Auf dem Podium des Werner-von-Siemens-Gymnasiums hatten Platz genommen Franziska Brychcy (Linke), Urban Aykal (B90 die Grünen), Dr. Ute Finckh-Krämer (SPD), Thomas Heilmann (CDU), Roman Rogat (FDP) und Stefan Kröger (AfD). Foto: Baumann

Besonders Jugendlichen fällt es nicht immer leicht, sich einen Überblick über die verschiedenen politischen Themen und Interessen zu verschaffen und sich für eine Partei zu entscheiden. Darum lud das Werner-von-Siemens-Gymnasium in Nikolassee anlässlich der anstehenden Bundestagswahlen Vertreter verschiedener Parteien zu einer Podiumsdiskussion ein. Zwei Stunden lag stellten sich die Politiker den Fragen der Jugendlichen.

Warum sollen wir Ihre Partei wählen? Wie stehen Sie zu Ehe für alle? Welchen Weg sollte Deutschland gegenüber der Türkei gehen? Oder, wen würden Sie selbst wählen – Merkel oder Schulz? Diesen und vielen weitere Fragen mussten sich am Mittwoch, 6. September, die Politiker in der Aula der Johannes-Tews-Grundschule stellen. An der Diskussion nahmen die Direktkandidaten für Steglitz-Zehlendorf Franziska Brychcy (Die Linke), Urban Aykal (B90 die Grünen), Dr. Ute Finckh-Krämer (SPD) und Thomas Heilmann (CDU) teil. Den Direktkandidaten der FDP für Steglitz-Zehlendorf, Hartmut Ebbing, vertrat sein Parteikollege Roman Rogat, Direktkandidat für Marzahn-Hellersdorf. Die AfD wurde vertreten von Stefan Kröger, Platz 35 auf der Liste der AfD für das Abgeordnetenhaus Berlin.

Im Publikum saßen Schüler des 11. und 12. Jahrgangs. Moderiert wurde die Diskussion ebenfalls von einem Schülerteam. Im Mittelpunkt der Diskussion standen die Themen Bildung, soziale Gerechtigkeit, Zuwanderung und Umwelt. Nach jedem Themenblock dürften Fragen aus dem Publikum gestellt werden. Auffällig dabei war, dass die meisten Publikumsfragen an die Linke und die AfD gingen. Wie etwa zum Thema gebührenfreie Bildung. Nachdem Franziska Brychcy von der Linken ihren Standpunkt erläutert hatte, dass Bildung auf jeden Fall für alle, auch unabhängig vom Vermögen der Eltern, kostenlos sein sollte, fragten die Schüler sie, wie die Linken das denn umsetzen wollen. Als mögliche Finanzierungsquelle nannte Brychcy die Millionärssteuer. Das stieß nicht bei allen auf Begeisterung: „Ich will später mal ein erfolgreicher Unternehmer werden!“, meldete sich ein Schüler aus dem Publikum. „Vor allem will ich das, um mir und meinen Mitarbeitern ein Leben in Reichtum zu ermöglichen. Und wenn ich dann höre, wie viel ich von meiner hart verdienten Million abgeben müsste, dann muss ich schon sagen, dass es mich doch sehr demotiviert.“

Sehr gut gefüllt war am Mittwoch die Aula der Johannes-Tews-Grundschule. Foto: Werner-von-Siemens-Gymnasium

Thomas Heilmann von der CDU freute sich seinerseits über die Ansätze der Linken: „Solltet ihr euch damit durchsetzen können, dann würde ich mich darüber sehr freuen, denn ich müsste dann keinen Cent für die Ausbildung meiner Kinder bezahlen“, so Heilmann. „Dabei kann ich es mir leisten. Und ich versteh nicht, warum dafür andere aufkommen müssen.“ Aus seiner Sicht sei dieses Vorgehen nicht zielführend. Der AfD-Politiker, Stefan Kröger, hatte wiederum eigene Vorschläge zum Thema: „Die Zuwanderer kosten unser Land so viel Geld, das könnte man doch viel besser in die Bildung investieren.“ Die Abschiebung beziehungsweise die Nicht-Aufnahme der Flüchtlinge nannte Kröger allerdings als Lösung für die meisten Themen, die bei der Diskussion zu Sprache kamen, sei es Schulsanierung, Mindestlöhne oder Steuern. Dazu meinte der FDP-Politiker Roman Rogat: „Es ist irgendwie schon mysteriös, dass laut AfD jedes Problem in Deutschland mit Zuwanderung zu tun hat.“ Daraufhin gab es lauten Beifall aus dem Publikum.

Islamunterricht an Schulen – ja oder nein?

Besonders lebendig wurde die Diskussion beim Thema Islamunterricht an deutschen Schulen. Während die AfD den Islamunterricht „in private Hände“ legen würde, waren sich alle anderen Parteien einig, dass es auf keinen Fall geschehen sollte. Der Grünen-Politiker Urban Aykal brachte es so auf den Punkt: „Wenn die Kinder Islamunterricht in der Schule erhalten, dann wissen wir, dass dieser Unterricht von qualifizierten Lehrkräften gegeben wird und nicht von irgendwelchen komischen Typen, die wir nicht kennen und auf die wir keinen Einfluss haben.“

Überhaupt wurde viel über Zuwanderung und Integration gesprochen. Auf die Frage, wie die Zuwanderung in Zukunft funktionieren sollte, stieß vor allem die Antwort der FDP auf große Zustimmung aus dem Publikum. Nach Rogat soll es in Zukunft ein „richtiges Zuwanderungsgesetz“ mit „drei Türen“ geben: Asyl, Flucht und Einwanderung. Und diese sollen dann „ganz klar geregelt sein“. Dass es bereits entsprechende Gesetze gebe, warf der CDU-Kandidat Heilmann ein und ergänzte, dass diese bisher allerdings nicht in einem Gesetzt vereint seien.

Auf das Thema der Schulsanierung in Berlin gingen die Schüler wenig ein, stattdessen stellten sie Fragen zu Massentierhaltung, zu Subventionen an die Fleischindustrie und ob die anwesenden Politiker für oder gegen die Legalisierung von Cannabis sind.

Am Ende durften die Politiker noch einen letzten Appell an die Jugendlichen richten. Dr. Ute Finckh-Krämer von der SPD legte denjenigen ans Hetz, die schon 18 sind, unbedingt wählen zu gehen. Die Grünen betonten an der Stelle noch einmal, dass sie sich für Wahlrecht ab 16 einsetzen und die CDU wies die potenziellen AfD-Wähler darauf hin, dass die AfD keine halbe FDP sei, wie sie sich selbst gerne darstelle.

„Jetzt weiß ich, wen ich nicht wählen würde“

Die Schüler selbst empfanden die Podiumsdiskussion als informativ. „Es war interessant, die Politiker hier zu erleben. Es ist ja doch etwas anderes, ob man etwas liest oder ob man es von den Leuten selbst hört.“, sagte ein Schüler nach der Veranstaltung. Auf die Frage, ob die Diskussion ihm geholfen habe, seine Wahlentscheidung zu treffen, meinte er, er wisse jetzt, wen er nicht wählen würde. Aber auch das sei ja bereits hilfreich.

(eb)