Die Expedition entlang der Bergstraße kann beginnen. Fotos: Gogol

 

Die rund eineinhalb Kilometer lange Bergstraße im Ortsteil Steglitz führt von der Robert-Lück- und der Kieler Straße bis zur Thorwaldsenstraße und dem Prellerweg.

Die Straße erhielt ihren Namen, weil sie in die „Rauhen Berge“ führte. Heute ist von der Erhebung, die auch den Namen Steglitzer Fichtenberg trug, nichts mehr zu erkennen. Mitte des 19. Jahrhunderts begann man damit, den Berg abzubaggern, etwa um Platz zu schaffen für die Villenkolonie Südende, mit deren Bau 1872 begonnen wurde

1874 wurde der Steglitzer Friedhof angelegt, für den man mit dem Abtragen des eiszeitlichen Höhenzuges begann.

Der Bau begann mit einer kleinen gelben Klinker-Kapelle. Seitdem wurde der Friedhof durch die steigenden Einwohnerzahlen stetig erweitert – zu Lasten der „Rauhen Berge“.

Sieben Ehrengrabmale hat der Steglitzer Friedhof: Leo Borchard (Dirigent und Widerstandskämpfer), Dr. Alexander Hasenclever (Politiker, Stadtältester, Arzt), Ehrenfried Günther Freiherr von Hünefeld (erste Atlantikflieger, 1928), Walter Leistikow (Maler), Walter Rütt (Radrennfahrer), Prof. Dr. Eduard Seler (Alt-Amerika-Forscher) und Julius Zimmermann (Bürgermeister von Steglitz 1875 bis 1902).

Interessante „Gräber“ finden sich aber auch am Eingang des Friedhofes, die Themengräber, zum Beispiel für Musiker, Fußballer und sogar für Punker. Inschrift: Wer früher stirbt ist länger tot.

Prägendstes Objekt des Friedhofes ist der Wasserturm am Ende der Hauptachse. Er wurde in den 1920er Jahren gebaut, doch kaum genutzt. In den 1930er Jahren avancierte der Turm zum Ehrenmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs und der Nationalsozialisten. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges stand der Turm viele Jahre leer, wurde Opfer von Vandalismus und verfiel zusehends. 1992 vom Bezirk außen saniert, zog 1999/2000 der Medizin-Verlag A.T.I. – Arzneimittelinformation Berlin dort ein.

Die Rauhen Berge wurden aber nicht nur Opfer des Friedhofes, sondern auch des Abbaus von Sand, mit dem man in den 1880er Jahren begann. Die so entstandene Landschaft bildete zu Beginn der 1920e Jahre die Kulisse für den Ernst Lubitsch-Film „Das Weib des Pharao“ mit 29 Meter hohen Sphinx und einem 78 Meter hohen und 64 Meter breiten Pharaonenpalast.

Mit Palästen kann die Bergstraße zwar heute nicht mehr aufwarten, aber mit einigen interessanten und imposanten Gebäuden, wie das Haus mit der Nummer 1. Es ist das Postamt, das dort 1907/08 nach Plänen von Wilhelm Walter entstand. 122 Diensträume und drei Dienstwohnungen umfasste der Bau mit seinem 32 Meter hohen Eckturm. Eröffnet wurde das Postamt am 1. April 1909. 1927/28 entstand ein Anbau für eine Vermittlungsstelle. Zu den Olympischen Spielen 1936 war in dem Haus eine Fernsehstube mit 50 Sitzplätzen eingerichtet. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Postamt durch Luftangriffe zerstört, anschließend durch die Rote Armee demontiert. 1952 wurde es jedoch wieder eröffnet und wurde in den folgenden Jahren mehrfach umgebaut.

Im März 2001 wurde das Postamt für den Publikumsverkehr geschlossen

Gleich gegenüber, mit der Nummer 91, ergibt sich ein interessanter Kontrast zwischen Industriegebäude und Wohnhaus. In dem roten Backsteinhaus befindet sich die seit 1908 existierende Umzugsfirma „Kopania und Co. Berlin“. Unternehmensgründer Otto Kopania war Mitglied der Berliner Freimaurerloge „Zu den drei goldenen Schlüsseln“ (gestiftet 1769), einer der ältesten Logen Berlins und Preußens. Sie unterstand der christlich orientierten Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland.

Ein paar Meter weiter, von der Straße aus eher unscheinbar, steht das alte Stadtbad Steglitz. Heute ist es – notgedrungen – ein Ort der Kultur. Theater, Opern, Lesungen – damit lockt Gabriele Berger, die das Bad 2004 übernommen hat, die Besucher an den Beckenrand.

Eröffnet wurde das Stadtbad am 8. Juli 1908. Puren Luxus hatte sich die Gemeinde damals geleistet – und war damit der Hauptstadt weit voraus: Neben der Schwimmhalle mit einem stattlichen Bassin von neun mal 21 Metern aus in Marmor gefassten Überläufen, mit breiter Marmortreppe und einem Sprungbrett unter einer Kuppel erwartete die Besucher außerdem eine Heilbäderabteilung die mit ihrem russisch-römischen Bad, mit ihren elektrischen Lichtbädern, Massagebänken und Therapiekabinen vom Feinsten war. Seit 1982 steht das Jugendstilschwimmbad unter Denkmalschutz und wurde 2002 geschlossen. Daran, dass ins Becken bald wieder Wasser läuft, arbeitet die Eigentümerin.

Von der Bergstraße aus nicht zu übersehen ist auch die Kirche der Lukas-Kirchgemeinde Steglitz am Friedrichsruher Platz. Das imponierenden Gotteshaus mit seinem 57 Meter hohen Turm wurde 1919 fertig gestellt. Von der Pracht des heute eher schlichten Kircheninneren zeugt der wiederhergestellte Triumphbogen der Altarapsis, der einem beim Eintritt golden entgegen leuchtet. Die nach Plänen von Baurat Walter Kern erbaute Kirche steht auf der Berliner Landesdenkmalliste.

Nicht auf der Denkmalliste steht der älteste Abenteuerspielplatz Berlins, der ebenfalls an der Bergstraße zu finden ist. Seit 1969 ist er auf dem Gelände des vormaligen Steglitzer Mörtelwerkes zu finden. Seit 2001 ist er in Trägerschaft der Pfadfinder (Pfadfinderbund Weltenbummler).

(go)