Der Kranoldplatz lockt viele Kunden an. Doch die Händler bangen um die Zukunft, falls der Platz umgebaut werde. Fotos: Gogol

Sonnabend ist Markttag. Das ist auch auf dem Kranoldplatz in Lichterfelde so. Männer und Frauen jeden Alters drängen sich an den Ständen entlang, nehmen am Blumenstand auch schon mal in Kauf, in der Schlange zu warten, lassen sich vom Käseverkäufer beraten und halten ein kleines Schwätzchen mit der Nachbarin oder dem Fleischverkäufer. Auf dem Kranoldmarkt kennt man sich, es sei wie eine große Familie, bestätigt eine Anwohnerin.

Auch wenn auf dem Markt jede Menge Trubel herrscht, etwas ist anders. Die Händler bieten nicht nur ihre Waren feil, sondern sie sammeln auch Unterschriften. Denn sie haben Angst – Angst um ihre Existent, erzählt Felix Heese. Sein Vater steht seit 1980 mit seinem Käsewagen „Loch an Loch“ auf dem Markt, Heese junior hilft mit. Noch länger verkauft dort die Fleischerei Frindt ihre Waren, seit 1969, erzählt Ralf Frindt, der das Geschäft von seinem Vater übernommen hat. Die meisten Händler stehen seit 15 bis 20 Jahren dort, einige sogar schon 50 Jahren und länger. Nun fürchten sie, dass es mit der Familientradition aber bald vorbei ist – wenn die Pläne der Bürgerinitiative Kranoldplatz umgesetzt werden sollten.

30 bis 40 Prozent der Händler müssten gehen

„Wir haben nichts gegen Bäume“, sagt Heese, aber gegen die Umbaupläne. Dass heißt dagegen, dass das Niveau des Platzes denen der umliegenden Straßen angepasst werden soll, dass eine Busspur hinzukommen soll, dass die Straße hinter dem Kranoldplatz geschlossen werden soll, und vor allem, dass Parkplätze und Stellflächen für die Händler wegfallen sollen. 30 bis 40 Prozent der Händler müssten weichen, würden die Pläne realisiert, schätzt Frindt.

Was ihnen Sorge bereitet, ist aber auch die Zeit des Umbaus. „Wochenmärkte bauen genau auf die Beständigkeit, immer für ihre Kunden vor Ort zu sein. Der Einschnitt in die Kontinuität des Angebots führt zu Kundenabwanderung, welche nur schleppend oder überhaupt nicht wieder rückgängig gemacht werden kann“, schreiben die Händler, die sich zur Interessengemeinschaft für den Erhalt des uneingeschränkten Betriebes des Markthandels auf dem Kranoldplatz zusammegeschlossen haben, in ihrer Petition an die Bezirksverordnetenversammlung von Steglitz-Zehlendorf und verweisen auf den Ludwig-Baeck-Platz, wo genau das nach einem Umbau eingetreten sei.

Auch die ansässigen Gewerbetreibenden fürchteten um ihr Geschäft, wenn Parkplätze wegfallen. Dann müssten die Kunden im LIO parken – und würden dann auch dort einkaufen. Vor allem wenn, wie Frindt erfahren hat, das LIO erweitert werden soll.

Händler beklagen mangelnde Transparenz

Um zu beweisen, dass der Markt nicht attraktiv sei, nur wenig Kunden anlocke, hätte die BI im Januar Bilder gemacht – zu einer Zeit also, wo Obst- und Gemüsehändler gar nich da waren. „Das ist unfair“, findet Frindt.

Heese und Frindt beklagen auch die mangelnde Transparenz der Bürgerinitiative. Er habe an den ersten Sitzungen der BI noch teilgenommenm, bis sie so verlegt wurden, dass es für Händler zeitlich kaum noch möglich sei klagt der Fleischer. Auf einer Sitzung seien Pläne vorgestellt worden, die von den Gewerbetreibenden und Anwohnern zumeist abgelehnt wurden. Dann habe es geheißen, das seien nur Gedankenspiele. Aber mit genau diesen Plänen wende sich die BI nun an die Bezirksverordneten, so Frindt. „Wir würden den Platz mit ihnen gern verschönern“, sagt der Fleischer, doch die Händler hätten „Angst, dass der Kiez daran kaputt geht.“

Dass hinter dem Umbau des Marktes auch wirtschaftliche Interessen stehen könnten, deutet Frindt an. So will ein „privater Investor“ die Platzumgestaltung zahlen, und wenn der Markt kleiner werde, würde er privatisiert.

An vielen Marktständen lagen Unterschriftenlisten aus, in denen sich die Kunden auch eifrig eintrugen.

„Der Markt blüht“

An fast jedem der Marktstände liegen Listen aus, bei Obsthändler Ünlu hängt ein Aufruf, den Markt zuerhalten. Für ihn könne man keien Ausweichmöglichkeiten schaffen, sagt Verkäuferin Jessica Ucmaz. „Der Markt ist etabliert, er blüht.“ Sie kenne zahlreiche Kunden, die ganz bewusst auf den Markt kämen, um sich mit frischem Obst und Gemüse einzudecken. Eine ihrerKundinnen lässt sich frischen Spinat und Kräuter einpacken. „Gar nicht gut“ findet sie, was auf dem Platz geplant wird, sagt sie. Auch sie hat schon die Petition unterschrieben. Sie komme regelmäßig zum Markt, wegen der Frische, wegen der Vielfalt und wegen der Leute.

Auch am Almkäse-Stand wird über die Maßnahmen diskutiert – und die Petition unterschrieben. „Ich brauche diesen Markt. Er ist einer der wenigen vernünftigen“, sagt eine Lankwitzerin. Sie wohne zwar an der Kirche, wo es auch einen Markt gibt, aber sie komme lieber jeden Sonnabend zum Kranoldplatz, um sich mit Eiern, Käse, Obst und Gemüse zu versorgen. 50 Prozent ihres Bedarfs decke sie hier, sagt sie. „Wenn Stände wegfallen, dann die, die man braucht“, befürchtet sie.

Was die BI zu den Vorwürfen und den Ängsten der Händler und Gewerbetreibenden sagt, war am Sonnabend nicht mehr zu erfahren.

(go)