Bild: Wolf Klein, Metzgerei Klein / Feine Fleisch- und Wurstwaren, 2016

Allein die Zusammensetzung der Wörter „Werte“ und „Gemeinschaft“ eröffnet einen weiten Raum für die unterschiedlichsten Deutungen. So ist, zunächst ganz banal, diese am 21. März eröffnete Ausstellung ein Gemeinschaftswerk verschiedener KünstlerInnen. So wurden über eine Ausschreibung im Jahr 2016 von der Leiterin der Schwartzschen Villa und des Kulturamtes Steglitz-Zehlendorf, Doris Fürstenberg, und der wissenschaftlichen Volontärin der Schwartzschen Villa, Jennifer Graubener, zu dieser gemeinschaftlichen Gruppenausstellung aufgerufen. Eine fünfköpfige Jury traf im Anschluss die Auswahl.

Das Thema „Werte_Gemeinschaft“ ergab sich für die beiden Initiatorinnen aufgrund der in unserer pluralistischen Gesellschaft derzeit häufig kontrovers geführten Diskussion über den Wertebegriff – sei es in politischer – deutscher und europäischer – Hinsicht, sei es den gesellschaftlichen Diskurs dieser Frage betreffend.

Jedes Mitglied unserer Gesellschaft hat sich sicher schon einmal mit dem Begriff „Wert“ beschäftigt, ihn diskutiert und sich mit ihm auseinandergesetzt.

Wie nähern sich nun die KünstlerInnen diesem Thema? Zusätzlich zum ausgestellten Werk mussten sie vorab noch einen Textbeitrag einreichen, aus dem ihre ganz persönliche Sicht auf das Thema „Werte_Gemeinschaft“ hervorging.

Die insgesamt 30 Werke könnten unterschiedlicher nicht sein:

Da ist zunächst die Gruppe derjenigen Künstler, die die Werte_Gemeinschaft ganz pragmatisch sieht. Sie zeigt Objekte von Privatpersonen, die diesen wichtig sind, also für sie einen Wert darstellen (Christoph Medicus: Just if you’d come ondemand, for good’s sake! Gemeindingökomonie). Genauso kann sich dieser Wert aber auch verändern: Wenn man sich von einem lieb gewordenen Stück trennt und es auf dem Flohmarkt zum Kauf anbietet, erfahren der Wert und die Wertschätzung eine Veränderung (Tobias Deickes Flohmarktszene).

Einige der Werke haben einen sehr persönlichen familienhistorischen Bezug: Flucht, Vertreibung und Ausgrenzung ethnischer Gruppen werden fotografisch dargestellt. Ines Doleschal beschreibt den Verlust einer Wertegemeinschaft anhand des persönlichen Schicksals ihrer Großeltern: Die Vertreibung bedeutet Aufgabe des Zusammenlebens – Werte werden zurückgelassen.

Auch Wolf Klein beschäftigt sich mit seiner Familiengeschichte. In der Fotokonstellation „Metzgerei Klein“ stellt er ein altes Betriebsfoto mit allen Mitarbeitern zur Linken und zur Rechten jeweils ein Foto mit zwei Scheiben Wurst. Damit will er auf die industrielle Wurstproduktion hinweisen, auf den Werteverlust der menschlichen Arbeit.

Wieder eine Gruppe beschäftigt sich mit der Frage, welchen Wert die Kunst an sich hat und welche Wechselwirkung zwischen ihr und der Gesellschaft besteht: Wie beeinflusst die Gesellschaft die Kunst? Welche Werte erzeugt die so entstandene Kunst, auch in materieller Hinsicht (Michi Schneider: Unterwerfung und Aaron Rahe: Old Image Painting)?

Die Veränderung von Wertesystemen thematisiert Ute Richter in ihrem Werk „No way out.“ Hier geht es um die Verwandlung, die mit der Wende 1989 der DDR hin zu einem demokratischen Staat einherging: vom sozialistisch geprägten Wertesystem hin zu einer neuen Wertegemeinschaft.

Die Mehrzahl der ausgestellten Werke illustriert überwiegend eine „ausschließende“ oder ausgrenzende Anwendung des Wertebegriffs. Dagegen steht das positive, kommunikative Element im Werk „Gespräch“ von Rachel Kohn. Es beinhaltet die Streitkultur, den Wert des Dialogs, des Austauschs von Informationen durch Zuhören und Argumentieren. Die Künstlerin verweist damit fast alleinig in der Gemeinschaft der Werke auf die Möglichkeit hin, zukunftsorientiert Lösungen durch eine wertvolle Gesprächskultur zu lösen. Womit man wieder am Anfang ist: Die Konflikte unserer Zeit und in unserer Gesellschaft/ Gemeinschaft können demnach konstruktiv gelöst werden. Der Besuch der Ausstellung Werte_Gemeinschaft lohnt sich!

Die Ausstellung ist bis zum 11. Juni zu sehen.

Galerie der Schwartzschen Villa. Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei. Weitere Infos unter www.kultur-steglitz-zehlendorf.de.

(fpd)

Tipp: Am Dienstag, den 16. Mai um 19 Uhr, wird im Rahmenprogramm der Ausstellung der Film „Beyond Boundaries – Brezmejno“ von Peter Zach im Zimmertheater der Schwartzschen Villa gezeigt.

Der Film erkundet die Landschaft entlang der slowenischen Grenze zu Österreich, Ungarn, Kroatien und Italien. Als essayistisches Roadmovie zeigt der Film das Leben an der Grenze und erzählt von der europäischen Idee, die im Angesicht der aktuellen Grenzsicherungsmaßnahmen zunehmend relativiert wird. Texte des slowenischen Lyrikers Aleš Šteger begleiten den Film. Der Regisseur Peter Zach wird bei der Vorführung anwesend sein. Der Eintritt kostet fünf, ermäßigt drei Euro.