Anwohner machen sich sorgen, um die Gefahren, die vom HZB ausgehen. Foto: HZB/DirkLaubner

Auch wenn das Oberverwaltungsgericht die Flugrouten über Wannsee gekippt hat, das Thema ist im Bezirk noch lange nicht vom Tisch, vor allem wenn die Reaktorsicherheit auf der Tagesordnung steht. Und dafür sorgte die Grünen-Fraktion mit einem Antrag, der am Donnerstag im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Tiefbau und Landschaftsplanung diskutiert wurde. Die Grünen fordern einen Umbau des Forschungsreaktors des Helmholtz-Zentrums Berlin (HZB), so, „dass auch bei einem Flugzeugabsturz in unmittelbarer Nähe des Reaktors die Wahrscheinlichkeit einer Kernschmelze erheblich verringert wird. Dazu ist mindestens eine Wasserreserve vorzuhalten, die bei hoher Hitze und einem Ausfall der Stromversorgung die Kühlung des Reaktors sicherstellt“.

Zu dem Thema hatte sich der Ausschuss Dr. Ina Helms, Pressesprecherin des HZB, eingeladen, um offene Fragen zu beantworten. Und die beschwichtigt,  sagte, dass es eigentlich nur in einem Fall zum „worst case“ kommen könnte: Wenn ein Flugzeug schräg auf zwei bestimmte Punkte des Reaktors krache und dieser so nicht mehr genug gekühlt werden könne. Das hielt sie allerdings für unwahrscheinlich. Zudem sei dies beim Bau berücksichtigt worden, es seien entsprechende Sicherungen eingebaut und dem jeweiligen Stand der Technik über die Jahre angepasst, so Helms. Den Reaktor umzubauen, so wie gefordert, sei unmöglich. Derzeit werde das Notfallhandbuch überarbeitet und über weitere Sicherheitsvorkehrungen wie etwa mobile Schläuche nachgedacht.

Uwe Köhne (Grüne) wollte das Argument mit der geringen Wahrscheinlichkeit so nicht stehen lassen, denn seit dem Bau des Reaktors 1973 habe sich die Zahl der Überflüge erhöht und sie werde mit Eröffnung des neuen Flughafens weiter steigen, so der Fraktionsvorsitzende. Und wie sehe es aus, wenn der Beton ein Loch hat, das Wasser langsam ausläuft? Ob es Vorkehrungen dafür gebe, wollte Köhne wissen. Doch da konnte Helms die Anwesenden beruhigen. Dafür sei man gerüstet, es gebe ein entsprechendes System.

Die SPD wollte den Antrag der Grünen erweitert sehen. Ihnen geht es um die besserer Sicherung der radioaktiven Abfälle, die dort in einer Zentralstelle gesammelt werden. Zum einen müssten die Container, in denen die Abfälle lagern, in einen „Zustand gebracht werden, der es überhaupt ermöglicht, sie in ein Endlager zu bringen“. Zudem müsse durch Verhandlungen mit Bund und Ländern ein anderer Standort außerhalb der Stadt gefunden werden.

Auf dem Gelände werden leicht- bis mittelradioaktive Abfälle gesammelt, aus Krankenhäuser, die Rauchmelder der Deutschlandhalle, Bauschutt und ähnliches. Sie werden dort aufbereitet für den Transport in ein Endlager. Die Container seien in einem entsprechenden Zustand, so Helms. Die Anlage sei zu 70 bis 80 Prozent gefüllt. Das sei aber normal. Von einer Überfüllung der Anlage könne man nicht sprechen, antwortete Helms auf Nachfrage aus dem Gremium.

Den Piraten geht der Antrag von Grünen und SPD nicht weit genug. Arne Müller forderte eine Flugverbotszone über dem Reaktor. Dafür bekam er Unterstützung vom Anti-Atombündnis. Heute gebe es nur eine Beschränkung für kleinere Flugzeuge, Verkehrsmaschinen dürften über den Reaktor fliegen – das seien derzeit bis zu 100 Maschinen täglich, so Alf Jarosch. „Wir haben die Gefahr – jeden Tag aus Neue“, sagte der Gebietsverantwortliche der Piraten. Seine Partei werde deshalb einen Antrag einbringen, der ein Flugverbot über dem Reaktor fordert.

Auch weitere Atomkraft-Gegner meldeten sich aus dem Publikum zu Wort. Der Grünen-Antrag sei wie wenn man einen Eimer Wasser neben den Tannenbaum stellt und hoffe, dass nichts passiert, sagte Bettina Günter, die ebenfalls ein Flugverbot fordert.

Nach der Sitzung fand die Atomkraftgegnerin deutliche Worte für den Antrag. Er sei aktionistisch, solle nur vorläufig Ruhe in die Diskussion bringen. Die Grünen wollten damit zeigen „wir sind die Guten“, so Günter enttäuscht. Und auch die Diskussion darüber, dass der Reaktor ohnehin in wenigen Jahren geschlossen werde und das HZB deshalb nicht mehr investiert, sei fatal. Denn noch stehe gar nicht fest, wann das Zentrum Wannsee verlasse. Es gebe keine Begrenzung der Betriebsdauer. „Die werden den Reaktor so lange betreiben wie möglich, bis er zusammenfällt“, ist sich Günter sicher.

Für Brigitte Jaschke, ebenfalls im Anti-Atom-Bündnis aber auch Anwohnerin des HZB, gibt es nur eine Lösung: Der Reaktor muss weg. Sie will nicht wegziehen, aber sie kenne andere Anwohner, vor allem mit kleinen Kindern, die Wannsee aus Sorge verlassen. Sie berichtetn von Anwohnern die an Krebs erkrankt oder schon gestorben sind.  „Der Reaktor ist zu viel, nicht ich.“ Doch was wenn der Reaktor geschlossen wird? Denn auch für die Reste des Vorgängers ist für die Anwohner noch keine zufriedenstellende Lösung gefunden.

 (go)