Foto: bbg Heidi Gaede, Dipl.-Ing. Mona Kerkow

Wer am S-Bahnhof Botanischer Garten aussteigt, kommt unweigerlich an den reich verzierten Häusern des Hortensienplatzes, der Lilien- und Tulpenstraße vorbei, die nach Plänen von Hans Kraffert 1927/1928 erbaut wurden.

Die „bbg Berliner Baugenossenschaft eG“ ließ ab 2017 umfangreiche Fassadenrenovierungen durchführen, in deren Zuge auch die Außenanlagen der beiden Wohnblöcke instandgesetzt und aufgewertet wurden. Die damit betraute Garten– und Landschaftsarchitektin Mona Kerkow sorgte dafür, dass Altes repariert, Historisches wieder aufgebaut, Unzeitgemäßes weitestgehend entfernt und Neuartiges behutsam integriert werden konnte. Um den Nutzungswünschen der Mieter Rechnung zu tragen, wurden zusätzliche Sitzplätze geschaffen, Spielangebote erneuert und das Angebot an Radstellflächen erweitert.

Typisch für die Zwanziger Jahre sind die bis zu 7 m tiefen Vorgärten, die etwas erhöht liegen und durch breite historische Hochborde mit spitzwinkliger Krone und einer ca. 70 cm hohen Weißdornhecke zum Gehweg hin klar abgegrenzt sind. Regenwasser der Dächer wird oberirdisch über offene Rinnen durch die Vorgärten über den Gehweg in die Straßen-Vorfluter geleitet. Vor Beginn der Renovierungsarbeiten war das Innere der Beete zweigeteilt, hinten standen Gehölze und Stauden, vorne wuchs Rasen mit Unkraut und Moos. Historische Pläne für die Außenanlagen lagen nicht vor. Die reich gegliederte Außenfassade der Häuser stand daher Pate für die Wiederherstellung der Vorgärten nach der Fassadenrenovierung.

Besonders der markante rotbunt-violette Baustoff Klinker kam vielfältig zum Einsatz. Die Fassaden sind in den Farbtönen beige und altrosa nach historischem Vorbild verputzt worden. Der Klinker taucht traditionell in den Sockelbereichen auf und wurde bei einigen Gebäudeteilen auch in der Höhe als „Zierband“ für die horizontale Gliederung verwendet. Eine vertikale Rhythmisierung entlang der Straße erfolgt durch das Hervortreten der Balkone und Risalite. Mit letzteren betonte der Architekt jeweils die Mitte der Wohnblöcke. Von unten bis oben „durchgeklinkert“ erinnern sie mit ihren ausgebildeten Giebeln an hanseatische Klinkerbauten. Von auffallender Qualität sind die aufwendig gerahmten Hauseingänge aus blauer und blaugrüner Baukeramik.

Die repräsentativen Vorgärten wurden in der Tiefe dreigeteilt und großflächig mit einheitlicher Bepflanzung versehen. Sie „beruhigen“ die reich strukturierten Hausfassaden. Das hintere Pflanzbeet besteht aus Solitärs und Begleitstauden. Als Begrenzung erhielt es in Anlehnung an die horizontale Klinkerbänderung der Hausfassade ein durchgehend geschwungenes Staudenband. In der vorderen Hälfte des Beetes wurde der Rasen durch immergrüne, pflegeärmere Bodendecker ersetzt. Jeder Straßenzug erhielt seine eigene Pflanzenkombination. Für die Auswahl der Pflanzen waren vor allem die Straßenbezeichnungen Programm. Als Leitpflanzen dienen Hortensien und in der schattigen Tulpenstraße zusätzlich Rhododendren, die von Herbstanemonen, Silberkerzen und Tag-Lilien je nach Straße begleitet werden. Beete vor den Balkonen wurden mit Rosen oder mit kleinen Hortensien bestückt. Die Staudenbänder bestehen je Straße und Sonnenverhältnissen aus einer Pflanzenart: Lavendel in der sonnigen Hortensienstraße, Bergenien in der Lilienstraße und Funkien in der Tulpenstraße. Unterbrochen wird das Staudenband immer dort, wo die Häuser wie Risalite hervortreten und „durchgeklinkert“ sind.

