Denkmal des Monats – Haus Spemann am Ostpreußendamm

Denkmal des Monats – Haus Spemann am Ostpreußendamm

Foto: Denkmalschutzbehörde

Schon vor ihrer Sanierung fiel die herrschaftliche Villa mit ihrer imposanten Kuppel auf, wenn man mit dem Auto den Ostpreußendamm entlang fuhr oder in die Bäkestraße zum Spaziergang am Teltowkanal einbog. Sie wurde 1913-1914 für Verlagsdirektor Erik Spemann von dem Stuttgarter Büro Schlösser und Weirether entworfen und dem Lichterfelder Baugeschäft Julius Assmann ausgeführt.

Das sumpfige Gebiet zwischen Bäke und der Verbindungsstraße Berlin-Teltow (damals Berliner Straße, heute Ostpreußendamm) blieb nach Gründung der Carstenn‘schen Villenkolonie Lichterfelde zunächst unbebaut. Erst nach dem Bau des Teltowkanals 1906 und der Anlegung des Gemeindeparks ab 1908 entstanden hier großzügige Villen, wie sie heute noch in der Herwarthstraße zu sehen sind. Zeitgleich mit dem Bau der Villa Spemann kam der Park mit der Enthüllung des Otto-Lilienthal-Denkmals zu neuen Ehren.

Den Architekten gelang das Gebäude auf dem für damalige Verhältnisse kleinen Eckgrundstück so zu platzieren, dass es sich repräsentativ zur Straßenecke öffnet und ausreichend Raum für eine Gartenanlage lässt.

Die Lösung war nicht neu. Schon im französischen Barock gab es das Motiv von zwei rechtwinklig zueinander liegenden Flügeln, die durch einen runden Mittelpavillon mit Treppenhalle verbunden sind. Das Motiv wurde später oft aufgegriffen. Ein bekanntes Beispiel findet sich in unserem Bezirk mit dem Haus Freudenberg von Hermann Muthesius in der Potsdamer Chaussee aus dem Jahr 1908. Ebenso dem französischen Barock entlehnt sind das dunkle Mansarddach und die Fenstertüren (Portes-fenêtres), während die aufwändig gestalteten Frontispize mit Zahnleiste an der Gebäuderückseite dem Klassizismus zuzuordnen sind.

Die Kuppel als Point-de-vue an der zum Gemeindepark führenden Bäkestraße verleiht dem Gebäude ein herrschaftliches Aussehen und hebt sich von den in Lichterfelde für Ecklösungen favorisierten Türmen (siehe DdM 07/2016) ab.

Heute würde man am viel befahrenen Ostpreußendamm eine Straßen abgewandte Lösung mit abgeschirmtem Garten wählen. Zur Zeit der Errichtung aber war der Wunsch nach Repräsentation stärker als der nach Ruhe und Abgeschiedenheit. Die Straße war damals bei weitem nicht so befahren wie heute.

Über die Bewohner der Villa gibt es viel zu erzählen: Nach dem Krieg war hier eine Möbeltischlerei untergebracht. Später bewohnte Günter Böll, ein direkter Verwandter von Heinrich Böll mit seiner Familie das Haus. Günter Böll verließ die Familie und hinterließ das Haus seiner Frau Brigitte und den Kindern. Die obere Etage wurde an amerikanische Offiziere vermietet. In einem Nachruf auf Brigitte Böll kann man von großartigen Gesellschaften mit namhaften Gästen lesen, die in diesem Haus stattfanden.

Als die Villa vor 5 Jahren zum Verkauf angeboten wurde, bot sich allerdings ein trauriges Bild: bröckelnder Putz, Wasserschäden an der stark verschmutzten Fassade, dazu ein verwildertes Grundstück. Auch im Inneren war von der einstigen Großzügigkeit nicht viel zu erkennen. Das für eine Familie geplante Gebäude war in vier Wohnungen aufgeteilt. Der Bau einer Garage aus den 1950er Jahren wertete das Grundstück nicht auf. Das Haus wurde von zwei Familien gekauft. Gesche Günther, die gleichzeitig Eigentümerin und Architektin ist, übernahm die Planung für den Umbau.

Die neuen Eigentümer befreiten das Haus zunächst von nicht bauzeitlichen Ein- und Anbauten. Ziel war es, zwei abgetrennte Wohneinheiten zu schaffen. Die Voraussetzungen dafür waren günstig, da das Haus neben dem Haupteingang über einen separaten Dienstboteneingang verfügt.

Um die im runden Mittelbau gelegene Wohndiele mit Treppenzugang ins Obergeschoss nicht zu stören, entschied man sich für eine vertikale Teilung in zwei unterschiedlich große Wohneinheiten. Diese Lösung vermied mehr Eingriffe als eine geschossweise Teilung. Jede Partei kann einen Flügel separat nutzen. Die Wohndiele, die als Herzstück des Hauses unangetastet bleiben sollte, wurde der größeren Wohnung zugeschlagen.

Nachdem die Grundrisslösung geklärt war, mussten Fassade und Dach instandgesetzt werden. Hier galt es, den zwar bauzeitlichen, aber stark verschmutzten Putz in möglichst großen Teilen zu erhalten. Er wurde nicht deckend gestrichen, sondern lediglich mit einer farbigen Lasur aufgefrischt.

Bei der Dachsanierung gab es eine böse Überraschung: Als man die Dachdeckung zur Erneuerung abnahm, stieß man auf einen Brandschaden aus Kriegszeiten, der damals so notdürftig repariert wurde, dass die Standsicherheit nicht mehr gewährleistet war. Zusätzlich zur neuen Eindeckung musste nun auch ein Teil des Dachstuhls ausgetauscht werden, was zu erheblichen Mehrkosten führte.

Die Fassaden- und Dachsanierung förderte das Landesdenkmalamt Berlin und die Deutsche Stiftung Denkmalschutz. Die Villa erstrahlt endlich wieder in ihrem alten Glanz und wird bestimmt viele Spaziergänger zu einem kurzen Verweilen ermuntern.

 

(Text: Sabine Schmiedeke
Redaktion: Dr. Jörg Rüter
)

 

 

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