Der Lienzo Seler II war fast ein halbes Jahrhundert hinter Glas verschlossen und wird nun untersucht. Foto:Staatliche Museen zu Berlin, Ethnologisches Museum / Dietrich Graf

Der Lienzo Seler II war fast ein halbes Jahrhundert hinter Glas verschlossen und wird nun untersucht. Foto:Staatliche Museen zu Berlin, Ethnologisches Museum / Dietrich Graf

Seit fast einem halben Jahrhundert hing der „Lienzo Seler II“ unberührt in einer Großvitrine im Bornemann-Saal des Ethnologischen Museums in Dahlem. Das rund vier mal vier Meter messende mesoamerikanische Baumwolltuch aus dem 16. Jahrhundert soll künftig einen zentralen Platz im Humboldt Forum einnehmen. In Vorbereitung des Umzugs wurde die Vitrine am Montag erstmals seit 1970 geöffnet. Der „Lienzo“ kann nun erstmals umfassend untersucht werden. Von großem Interesse sind Farbanalysen, die Bestimmung der Lichtschädigung, UV-Aufnahmen stark verblasster Malstellen und die erstmalige digitale Dokumentation des Lienzo.

Lienzos, spananische Baumwolltücher, aus indianischer Hand von überdimensionalem Format sind typisch für die frühe Kolonialzeit. Der Lienzo Seler II ist ein „Übergangsdokument“, das heißt er weist überwiegend Daten im präkolumbischen Stil auf, ergänzt durch europäische Darstellungen und Glossen in den Sprachen Nahuatl, Mixtekisch und Chocho. Er stammt aus dem im heutigen Gebiet von Oaxaca, Mexiko, gelegenen Tal von Coixtlahuaca.

Das Abnehmen, Reinigen und Rollen sowie die Herstellung der Transportverpackung und die erneute Montage im Humboldt Forum sind logistische Herausforderungen, die das Museum bis zur Schließung der neuen Riesenvitrine im Schloss begleiten werden.

Im Anschluss an die Öffnung des Vitrine des Lienzo Seler II stellten Viola König, Direktorin des Ethnologischen Museums, und Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, den Abbau der Ausstellung zu Nordamerika vor. Hierfür wurde die Nulis-Maske, eines der Symbolobjekte des Humboldt Forums, zur anschließenden Restaurierung und Verpackung aus ihrer Vitrine entnommen.

Die sogenannte Verwandlungsmaske der Kwakwaka’wakw wurde durch den norwegischen Kapitän Adrian Jacobsen im Zuge seiner Sammlerreise an die pazifische Nordwestküste erworben und 1883 nach Berlin gebracht. Das Stück im Ethnologischen Museum gilt als das älteste erhaltene seiner Art.

(sn)