Viele Bürger, Politiker und andere Engagierte unterschrieben am Mittwoch für das Willkommensbündnis. Foto: Jacqueline Lorenz

„Ein wertvoller Abend! Ich bin sehr glücklich, dass er so gut verlief“, erklärte am Mittwochabend der Vorsitzende des Integrationsbeirat Steglitz-Zehlendorf, Günther Schulze, nach der Auftaktveranstaltung des Willkommensbündnisses vor laufender Kamera des RBB. Er fand reichlich Zustimmung von der Integrationsbeauftragten Marina Roncoroni und aus den Reihen des Bürgersaales im Rathaus Zehlendorf.

Der war um 18 Uhr bis zum letzten (Steh)platz besetzt und zeigte die deutliche Bereitschaft der Bezirksbürger und Akteure, den rund 200 Flüchtlingen und Asylbewerbern, die für den Sommer in der Goerzallee 307 erwartet werden, einen möglichst angenehmen Start in ein neues Leben im Berliner Südwesten zu ermöglichen. Weitere 200 Flüchtlinge werden zu einem späteren Zeitpunkt in die Goerzallee 311 einziehen.

 Ziele und Ideen

Unter der Schirmherrschaft von Bezirksbürgermeister Norbert Kopp (CDU) ist die Einbeziehung der Flüchtlinge in das Bezirksleben das Hauptziel des Willkommensbündnisses: Es bildet einen Zusammenschluss von Zivilgesellschaft, Vereinen, Initiativen und Fachleuten sowie politisch Verantwortlichen. Koordiniert wird es vom Netzwerk Integration Südwest (NIS) und gilt als Vorreiter einer frühzeitig vorbereiteten Willkommenskultur.

Es ginge nicht darum, die Flüchtlingsfrage zu besprechen, sondern darum, wie sich jeder Einzelne aus der Gesellschaft einbringen könne, betonte Schulze, der auf dem Podium gemeinsam mit weiteren Diskutanten wichtige Informationen lieferte sowie Rede und Antwort stand. Dazu rief er mit viel Erfolg die über 300 Anwesenden auf, ihre Ideen-Formulare in die bereitgestellten Urnen einzuwerfen und sich auf Stelltafeln für das Bündnis und seine Ziele einzutragen.

 Gegebenheiten

Die Abteilungsleiterin des Landesamtes für Gesundheit und Soziales, Claudia Schütz, betonte die permanente Steigerung der Einwanderungszahl von Flüchtlingen und Asylbewerbern in Berlin, auch bedingt durch den Syrienkonflikt. Derzeit sind in der Hauptstadt von den etwa 15 000 Flüchtlingen rund 9000 in 26 Gemeinschafts- und 11 Notunterkünften untergebracht, letztgenannte sind jedoch nur für jeweils zwei Jahre nutzbar.

Schütz erklärte, in der Goerzallee werde es sich um Gemeinschaftsunterkünfte handeln, die einen längeren Aufenthalt für Bewohner mit laufenden Asylverfahren vorsehen. Voraussichtlich werden diese im Familienverband mit Kindern einziehen. Ihr Herkunftsland ist zurzeit noch nicht bekannt, sondern aktuell „abhängig von der Weltlage“.

Hürden

Ein Wermutstropfen im Willkommensbündnis gab Grund zur Diskussion: So kann noch kein konkreter Ankunftstermin der Flüchtlinge in der Goerzallee 307 genannt werden, da noch immer die Frage des Brandschutzes nicht geklärt ist. Erst nach deren Klärung könnten die Baumaßnahmen beendet werden. Doch das liege nicht in der Verantwortung des Bezirks. Vielmehr veranlasse der Betreiber die mehrfach vorgeschriebenen Brandschutz-Prüfungen durch verschiedene Distanzen. Zu dem habe man jedoch Vertrauen, betonte Claudia Schütz und sieht den Sommer als Einzugstermin für die Flüchtlinge.

