Regisseurin und Leiterin des alpha-nova-werkstattTHEATERs Gudrun Krienke Foto: Baumann

Ein Schild über der Durchfahrt zum Hof zeigt, dass es an dieser Adresse außer der Seniorenresidenz Brunnenhof noch etwas Anderes gibt. Ein Theater soll es sein. Im hinteren Teil des Hofs – erneut ein Schild: „alpha-nova-werkstattTHEATER“ steht da drauf und ein Pfeil, der in Richtung der Kellertreppe zeigt. Auch, wenn es einem unwahrscheinlich erscheint, dass sich ein ganzes Theater in einem Keller befinden kann, wird man schnell eines Besseren belehrt. Es kann und es tut es auch.

Liebevoll bemalte Wände, die maskierte Bühnenspieler aus einer anderen Zeit zeigen. Ein Saal mit schwarzem Molton an den Wänden. Drei Stuhlreihen. Keine Bühne. Es ist nicht groß, doch es ist unbestreitbar ein Theater. Klassiker wie Faust und Antigone wurden hier bereits aufgeführt. Dieses Jahr steht Nathan der Weise auf dem Programm. Und es kommen noch viele weitere.

Wie alles begann …

Die Geschichte, die hinter diesem „Keller-Theater“ steckt, ist mittlerweile lang. Einst war es ein Teil des Vereins Kultur in Zehlendorf e.V. Da es dem Verein an Proberäumen mangelte, war die damalige Theatergruppe gezwungen, sich immer wieder nach neuen Probenräumen umzusehen. „Das zehrte an den Nerven“, erinnert sich Regisseurin und Leiterin der Gruppe Gudrun Krienke. Als dann im Jahr 2002 die Kulturwerkstatt alpha nova der Theatergruppe das Angebot machte, in ihren Räumen zu proben und auch Aufführen durchzuführen, sagte sie sofort zu. Und so zog man zunächst nach Friedenau und der Bezirk Steglitz-Zehlendorf verlor das kleine Theater für einige Jahre. Man nahm einen neuen Namen an und stellte mehrere Inszenierungen auf die Beine. Es schien, als würde Tempelhof-Schöneberg für immer zum neuen Zuhause für das „alpha-nova-werkstattTHEATER“ werden. Doch eines Tages flatterte die Kündigung des Mietvertrags ins Haus. Das Gebäude sollte verkauft werden.

Und wieder einmal mussten sich Gudrun Krienke und ihre Schauspiel-Gruppe auf die Suche nach einer neuen „Heimat“ machen. Schwierig war die Suche vor allem aus einem Grund: der Raum durfte nichts kosten. Denn als selbstfinanziertes Theater hatte man kaum finanzielle Möglichkeiten, einen Raum zu mieten. Das Geld reichte höchstens für die Nebenkosten, wie Wasser und Strom. „Im Herbst 2011 kam dann der Keller ins Spiel“, erzählt Gudrun Krienke.

Zurück nach Steglitz-Zehlendorf

Durch eine einzigartige Kooperation darf das werkstattTHEATER nun seit fünf Jahren den Keller in der Albrechtstraße 28 in Steglitz mietfrei nutzen. Der Keller gehört nämlich zu der Seniorenresidenz Brunnenhof. Diese stellt dem Theater die Räume zu Verfügung und im Austausch dafür, wird einmal im Monat ein Stück für die Bewohner der Seniorenresidenz aufgeführt. Eine nachahmungswürdige Kooperation: Denn es ist ein Gewinn für beide Seiten. „Die Aufführungen in der Seniorenresidenz sind immer sehr gut besucht. Es ist eine willkommene Abwechslung für die Bewohner. Und auch für die Schauspieler sind es immer sehr schöne Aufführungen“, erzählt Krienke.

„Nachdem die Räume gefunden wurden, musste natürlich die ganze Ausstattung beschafft werden“, erinnert sich die Regisseurin weiter. „Man brauchte ja schließlich Stühle, vielleicht ein paar Tische …“ Doch am stärksten sei ihr die Geschichte mit dem Molton in Erinnerung geblieben, so Krienke. Es sei nämlich ein toller Zufall gewesen, dass sie bei einem Spaziergang auf eine Filmcrew traf. Diese war gerade dabei, den Drehort wieder zu verlassen und hinter sich aufzuräumen. Unter dem „Müll“, welcher zum Entsorgen gedacht war, befanden sich mehrere Rollen, teilweise noch ungenutzten, Moltons. Es sei für die Filmemacher günstiger, diesen zu entsorgen, als ihn wieder zurück zum Studio zu transportieren, hieß es. Das musste man Gudrun Krienke nicht zweimal sagen. Sofort bot sie sich der Crew als Abnehmer für den „Müll“ an. „Und so kamen wir an unsere Vorhänge“, sagt sie mit einem Lächeln und deutlich hörbarem Stolz in der Stimme.

Seit nun fünf Jahren ist das Theater wieder in Steglitz-Zehlendorf ansässig. Viele Produktionen sowie Gastspiele wurden in der Zeit in dem gemütlichen Saal ohne „richtige“ Bühne aufgeführt. „Eine Bühne ist hier auch gar nicht notwendig“, erklärt die Regisseurin. „Das ist ja auch das Besondere an unserem Theater – die Nähe zum Zuschauer. Dadurch sind unsere Gäste in gewisser Weise ein Teil der Aufführung. Mal sind sie das Volk, vor dem ein König reden hält und mal die Untergebenen eines Kommandanten“. Und das scheint anzukommen: „Ein angenehm intimer Raum ohne Abstand zum Schauspiel […]. Die Qualitäten der Schauspieler sind dadurch noch intensiver zu erleben, jedoch ist genug Raum, so dass man keine Fluchtreflexe aktivieren muss“, lautet einer der Kommentare auf der Website des Theaters.

Mehr als nur ein Hobby

Bevor ein neues eigenes Stück auf die Bühne kommt, dauern die Vorbereitungen dafür etwa ein Jahr. Dafür wird zweimal die Woche je drei Stunden geprobt. „Wir alle nehmen die Proben sehr ernst. Es ist eine Verpflichtung gegenüber den Kollegen und natürlich auch dem Publikum, die wir eingehen, und nicht einfach nur Hobby“, betont Krienke. Zwölf Schauspieler sind aktuell aktiv in der Theatergruppe dabei. Das Alter der Schauspieler liegt zwischen 16 und 70 Jahren. Man könnte es als ein generationenübergreifendes Theaterprojekt bezeichnen. „Und genau das macht die Zusammenarbeit so spannend“, findet die Regisseurin.

Das nächste eigene Stück des alpha-nova-werkstattTHEATERs wird Nathan der Weise sein. Die Proben laufen bereits auf Hochtouren. Die Premiere ist für Mai geplant. Aber auch in der Zwischenzeit steht das kleine Theater keineswegs leer. Zahlreiche Gastspiele und Lesungen finden hier regelmäßig statt. Als Nächstes stellt hier Ernst Michael Schwarz am 3. Februar sein Buch „Letzte Spur Golgatha“ vor.

Den gesamten Spielplan sowie weitere Informationen rund um das alpha-nova-werkstattTHEATER finden Sie hier.

(eb)