Helga Micklich (links) zeigt den Frauen ein paar Schmink-Tricks. Viele von ihnen hatten vorher nicht viel mit Make-up zu tun. Foto: Gogol

Die Diagnose Krebs ist ein Schock. Auch wenn viele Krebsarten heute heilbar sind, die Therapie ist eine körperliche Herausforderung für die Patienten, verbunden oft mit dem Verlust von Haaren am ganzen Körper. Für Frauen ist das oft wie der Verlust der Weiblichkeit. Um diesen Gefühlen entgegenzuwirken und Frauen zu zeigen, wie sie mit ein wenig Make-up trotz fehlender Wimpern und Augenbrauen sich weiblich fühlen können, bietet die Deutsche Knochenmarkspenderdatei (DKMS) Kosmetikseminar für Krebspatientinnen an.

Die Mitarbeiterinnen von Dr. Alexandra Coumbos an der Albrechtstraße in Steglitz haben den Raum schön hergerichtet, Schminkspiegel stehen bereit, ebenso Wattepads und Kosmetiktücher, Säfte und Wasser, dazu ein paar kleine Snacks. An der Seite stehen die Taschen, die Helga Micklich an die Kursteilnehmerinnen verteilen wird. Darin finden sie Creme, Make-up, Puder, Lippenstift, Waschgel und alles, frau sonst noch braucht, um sich zu schminken. Die fache können die Frauen anschließend auch mit nach Hause nehmen.

Helga Micklich bietet seit 1999 die Kurse an. Die gelernte Kosmetikerin war selbst eine „Betroffene“, erzählt sie und hat auf einer Kur solch ein Seminar besucht. Ihre Sozialarbeiterin habe sie dann gefragt, ob es nichts für sie wäre, auch solche Kurse zu geben. Seitdem ist sie ehrenamtlich unterwegs, um den Frauen Tricks und Kniffe zu zeigen, wie man Hautflecken und fehlende Augenbrauen kaschieren kann.

Das, was Krebspatientinnen von den Teilnehmerinnen anderer Schminkkurse unterscheidet, ist der Verlust von Haaren, Wimpern, Augenbrauen, erklärt die Kosmetikerin. Sie will den Frauen zeigen, „wie man mit Kleinigkeiten wieder ein vollständiges Gesicht bekommt“ – ohne dass man dabei wie geschminkt aussieht. Ein dezentes Tages-Make-up will Micklich den fünf Frauen vor sich heute zeigen, eines, mit dem sie anschließend noch in ein Café gehen könnten.

Los geht es mit dem Reinigen der Haut, dann wird eingecremt – so, wie man es auch aus anderen Kosmetikseminaren kennen könnte. Doch spätestens, wenn Micklich erklärt, wie man den Lidstrich aufträgt, um die fehlenden Wimpern zu kaschieren und wie man ausmisst, wo die Augenbrauen beginnen und enden, um sie mit kleinen Strichen aufzufüllen oder sogar zu ersetzen, merkt man, dass dieser Schminkunterricht nicht gewöhnlich ist.

Die Frauen sollen mehr Selbstbewusstsein erhalten, einen positiven Schub, sagt Micklich. Dass es den gibt, bestätigt Heike Rischer. Die 49-Jährige hatte vor einem Jahr schon so ein Seminar besucht, gleich zu Beginn ihrer Chemo-Therapie. „Ich habe es sehr genossen“, sagt sie. Eigentlich sei sie „kein Schminktyp“, doch mit der Chemotherapie verändere man sich. „Wenn die Augenbrauen weg sind, fehlt was im Gesicht.“ Mit Make-up will sie das ausgleichen. Zu Weihnachten und Silvester habe sie das Gelernte angewendet, erzählt sie. Nun will sie es auffrischen.

Die anderen vier Frauen im Raum sind das erste Mal dabei. Wie auch Rischer ist Jana Faber Patienten in der Praxis von Dr. Coumbos. Die 37-Jährige hat vor acht Wochen die Diagnose Krebs erhalten, zwei Chemotherapien hinter sich, langsam beginnen die „Nebenwirkungen“. Der Kurs ist für sie eine Vorbereitung auf das, was da noch folgt. Das Seminar soll den Patientinnen auch die Angst nehmen, ihnen zeigen, was man machen kann, um auf das veränderte Aussehen zu reagieren, so Micklich.

Ähnliche Gründe führt auch Renata Ujma-Grotzky in den Kurs. Die 37-Jährige hat die erste Chemo hinter sich, die Haare fallen aus. Welche Alternativen es zur Perücke gibt, das will sie an diesen Tag erfahren.

„Das Gesicht verändert sich“, sagt Sonja Bien über die aggressive Therapie. Sie hat schon einige hinter sich, Lungenkrebs, Metastasen in Kopf und Lunge – und immer wieder Chemotherapien. Ein besseres Aussehen und mehr Selbstwertgefühl, das wünscht sie sich. Nach der Therapie habe sie sich gehen lassen, das will sie jetzt ändern. Auch sie habe nach der Chemo keine Lust gehabt, sich zu schminken, bestätigt Aurora Dunkelmann. Die Spandauerin hat von einer Freundin von dem Kurs erfahren und sich angemeldet.

Zwei Stunden lang erklärt die Kosmetikexpertin den Frauen, wie man sich schminkt, gibt Tipps, verrät Tricks. Doch umsetzen müssen es die Frauen alleine – schließlich müssen sie das ja auch Zuhause. Die Anleitung gibt es als kleine Broschüre, die die Frauen mitnehmen können. Denn die Zeit ist viel zu kurz, um alles zu behalten, weiß Micklich.

Wer ebenfalls ein solches feel better-Seminar der DKMS besuchen möchte, kann sich über Inhalte und Termine auf der Homepage dkms-life.de informieren.