Die Fertigstellung der Goerzallee 311 dürfte allerdings länger auf sich warten lassen, da der private Besitzer in Luxemburg sitzt. Sämtliche Verhandlungen aber laufen zeitraubend über einen Makler in Deutschland.

Die Antwort auf die Frage nach weiteren Liegenschaften im Bezirk, die als potentielle Flüchtlingsunterkünfte genutzt werden könnten, war unbefriedigend: Hier habe der Liegenschaftsfonds des Land Berlin das letzte Wort, dem Bezirk seien diesbezüglich die Hände gebunden, so Kopp. Private Eigentümer aber täten sich schwer, Flüchtlinge in ihrem Besitz unterzubringen.

Gemeinsam

Aus den Fragen der Bürger an diesem Abend wurde immer wieder die Sorge um die Flüchtlingskinder, ihre Sprachprobleme und Beschulung deutlich, aber auch um die Anliegen der Flüchtlinge, die ein „Heimbeirat“ vertreten könnte.

Zahlreiche ehrenamtliche und professionelle Unterstützungs-Angebote liegen bereits vor: Sei es von Volkshochschule, Vereinen oder Privatpersonen, wie Gerald Saathoff vom Mittelhof und Dr. Winfried Glück vom Zephir e.V. bestätigten. – Angebote, die eine Chance für den Bezirk sind, sein Hilfs-Potential anhand des Willkommensbündnisses zu beweisen.

Die Zuständige für Interessenten, die sich ehrenamtlich für die erwarteten Asylbewerber einsetzen wollen, ist die Flüchtlingsbeauftragte des Evangelischen Kirchenkreises Teltow-Zehlendorf, Nora Bretzger.

Seine Unterstützung bot auch Ulrich Haas dem Bündnis an, Sprecher des Runden Tisch Köpenick und selbst mit Flüchtlingsfragen in Köpenick gut vertraut: Er gehörte zu den Besuchern im Rathaus, die aus anderen Berliner Bezirken der Veranstaltung beiwohnten.

 Willkommen

Aus eigener Erfahrung, quasi „dem Willkommensbündnis aus der Seele“, sprach schließlich Georg von Boroviczeny (Piraten): „Ich selbst kam einmal als Flüchtling nach Deutschland. Jetzt unterstütze ich sehr gerne das Bündnis. Es ist wichtig, dass wir die Flüchtlinge ehrlich willkommen heißen, damit sie auf Dauer unsere Mitmenschen werden: Denn wir können stolz darauf sein, dass sie gerade zu uns kommen. In der Berliner Geschichte haben wir schon oft von Zugewanderten kulturell und wirtschaftlich profitiert. Ich denke da an die Hugenotten, aber auch an Vertriebene aus Ostpreußen oder Schlesien. Heute kommen diese Menschen aus Afrika und Syrien. Ich freue mich auf sie.“ Er bekräftigt damit Schirmherr Norbert Kopp, der aufforderte: „Reichen wir den Flüchtlingen und Asylbewerbern die Hand, begegnen wir ihnen mit Gemeinsinn!“

Sie möchten mit dabei sein? E-Mail-Kontakt Willkommensbündnis Steglitz-Zehlendorf: IntegrationsbeiratsteglitzZehlendorf@gmx.de

Das Mehrgenerationenhaus Phoenix am Teltower Damm 228 in Zehlendorf-Süd unterstützt das Willkommensbündnis: Für Freitag,  23. Mai, um 17.30 Uhr lädt es in seinen Räumen zum Workshop ein, der unter anderem die Fragen beantwortet: Was können wir ohne Wenn und Aber machen, dass das Bündnis Erfolg hat? Wie schaffen wir es, unsere Ziele zu kommunizieren in Richtung Akzeptanz? Wie können die Flüchtlinge in Bildung, Schule und Freizeit praktisch mit uns zusammengeführt werden, im Alltag unsere Sprache lernen und an der Gestaltung des Gemeinwesens teilnehmen?

 Jacqueline Lorenz