Obwohl der Bezirk nicht der Herausgeber der Broschüre „Starke Frauen in Steglitz-Zehlendorf 1945- 1990“ ist, „schmückt“ das Bezirkswappen das Titelblatt des Heftes. Symbolbild: Baumann

In einer Broschüre, die starke Frauen in Steglitz-Zehlendorf vorstellen sollte, wurde auch die berüchtigte DDR-Richterin und Justizministerin Hilde Benjamin porträtiert. Das Bezirksamt spricht von einem „eklatanten Fehler“ und zieht das Heft nun zurück.

Hilde Benjamin war nach dem Zweiten Weltkrieg Richterin und Justizministerin der DDR. Sie verantwortete Schau- und Geheimprozesse, verhängte insgesamt 550 Jahre Zuchthaus, 15 Mal lebenslänglich und zwei Mal die Todesstrafe. Wegen ihrer teilweise drastischen Strafen wurde Hilde Benjamin auch „Blutige Hilde“, „Rote Guillotine“ oder auch „Rote Hilde“ genannt. Trotzdem wurde sie in der Broschüre „Starke Frauen in Steglitz-Zehlendorf 1945–1990“ vorgestellt. Wie das passieren konnte, wollten die Bezirksverordneten von Steglitz-Zehlendorf bei der gestrigen Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) vom Bezirksamt wissen. Gleich drei Mal stand das Thema Broschüre „Starke Frauen in Steglitz-Zehlendorf 1945–1990“ und Hilde Benjamin auf der Tagesordnung der Sitzung.

In dem Heft werden 23 Frauen mit Kurzbiografien vorgestellt, die im Bezirk gelebt oder gearbeitet und es geschafft haben, sich in in einer Zeit, als es für Frauen noch schwierig war, in der Arbeitswelt durchzusetzen. Herausgeber der Broschüre ist der freie Träger YOPIC e.V. (Young People for International Cooperation e. V.), der mit dem der Bezirk kooperiert. Finanziert wurde das Heft über eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme vom Jobcenter Steglitz-Zehlendorf, unterstützt wurde es von der Frauenbeauftragten des Bezirks.

Auch wenn der Bezirk nicht der Herausgeber des Hefts ist, prangt auf dem Titelblatt das Bezirkswappen. Zudem wurde das Vorwort vom Stadtrat Michael Karnetzki (SPD) verfasst. In diesem schreibt er: „Die hier vorgestellten Frauen aus unserem Bezirk haben gelernt sich durchzusetzen.“ Und weiter: „Ein sehr gelungenes Werk“ und „Am meisten begeistert dabei die Vielfalt der Persönlichkeiten.“ Bei der gestrigen BVV-Sitzung sprach CDU-Bezirksverordnete Clemens Escher von „Ignoranz und Ahnungslosigkeit im Amt“. Außerdem kündigte die CDU „nach jetzigen Stand“ einen Missbilligungsantrag gegen den Stadtrat Michael Karnetzki an.

Karnetzki selbst war bei der Versammlung nicht dabei, da er sich auf einer Dienstreise befindet. In Vertretung für ihren Kollegen stand Jugendstadträtin Carolina Böhm (SPD) den Bezirksverordneten Rede und Antwort. Sie räumte ein, dass das Bezirksamt den Inhalt der Broschüre nicht genauer überprüft und damit einen „eklatanten Fehler“ begangen hat.

Eine Pressemitteilung, die das Heft ankündigte, und die Broschüre als PDF wurden bereits am vergangenen Freitag von der Internetseite des Bezirks entfernt. Die Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) sagte gestern, dass das Bezirksamt den Herausgeber bereits aufgefordert hat, alle gedruckten Exemplare (davon gibt es 100 Stück) an das Bezirksamt zu schicken.

(eb)