Foto: Denkmalschutzbehörde Steglitz-Zehlendorf

Die sogenannte Parzelle I zwischen heutiger Rothenburgstraße und Schloßstraße sowie Braillestraße bis Wrangelstraße war ein Filetstück, als die Domänenverwaltung das Schloßparkgelände nach der Reichsgründung 1871 in Bauland verwandelte. Der Block grenzte an die wichtigste Straßenverbindung von Berlin nach Potsdam, wurde geadelt durch das Gutshaus und befand sich fußläufig entfernt von der Eisenbahn. 1880 erwarb Otto Haack das circa vier Hektar große Areal am Fuß des Fichtenberges. Aus dem Gutshaus machte er ein florierendes Ausflugsetablissement, wie sie in Berliner Vororten in Mode kamen. Die übrigen Flächen wurden in ertragsreiche Wohnblöcke aufgeteilt. 1885 ließ er die Hohenzollern-, die heutige Wulffstraße anlegen. Der südliche Block zur Schloßstraße wurde in geschlossener Bauweise zu einem städtebaulichen Schutzschild für den nördlichen entwickelt, den freistehende „Mietervillen“, große Gärten und schmucke Einfriedungen charakterisieren.

Haack war ein typischer „Macher“ der Kaiserzeit. Von Beruf war er Kaufmann, bezeichnete sich selbst jedoch als „Kunstgaertner“, „Restaurateur“ und „Banquier“. Dazu war er als Meister von 1892 an für zehn Jahre Gemeindevertreter der im Gutshaus tagenden Johannis-Loge „Bruderbund am Fichtenberg“.

Foto: Denkmalschutzbehörde Steglitz-Zehlendorf

Aus dieser Zeit stammt das Haus Wulffstraße 14, das sich bemerkenswert von seinen historisierenden Nachbarn unterscheidet. Während sich die Architekten in der Umgebung konventioneller Musterbücher mit wilhelminischer Stilvielfalt bedienten, trumpft dieses Gebäude wie ein italienischer Palazzo mit flacher Dachneigung, vielfarbig glasierten Ziegelbändern und markanten Bogengliederungen auf. Eine asymmetrische Turmüberhöhung, Loggien und Balkone sowie der etwas aus dem Stil gefallene Seitenrisalit sorgen für das ungewöhnliche Fassadenbild.

120 Jahre nach Errichtung des Hauses werden in der zentralen Durchfahrt des Gebäudes Bodensetzungen deutlich. Die 1892 als neuestes Patent zum Einsatz gelangte Steineisendecke stellte nach Setzungen des Untergrundes für die Hausbewohner ein Verkehrssicherheitsproblem dar. Ein ingenieurtechnisches Gutachten kam zu dem Schluss, dass ein alter Bäkearm für die Setzungen verantwortlich ist. Der Bach entspringt auf dem Fichtenberg und mäandert im Untergrund bis zum Bäkequellpark südlich der Schloßstraße, von wo er seinen weiteren Verlauf in Richtung Teltowkanal nimmt.

Bedauerlicherweise ließ sich aufgrund der notwendigen Untergrundsanierung der in der Durchfahrt verlegte Schmuckboden aus hellen, achteckigen Feinsteinzeugfliesen mit roten Einlegern und vielfarbigen Randbordüren nicht erhalten. Umso erfreulicher aber war – neben der denkmalgerechten Wiederherstellung des Bodenbelages – die Bereitschaft der Eigentümerin, sich einer genaueren Betrachtung der aufgehenden Wände in Durchfahrt und Treppenhaus zu widmen.

Denn die vielfach übermalten Wandspiegel ließen bei Streiflichtbetrachtung eine aufwendige Malerei als Erstfassung vermuten. Um für die anstehenden Schlitzarbeiten der Strangsanierung Planungssicherheit zu erlangen, beauftragte die Eigentümerin die Restauratorin Dagmar Rothen-Nitsche mit der systematischen Untersuchung aller Oberflächen.

Und es trat Überraschendes zu Tage: Sowohl an den Wänden wie auch an der Decke waren die originalen Malereifassungen der Spiegelflächen erhalten. Sie wurden freigelegt, in gestörten Bereichen retuschiert und abschließend konserviert. So zeigt sich heute wieder eine goldene Amphorenvase auf türkisem Kelchpostament im Zentrum eines von Rocaillen gerahmten Tableaus. Erscheinen die grafischen Anteile mit der Schablone gezogen, so wirkt das Blumenbouquet freihand gemalt und dadurch besonders plastisch auf dem ansonsten leeren Spiegel. Malerei als Pendant einer fein stuckierten Rahmung, welche in konsequenter Umkehr auf jegliche Farbe verzichtet.

Foto: Julia Tarsten

Die baukünstlerischen Schmuckgattungen der Gründerjahre Grafik, Malerei und Stuckatur werden hier zelebriert. In ihrer plastischen Figuration spiegelt die Deckenuntersicht die Kompartimente des ursprünglichen Bodenbelages. So lässt sich schon vermuten, dass Otto Haack ein bisschen den Italienliebhaber und Kunstfreund mit seinem „Mietshaus-Palazzo“ thematisierte. Gestalterischen Anspruch kombinierte er mit sachlicher Ingenieurbaukunst, die auch in der Ausgestaltung der genieteten Eisentreppenkonstruktion mit aufgesattelten Setz- und Trittstufen zum Ausdruck kommt.

Das Haus Wulffstraße 14 bezeugt heute wieder ausdrucksstark die Gestaltungsvielfalt bürgerlicher Wohnkultur der Parzelle I am Fuße des Fichtenberges, die für die Häuser Braillestraße 3 und Wrangelstaße 5 in ähnlicher Qualität zu vermuten ist.

Text/ Redaktion: Dr. Jörg Rüter

Denkmalschutzbehörde