Leerstehende Gebäude, wenig genutzte Flächen und kaum noch Großbetriebe – das Gewerbegebiet an der  Goerzallee verliert als Industriegebiet immer mehr an Attraktivität. Seitdem ADC Krone Mitte 2014 geschlossen wurde und die Firma Rexam am Ende des Jahres das Gewerbegebiet verlässt, bangt man um die Zukunft des 85 Hektar großen Gebiets. Zurzeit besteht wenig Nachfrage, was sich nun allerdings ändern soll. Beim Wirtschaftsstammtisch Berlin-Südwest wurde am Dienstagabend über eine Lösung diskutiert.

Im Mittelpunkt der Diskussion standen Stefan Seidl, Geschäftsführer von autotissue, sowie Bert Kühl, Geschäftsführer von NovaBiotec. Beide Firmen haben ihre Standorte an der Goerzallee. Weitere Anwesende waren unter anderem die Vorsitzenden der Bundesverband mittelständischer Wirtschaft (BVMW), der Wirtschaftsförderung Steglitz- Zehlendorf, der Industrie und Handelskammer (IHK), Vertreter verschiedener Firmen, sowie Bezirksbürgermeister Norbert Kopp. Alle haben dieselbe Absicht – das Industriegebiet zukünftig weiter nach vorne zu treiben.

Doch um etwas zu verbessern, muss das Problem erkannt werden. Seidls Biotechnologieunternehmen produziert seit dem Jahr 2000 biologische Herzklappen für Neugeborene. Der Standort gefällt ihm gut, auch wenn er einige Nachteile mit sich bringt. Ein Beispiel wäre die langsame Internetverbindung, die viele Firmen davon abhält, sich an der Goerzallee anzusiedeln. Zwar habe sich die Firma schon mehr Fläche für eine Internetanlage angelegt, so Seidl, jedoch sei der Anschluss zu den Firmen nicht optimal. Ein weiteres Problem seien die Ruinen der alten Gewerbe, die das Industriegebiet unanschaulich wirken lassen. Leere Speditionshallen und Firmengelände verteilen sich entlang der Goerzallee. Da Seidl mit seiner Firma weiter wachsen möchte, seien die leer stehenden Gebäude ein Hindernis, um die Flächen sinnvoll zu nutzen. „Die attraktive Gestaltung des Gebiets wäre ein klares Vorwärtsprogramm für Industrie und Herstellung“, findet Seidl. „Nicht nur Berlin-Mitte, auch Steglitz braucht ein funktionierendes Industriegebiet und kann somit stolz darauf sein.“

Auch Kühl, Geschäftsführer der mikrobiologisch-biotechnisch ausgerichteten Firma NovaBiotec Dr. Fechter GmbH, sieht trotz einiger Schwierigkeiten Verbesserungspotenzial für die Goerzallee. Die bisher schlechte Infrastruktur sei bereits auf dem Weg der Besserung. Die Busse fahren mittlerweile schon alle zehn Minuten statt alle zwanzig. Belastend bleibe jedoch der Verkehr nach Teltow und Potsdam, da es auch keine direkte U-Bahn Verbindung gibt. Hinzu komme der Verkehrsdruck durch die vielen Discounter, die sich im Industriegebiet befinden.

Für Kühl stellt sich die Frage, wie man das Gebiet nun am innovativsten weiterentwickeln könnte. Die meisten Großindustrien verschwinden nach und nach, immer kleinere Unternehmen verlegen ihren Standort an die Goerzallee. Dadurch entstehe, laut Kühl, ein Kooperationsproblem. „Die Unternehmen haben unterschiedliche Ziele, Bereiche und Bedarf. Alte und neue Industrien müssen sich an einen Tisch setzen und gemeinsame Themen finden“, schlägt er vor. Des Weiteren möchte er das Gebiet sichtbar machen, zum Beispiel durch Eingangsschilder und auf Stadtplänen. Firmen sollte ein Flächenkatalog angeboten werden, um ihnen ein Überblick über den Nutzungsraum zu verschaffen. Auch Ideen anderer Berliner Gewerbegebiete sollten umgesetzt werden, beispielsweise ein Betriebskindergarten oder bessere Verkehrsanbindungen, wie Expressbusse für die Mitarbeiter.

Letztendlich meldet sich Klaus-M. Grünke aus dem Regionalmanagement Berlin Südwest zu Wort: „Alles ist besser als Verfall. Daher ergibt sich die Voraussetzung kreativ zu sein, um die heterogenen Ansprüche unter ein Dach zu bekommen.“ Individuelle Konflikte sollten beseitigt werden um einen langfristigen Gewinn zu erzielen. „Leerstand ist zu schade für so ein schönes Gebiet“, stellt Grünke fest.

(mala)