Die ihnen vorgelagerten Beete wurden vollflächig mit Begleitstauden um Solitärs herum bepflanzt. Am Hortensienplatz sind die Beete wesentlich kürzer, sie wurden im Rhythmus der Fassadenaufteilung mit Pflanzen ebenso vollflächig bestückt. Tulpen wurden in allen Vorgärten außer in der schattigen Tulpenstraße gesetzt. Straßenecken und das Ende der Blockrandbebauung wurden ehemals durch Birken betont. Dort wo sie heute ausgefallen sind, werden sie durch Säulenbirken und je einem immergrünen Cotoneaster ersetzt. Wichtig war es, dass die Vorgärten neben den Bodendeckern über immergrüne Pflanzen im Winter attraktiv bleiben. Die Auswahl der Blütenfarben richtete sich nach den Farben der Hausfassaden.

Die zwei Wohnblöcke lassen sich als eine „halbe“ Blockrandbebauung mit kleinerem Innenhof und einer geschlossenen Blockrandbebauung mit einem größeren Innenhof beschreiben. Was in den Vorgärten bereits durch Treppen vor den Hauseingängen und durch höhere Klinkersockel in der Tulpenstraße sichtbar ist, tritt in den Innenhöfen noch deutlicher zutage. Die Tulpenstraße liegt im Vergleich zur Hortensienstraße wesentlich tiefer, sodass die Rasenflächen teils mit sehr steilen Böschungen versehen sind. Das Alter der Anlage zeigt sich vor allem in den alten Bäumen wie Birken, Flügelnuß und Linden auf großen Rasenflächen. Historisch ist ein umlaufender Rundweg, der die rückwärtigen Hauszugänge erschließt. Zudem waren alle Rasenflächen wie die Vorgärten von einer Weißdornhecke gerahmt, die im großen Hof teils bis zu 90 Prozent wiederhergestellt werden musste.

Um die Aufenthaltsqualitäten in den Höfen zu erhöhen, wurden extra für diese Anlage zurückhaltend gestaltete Kleinarchitekturen entworfen. Die Materialien sind in Farbe und Form den vorgefundenen historischen Vorbildern nachempfunden. In „Blattform“ gepflasterte Sitzflächen erhielten einreihige Metallpergolen mit Kletterpflanzen, um die Einsehbarkeit zu verringern. An einem Spielplatz wurde eine marode Klinkerstützmauer abgerissen und nach historischem Vorbild mit den vorhandenen Betonabdeckungen wieder hergestellt und mit einer neuen Glasdach- Pergola versehen. Für einzelne Radstellplätze wurden transparente Unterstände entwickelt. Die Müllplätze waren teils neu zu ordnen und abzuschirmen. Hierfür wurden Klinkermauerscheiben mit historisch nachempfundenen Geländern und neuartige Pergolen auf Klinkerpfeilern mit Metallbögen errichtet.

Lediglich die Radständer waren vorgefertigt. Ihre Gestalt orientierte sich an den Rundrohr-Geländern der Hauseingänge. Neue Metallkonstruktionen wurden dagegen mit Rechteckrohren ähnlich dem Geländer an den Hofzugängen des kleineren Hofes errichtet und anthrazit pulverbeschichtet. In Anlehnung an die Fassadenklinker wurde eine Mischung aus neuwertigen Klinkern im Reichsformat aus vier verschiedenen
Farbprägungen in 20 % / 30 % -Anteilen zusammengestellt und denkmalgerecht im historischen Verband verbaut.

Zur Erhöhung der Attraktivität erhielten die Innenhöfe neue Pflanzbeete. Mit der Auswahl blühender, insekten- u. bienenfreundlicher und teils essbarer Pflanzen wurde auch in diesem Punkt die Brücke von einer einheitlichen, historisch besonderen Wohnanlage zu einer Anlage geschlagen, die heute den veränderten Bedürfnissen der Mitglieder und der Natur Rechnung trägt.

(Text: Mona Kerkow
Redaktion: Dr. Jörg Rüter)