Wolfgang Horstmeyer, Heidrun Miehe-Heger, Nina Stahr, Karl-Georg Wellmann, Eberhard Speckmann, Gerwald Claus-Brunner, Dagmar Lipper, Dr. Ute Finckh-Krämer (von links) stellten sich den Fragen der Christen. Foto: Ulrike Bott

Auf einen „Parteienwettbewerb im Spiegel der Bergpredigt“ hatte sich Ende der Woche Vertreter von sechs Parteien eingelassen. Die Wahlkreiskandidaten für Steglitz-Zehlendorf waren in die Dorfkirchengemeinde Lankwitz eingeladen, um ihre Parteiprogramme mit Aussagen der Bergpredigt abzugleichen. Keine leichte, aber eine durchaus lohnenswerte Übung, wie sich herausstellte.

Rund 100 Interessierte wollten wissen, wie Parteiprogramme sich machen, wenn mit dem Maßstab der Bergpredigt gemessen wird. Als Aufhänger dienten vier Sätze aus den Seligpreisungen, die großformatig hinter den Kandidaten zu lesen waren: Selig, die keine Gewalt anwenden. Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit. Selig die Barmherzigen. Selig, die Frieden stiften.

Unter der souveränen Moderation von Wolfgang Horstmeyer und Pfarrerin Heidrun Miehe-Heger als Co-Moderatorin waren die Politiker zunächst aufgerufen, persönliche Erfahrungen und Meinungen zu den vorgegebenen Inhalten mitzuteilen. Eine Aufgabe, die recht unterschiedlich gelöst wurde. So sagte Nina Stahr von den Grünen in aller Offenheit, dass die Frage nach der gewaltsamen Lösung von Konflikten für sie weiterhin unbeantwortet und sie gespannt auf die Meinungen des Publikums sei. Karl-Georg Wellmann (CDU) wies auf den Konflikt zwischen Gesinnungs- und Verantwortungsethik hin und drückte damit aus, dass mit der Bergpredigt kein politisches Alltagsgeschäft zu realisieren ist. Für Eberhard Speckmann, den Bezirksvorsitzenden der Linken, besteht ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Rüstungsexporten und kriegerischen Auseinandersetzungen. Als wenig bibelfest bekannte sich Gerwald Claus-Brunner von der Piratenpartei, der dennoch mit weiteren Bibelzitaten aufwartete und barmherziges Handeln als ein zentrales Anliegen für sich entdeckte. Dagmar Lipper aus dem Landesvorstand der FDP konnte in der Bergpredigt drei Begriffe ausmachen, die für das politische Handeln ihrer Partei stehen: Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit. Und für die Pfarrerstochter Dr. Ute Finckh-Krämer, die nur der evangelischen Kirche länger angehört als der SPD, ist die gewaltfreie Konfliktlösung immer noch das höchste Ziel.

Nach den Einführungen der Wettbewerbsteilnehmer war das Publikum mit seinen durchaus aktuellen Fragen an der Reihe. Eine Mutter von fünf Kindern wollte wissen, was die einzelnen Parteien für Familien tun werden, ein anderer, wie der Schere zwischen Arm und Reich entgegengewirkt werden kann. Die beschämende Zahl von 5.000 Flüchtlingen aus Syrien wurde genauso angesprochen, wie die unwürdige Unterbringung und das Arbeitsverbot für Asyl-Antragsteller. Neben der Perspektivlosigkeit junger Menschen hatten auch die Themen Datenspeicherung und Verschlüsselung von E-Mails ihren Platz.

Das Publikum zeigte sich sehr engagiert und zollte den Politikern schließlich Respekt dafür, sich mit der ungewöhnlichen Textvorlage auseinandergesetzt zu haben. Allen Kandidaten sei es sowohl gelungen, einen Bezug zum Thema herzustellen, als auch in fairer Weise ihre Meinungen neben einander zu stellen. Zwar sei die Wahl durch die Aussagen der Politiker nicht unbedingt leichter geworden, aber qualifizierter immerhin, sagte Moderator Horstmeyer. Und Pfarrerin Miehe-Heger beschloss den Abend so: „Kirche ist entgegen mancher Meinung durchaus politisch und ein guter Ort, um gesellschaftlich relevante Diskussionen zu führen.“

(sn)