steglitz-Zehlendorf sei ein schöner Bezirk, was aber nicht einmal Berliner aus anderen Bezirken wüssten. Müsse der Südwesten einfach mehr mit seinem Pfunden wuchern, wollte Hoppe von seinen Gesprächspartnern wissen. Und auch da war sich die fünf Politiker einig, dass man eigentlich ganz froh sei, dass es im Bezirk keinen Massen- und Partytourismus gebe, dass allerdings ein bisschen mehr Werbung für die Schlösser, Parks und Museen im Bezirk auch nicht schaden würde. Finckh-Krämer und Stahr dachten dabei vor allem in Richtung Fahrradtourismus, während Lindner und Wellmann mehr Bundestagsabgeordneten die Schönheiten des Südwestens näher bringen wollen.

Von Millionärs- und Vermögenssteuern

Zur Diskussion kam es dann erst, als es ums Thema Steuern ging. Denn da unterscheiden sich die Parteien sehr. Die Linken wollen eine Millionärssteuer. Ab einem Besitz von einer Million Euro würde das Vermögen mit fünf Prozent versteuert. Der Einkommenssteuersatz wollen die Linken auf 53 Prozent festlegen. Durch die Einführung der Millionärssteuer will die Partei 80 Milliarden Euro einnehmen. Was Lindner mit Verweis auf Frankreich, wo eine solche Steuer erprobt und gescheitert sei, als illusorisch abtat. Die Millionäre würden schnell das Land verlassen, sagte er.

Die SPD will den Spitzensteuersatz erhöhen und eine weitere Stufe einbauen. Ab einem Einkommen von 100.000 Euro, für Paare 200.000 Euro, soll der Satz von 42 auf 49 Prozent steigen. Für neugeschlossene Ehen soll der Splittingsatz begrenzt werden, zudem denke man über eine verfassungskonforme Wiedereinführung der Vermögenssteuer nach, so Finckh-Krämer.

Auch die Grünen wollen die Steuern erhöhen. So soll bei einem zu versteuerndem Einkommen ab 60.000 Euro ein Satz von 45 Prozent, ab 80.000 Euro 49 Prozent gelten. Darüber hinaus planen die Grünen eine Vermögensabgabe bei einem Besitz von mehr als einer Million Euro. Stahr betonte, dass es bei Betriebsvermögen keine Substanzbesteuerung geben soll. Dort gelte ein Freibetrag von fünf Millionen Euro. Zudem soll das Ehegattensplitting zugunsten der Familienförderung abgeschmolzen werden.

„Maßlos“ nannte Lindner die Steuerprogramme seiner drei Vorredner. „Wir haben eine Einnahmesituation wie schon lange nicht mehr“, sagte der stellvertretender FDP-Bundestagsfraktionsvorsitzende. Seine Partei wolle deshalb alles so belassen, wie es ist. Eine Vermögenssteuer lehnte Lindner strikt ab. Der Erhebungsaufwand sei zu groß. „Am Ende haben sie mehr Unternehmen vertrieben, als sie jemals versteuern könnten.“

Wellmann sah das genauso. Er war fand die vorgetragenen Steuerpläne seien unausgegoren und „steuerpolitischer Irrsinn“. „Die Wirtschaft brummt. Steuererhöhungen würden den Aufschwung kaputt machen“, hielt er den anderen Parteien vor und lobte die Erfolge der eigenen Partei.

Alf Jarosch von der Piratenpartei, die nicht zur Podiumsdiskussion geladen war, weil sie nicht im Bundestag vertreten ist, propagierte eine andere Steuerpolitik, weg von der Besteuerung von Einkommen. Dafür schlug er eine Transaktionssteuer und eine Steuer auf Luxusgüter vor. An der Transaktionssteuer arbeite man international,weil sie national nicht durchzusetzen sei, so Wellmann, der den Rest der Ausführungen als „Schwachsinn“ abtat. Auch die anderen Parteien konnten sich für die Vorschläge Jaroschs nicht begeistern, verwiesen darauf, dass es bereits zahlreiche andere Steuern gibt.

Grüner Wahlsieg

Am Rande des Podiums hatten die Veranstalter ein kleines Wahllokal eingerichtet. Alle, die zur Diskussion gekommen waren, konnten einmal vor und einmal nach der Diskussion ihre Stimmen abgeben. Und siehe da, es gab einen kleinen Wahlrutsch von der CDU zu den Grünen. Vor der Diskussion hatten 37,5 Prozent der Wähler für die CDU gestimmt, danach nur noch 19. Die Grünen hingegen steigerten sich von 18,75 auf 33,3 Prozent. Auch die FDP lag gut bei 12,5 beziehungsweise 14,3 Prozent. Alle fünf wählbaren Parteien übersprangen an diesem Abend die Fünf-Prozent-Hürde. Abgegeben wurden 48 beziehungsweise 42 Stimmen.

Allerdings betonte Mitorganisator Alexander Stolle vom Best Western Hotel Steglitz International, dass die Wahl ein Spaß sei, den man nicht zu ernst nehmen sollte. So wusste er, dass sich einige Grüne den Jux gemacht hatten, vor der Diskussion für die CDU zu stimmen und danach für die eigene Partei.

(go)