Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf. Foto: Baumann

Am Osteweg 63 soll eine modulare Unterkunft für Flüchtlinge, eine sogenannte MUF, entstehen. Der Standort steht auf der Liste des Berliner Senats, die am 27. März den Bezirken vorgelegt wurde. Doch diesen Standort hat der Bezirk eigentlich für einen Schulbau vorgesehen. Alle Fraktionen der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von Steglitz-Zehlendorf sind sich einig, dass dieser Standort auch weiterhin für eine Schule beziehungsweise eine Schulsporthalle reserviert bleiben soll. Wie es nun um die alternativen Standorte steht und wie es mit der Suche danach weitergehen soll – darüber wurde bei der letzten Sitzung am Mittwoch, den 18. April, gestritten.

Torsten Hippe, der Fraktionsvorsitzende der CDU in der BVV ist überzeugt: „Im Bezirk gibt es keine Ersatzstandorte für den Osteweg.“ Er ist sogar der Meinung, dass der Senat ganz genau wisse, dass der Bezirk keine Ersatzgrundstücke habe und diesen Standort trotzdem vorschlug, um sich „an der Not anderer zu weiden“, so Hippe. Das sei „perfide“, da der Osteweg zudem die vom Senat selbst festgelegenen Kriterien für eine solche Unterkunft nicht erfülle. „Perfide“ findet Hippe auch den Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion. Darin verlangt die SPD, dass die Bezirksbürgermeisterin „ihrer Pflicht nachkommt“ und schnellstmöglich Ersatzstandorte für eine Unterkunft für Geflüchtete benennt. „Dringlich“ sei der Antrag, weil die Lösung bis zum Sommer gefunden werden müsse. „Aber wir haben keinen Ersatzstandort“, betonte Hippe.

Der AfD-Fraktion erschloss sich die Dringlichkeit des SPD-Antrages nicht. Diese können doch auch auf dem „normalen“ Wege, bei der nächsten BVV besprochen werden, so die AfD. Also widersprach die Fraktion dieser. Beim Widerspruch muss über die Dringlichkeit eines Antrages abgestimmt werden. SPD, Grüne, FDP und Linke stimmten dafür. Da die CDU sich aber enthielt, wurde die notwendige Zweidrittel-Mehrheit nicht erreicht. Doch damit war die Diskussion über den Osteweg 63 noch lange nicht am Ende. Eine Große Anfrage der CDU sorgte dafür, dass über das Thema noch fast zwei Stunden lang debattiert wurde.

„Hier soll eine Sporthalle entstehen“

„Es ist nicht im Interesse des Bezirks, am Osteweg 63 eine Unterkunft für Geflüchtete errichten zu lassen“, sagte auch Carolina Böhm (SPD), Bezirksstadträtin für Integration, Jugend und Gesundheit. Osteweg 53 sei für eine neue Schule vorgesehen, auf dem Grundstück Osteweg 63 solle dann die dazugehörige Sporthalle gebaut werden. Es mache keinen Sinn, die beiden Grundstücke getrennt voneinander zu betrachten, erklärt Böhm.
Aus diesem Grund habe die Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) auch Widerspruch gegen den Standort eingelegt. Die Bezirksbürgermeisterin selbst war bei der Sitzung nicht anwesend, weil sie sich auf einer Reise befand.

„Das Vorgehen des Senats sehe ich aber nicht als das Ausspielen gegeneinander“, sagte Böhm und betonte, dass der Bezirk sich intensiv mit der Suche nach einem Alternativ-Standort beschäftige. Es seien einige Grundstücke im Gespräch. Welche genau, wolle sie jedoch zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen, da noch nichts entschieden sei. „Die Grundstücke befinden sich noch in der Abstimmung im Bezirksamt. Wenn die Bürgermeisterin von ihrer Reise zurück ist, wird darüber entschieden“, so die Bezirksstadträtin.

Dafür, dass alle infrage kommenden Grundstücke, trotz noch nicht vorhandener Entscheidungen, gleich genannt werden, sprach sich neben Torsten Hippe, der immer wieder betonte, dass es keine Ersatzstandorte gebe, auch Yvonne Cremer von der AfD-Fraktion aus. Die Bürger sollen wissen, wenn Grundstücke in ihrer Nähe vielleicht vorgesehen seien. Denn eine Flüchtlingsunterkunft in der Nachbarschaft würde einen „massiven Wertverlust“ für das eigene Grundstück bedeuten, so Cremer. Dem widersprach unter anderem Rolf Breidenbach, stellvertretender FDP-Fraktionsvorsitzender: Obwohl die FDP immer für Transparenz sei, würde eine solche in diesem Fall nichts nutzen, weil die Grundstücke erst geprüft werden müssen. „Wenn die Standorte übermorgen wieder verworfen werden, nutzt es doch nichts, sie heute zu benennen“, so Breidenbach. Außerdem habe er sich über die Enthaltung der CDU beim Dringlichkeitsantrag gewundert. „Der Beschluss der BVV wäre doch eine wunderbare Rückenstärkung für die Bezirksbürgermeisterin gewesen.“

Hans-Walter Krause von der Linken bezeichnete die Enthaltung der CDU sogar als „unverantwortlich und peinlich“. Die „Blockadenhaltung“ der CDU würde verhindern, dass im Bezirk weitere Geflüchtete untergebracht werden können.

Seit 2013 wird über Standorte für Flüchtlingsunterkünfte diskutiert

Wie lange über das Thema „Standorte für Flüchtlingsunterkünfte“ im Bezirk bereits diskutiert wird, machte Jan Kellermann, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD, deutlich. Am Rednerpult präsentierte er eine Liste, die alle Großen und Kleinen Anfragen zu diesem Thema enthielt, die in den letzten Jahren in der BVV gestellt wurden. „Seit 2013 diskutieren wir darüber und es ist nichts passiert“, so Kellermann. Das Muster, nach dem der Bezirk vorgehe, sei immer gleich – „Wir machen nichts, wir warten ab, Senat benennt Standorte, also ist der Senat schuld“. „Am Ende profitieren davon nur Menschen, die Ängste schüren wollen“, so Kellermann.

Diese „parteipolitische Zankerei“ darüber, wer die Schuld trage, hatte auch die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Tonka Wojahn, satt. „Wir sind es den geflüchteten Menschen schuldig, endlich zu liefern“, sagte sie. „Wir machen uns als Bezirk lächerlich, dass wir die Menschen hier nicht vernünftig unterbringen können.“ Alles würde gegen Geflüchtete ausgespielt: Natur gegen Flüchtlinge, Kinder gegen Flüchtlinge. Es sei einfach nur traurig und auf so eine Diskussion lasse sie sich nicht mehr ein, so Wojahn. „Wir müssen uns jetzt alle zusammensetzen und Standorte suchen“, schloss sie ihre Rede ab.

Nach einigen weiteren Wortbeiträgen stellten die Grünen einen Antrag auf das Ende der Debatte. Schließlich habe jede Fraktion ihre Position deutlich gemacht und alle seien sich im Grunde einig, dass für den Standort Osteweg 63 möglichst schnell ein Ersatz gefunden werden müsse.

(eb)