Ob es am Abend auch so akrobatisch wird wie bei einer gemeinsamen Probe, davon können sich Besucher im HDJ heute Abend überzeugen. Foto: Wheels

Ein ungewöhnliches Theatererlebnis erwartet Besucher heute Abend (Freitag, 12. Dezember) im Haus der Jugend Zehlendorf (HdJ). Unter dem Motto „Ein Tag – ein Stück“ kommen Schauspielschüler aus der Ukraine und Mitglieder des Jugendtheaters „Das durchgedrehte Drama“ im HdJ zusammen, um innerhalb weniger Stunden ein Stück auf die Beine zu stellen und aufzuführen.

Wie das funktionieren soll, erklärt Konstantin Buchholz. Er ist einer der vier Mitbegründer des Projekts „Wheels“, das internationale Theaterbegegnungen im Bezirk ermöglichen will. Der junge Mann hat einen Requisitentisch vorbereitet, jedem Objekt darauf ist eine entsprechende Anweisung oder Grundsituation zugeordnet. Buchholz beschreibt es am Beispiel einer Taschenlampe. Wer sich diese aussucht, erhält die Aufgabe, einen Monolog zu schreiben aus Sicht eines jungen Menschen, der jede Nacht mit der Taschenlampe an die Berliner Mauer kommt, um dort nach seinen Eltern zu suchen. Zu Beginn als Monolog gedacht soll im Laufe des kreativen Prozesses die Sprache verschwinden und nur noch der Duktus übrig bleiben, als eine Art stiller Monolog, so Buchholz. Am Ende sollen die Einzelstücke, die an diesem Tag erarbeitet wurden, zu einer Collage zusammengesetzt werden. Die großen Themen sind dabei Grenzen, Trennung, was passiert, wenn Menschen getrennt werden und wie kann man diese Grenzen überwinden. Nicht nur in der einst geteilten Stadt Berlin ein Thema, sondern auch in der zerrissenen Ukraine, so Buchholz.

Den Kontakt zu den Schauspielschülern aus Charkiw bekamen die Zehlendorfer von einer Amateurtheatergruppe aus Polen. Über die Internetseite der Internationalen Amateurtheaterorganisation hatten Buchholz und seine drei Mitstreiter im Projekt Kontakt zu der Gruppe „Brama“ erhalten, sie besucht und dort für sie das nonverbale Theaterstück „Mitspracherecht“ aufgeführt. Brama hatte wiederum viele weitere internationale Kontakte, unter anderem zu der Gruppe aus Charkiw. „Dass das auch die Partnerstadt von Steglitz-Zehlendorf ist, war Zufall“, sagt Buchholz. Erst später nahm „Wheels“ Kontakt zum Bezirksamt auf, das unter anderem bei der Beschaffung von Visa half und das Projekt weiterhin unterstützen will. Geld wurde von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung, Zukunft (EVZ) bewilligt.

Neben den 23 Schauspielschülern aus der Ukraine, die seit Dienstag in Berlin sind, sind auch etwa zehn junge Steglitz-Zehlendorfer beim Projekt dabei. Eine von ihnen ist Heidi Wagner. Die 16-Jährige ist Mitglied des „Durchgedrehten Dramas“ und war bereits mit dem Stück „Mitspracherecht“ beim Gastspiel in Polen dabei. „Für mich ist das eine große Chance, mit Menschen anderer Sprachen und anderer kultureller Hintergründe zusammenzukommen und Theater zu spielen“, erklärt sie, warum sie auch bei diesem Projekt mitmacht. Die Gäste aus Charkiw seien zwar auf einem anderen Niveau, aber man können viel voneinander lernen, findet Heidi. Das erfuhr sie beispielsweise bei einem gemeinsamen Pantomime-Workshop am Mittwochabend. Dort zeigten die Gäste unter anderem, wie sie sich aufwärmen und proben. Was sie bei den Proben am Freitag erwarten wird, weiß Heidi noch nicht.

Für Buchholz ist es bereits das dritte Mal, dass er ein solches „Pop-up-Theater“ auf die Bühne bringt. „Es ist immer sehr spannend, was am Ende dabei entsteht“, sagt er. „Es wird schön sein, davon bin ich überzeugt“.

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Wer Lust bekommen hat, sich das Stück anzuschauen, hat dazu heute die Gelegenheit um 20.30 Uhr im Haus der Jugend Zehlendorf, Argentinische Allee 28.

(go)