Mit einer Anwohnerveranstaltung informierten der Bezirk Steglitz-Zehlendorf und der Verein Mittelhof am Donnerstag die Anwohner des künftigen Containerdorfes an der Potsdamer Chaussee 101. Gut ein Viertel der 1.000 Anwohner, die eine Einladung im Briefkasten hatten, waren ins Zehlendorfer Rathaus gekommen, um zu erfahren, wer  zukünftig auf dem Grundstück wohnen soll, wie die Flüchtlinge dort untergebracht und betreut werden und auch um Ängste und Sorgen loszuwerden.

Stefan Thiel vom Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) und Bezirksbürgermeister Norbert Kopp erläuterten, wie es zur Entscheidung kam, auf dem Areal eine Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge zu errichten und den aktuellen Planungsstand. Auf einer Teilfläche des 25.000 Quadratmeter großen Grundstücks soll eine Containerunterkunft für 340 Personen entstehen. Ursprünglich war diese am Osteweg geplant, doch das Grundstück war mit seinen 5.000 Quadratmetern zu klein, weshalb der Bezirk das Alternativgelände an der Potsdamer Chaussee angeboten hatten. Die Grundstücksgröße, die vorhandene Infrastruktur sowie die Tatsache, dass es keine weitere Flüchtlingsunterkunft in der Nähe gibt, hatte das Lageso zustimmen lassen. Im Mai sollen die ersten Bauarbeiten beginnen, die „rollenden Bagger“, die die Anwohner bereits gesehen haben, bereiten das Gelände vor und bedürften auch keiner Baugenehmigung erklärte die anwesende Architektin. Die Flüchtlinge werden in der neuen Unterkunft zu zweit in 15 Quadratmeter großen Zimmern wohnen, Familien bekommen zwei Zimmer. Sanitäranlagen und Küchen sind auf der Etage.

Der Eingang zum Komplex soll am Hohentwielsteig sein. Geplant ist auch ein Kinderspielplatz. Die Bäume und das kleine Wäldchen sollen erhalten bleiben, sicherte die Architektin zu. Wie viel Personal es in der Unterkunft geben wird, konnte Thiel noch nicht sagen, doch er ging von zehn bis zwölf aus.

Woher kommen die Flüchtlinge?

Immer wieder tauchte die Frage nach der Herkunft der neuen Nachbarn auf. Das könne er nicht genau sagen, erklärte Thiel, weil es davon abhänge, wer zu der Zeit nach Berlin kommt. Die Hauptherkunftsländer seien derzeit Syrien, Eritrea, Afghanistan, aber auch der Irak. Auf skeptische Nachfrage aus dem Publikum reagierte Ingrid Stahmer, Senatorin a.D. und Mitglied des Beirats für Zusammenhalt. Im Dezember und Januar habe es eine erhöhte Zahl Asylanträge von Menschen aus Südosteuropa. Anscheinend hatten Schlepper dort eine große Werbekampagne gestartet. Doch das sei abgeebbt als die Anträge abgelehnt und die Menschen wieder zurückgeschickt wurden.

Die Diskussion um die Herkunft erboste Georg Boroviczeny, der für die Piraten in der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf sitzt. Er selbst sei auch als Flüchtling nach Deutschland gekommen sagte er. „Sie kommen aus existenzieller Not. Es gibt keine Flüchtlinge erster und zweiter Klasse.“

Wie denn die Kinder beschult werden sollen, wollte eine Anwohnerin wissen. Es werden für sie möglichst wohnortnah Willkommensklassen in den Schulen eingerichtet, wo die Kinder Deutschunterricht erhalten. Wenn sie die Sprache genügend beherrschen, werden sie in den normalen Unterricht integriert, erläuterte die zuständige Schulrätin. Auf den bereits bestehenden Platzmangel angesprochen, erklärte sie, dass die Klassen verteilt und auch mal Fachräume dafür genutzt würden. Doch alles geschehe in Abstimmung mit den Schulen.

Wie kann man helfen?

Auf Fragen nach Konflikten und Kriminalität antwortete der Leiter des Polizeiabschnitts 43, Sven Heinrich.  Die Erfahrung anderer Polizeiabschnitte zeige, dass es im Umfeld von Flüchtlingsunterkünften keine Häufung von Konflikten oder Polizeieinsätzen gebe, erklärte er. Es gebe dort keine kriminellen Schwerpunkte, ergänzte Thiel. Doch die Skepsis bei einigen blieb.

Eine Schülerin interessierte vor allem, ob es Angebote für die Bewohner der Unterkunft geben wird. Sie selbst gibt Deutschunterricht in einer Flüchtlingsunterkunft in Westend. Thomas Mampel, Leiter des Stadtteilzentrums Steglitz, wies auf das Willkommensbündnis hin, in dem sich rund 900 Menschen engagieren. Er lud alle Anwesenden ein, dort mitzuarbeiten. Das sei auch die Chance, mit den Menschen in Kontakt zu kommen und festzustellen, dass von den Flüchtlingen keine Gefahr ausgehe. „Viele Befürchtungen haben sich in Luft aufgelöst“, berichtete er von seinen Erfahrungen in der Notunterkunft an der Lippstädter Straße. „Öffnen Sie Ihre Arme und Herzen“, appellierte er.

Doch dazu waren nicht alle bereit. Eine Zuhörerin ging es um die Kosten für die Flüchtlingsunterbringung. Sie erinnerte an den Sanierungsstau an den Schulen im Bezirk und die ihrer Meinung nach katastrophalen Zustände in den Bezirksämtern. „Die Mittel fehlen der Bevölkerung, da muss man sich nicht wundern, dass Unmut entsteht“, fand sie. Ein anderer Anwohner fühlte sich „überrannt“ von der Zahl der Asylbewerber. Ein Dritter kritisierte die Informationspolitik des Bezirks. Doch Gerald Saathof, Leiter der Villa Mittelhof, betonte, dass die Entscheidung, die Flüchtlingsunterkunft an der Potsdamer Chaussee zu errichten, ihnen erst am 30. März vom Lageso mitgeteilt wurde und man versucht habe, so schnell wie möglich eine Informationsveranstaltung zu organisieren. Am 2. April hatte es zu der neuen Unterkunft auch eine Pressemitteilung gegeben.

Während viele Anwesenden sich für die Planungen an der Potsdamer Chaussee interessierten, gab es aber auch jene, die anscheinend den Abend nutzen wollten, um grundsätzlich über die Asylpolitik, das –verfahren und Abschiebung zu diskutieren. Doch globale Fragen stellte die Moderatorin hintan, um den konkreten Anliegen eine Chance zu geben.

Zwei Stunden lang  wurde diskutiert. Wer seine Frage nicht los wurde oder sich nicht traute, sie zu stellen, konnte sie den Veranstaltern mitgeben. Wer wollte, konnte sich in der Verteilerliste des Mittelhof e.V. aufnehmen lassen, um über die weitere Entwicklung informiert zu werden. Mit Fragen zum Heim kann man sich an den Verein unter der E-Mail-Adresse fluechtlingseinrichtung@mittelhof.org

 (go)