Von oben links: Maria Borakovska – Schauspielerin und Ensembleleiterin, Salt/Kharkiv, Lisa Wagner – Regisseurin und Autorin, Wheels, Lea Dietrich – Choreografin und Projektleiterin, Wheels und Tanztangente, Roman Mikhashchuk – Schauspieler, St.Petersburgh Urban Theater, Konstantin Buchholz – Schauspieler und Projektleiter, Wheels. Foto: Baumann

Sie kommen aus unterschiedlichen Ländern, sprechen unterschiedliche Sprachen – doch eines haben sie gemeinsam: ihre Liebe zum Schauspiel. Drei Wochen lang haben 23 Künstler aus Deutschland, Russland und der Ukraine an einem gemeinsamen Stück gearbeitet. Am Donnerstag, 3. August, feiert das Stück Premiere in der TanzTangente in Steglitz.

Ins Leben gerufen wurde das außergewöhnliche Projekt von der Zehlendorfer Theatergruppe „Wheels“. Das Theaterensemble wurde 2012 im Haus der Jugend Zehlendorf gegründet. Sein Ziel ist es, durch interkulturelle Begegnungen und die Liebe zur darstellenden Kunst Toleranz und gesellschaftliche Beteiligung zu fördern.

„Die Arbeit mit Theatergruppen aus anderen Ländern ist ein fester Bestandteil unseres Projekts.“, erzählt Konstantin Buchholz, Mitbegründer von „Wheels“. Die Zusammenarbeit mit der ukrainischen Theatergruppe „Salt“ hat mittlerweile Tradition. Bereits zum vierten Mal arbeiten die beiden Schauspielensembles zusammen. Dafür treffen sie sich einmal im Jahr für drei Wochen. In dieser Zeit arbeiten die Darsteller sowohl in der Ukraine als auch in Deutschland. „Dieses Mal waren wir die erste Woche in der Ukraine und sind danach alle zusammen mit dem Bus hierhergekommen. Die Fahrt hat 30 Stunden gedauert.“, erzählt Buchholz schmunzelnd über die Übermüdung. „Jetzt proben wir hier für das Stück und hier findet auch die Aufführung statt.“

Ermöglicht wird das internationale Projekt durch die Förderung des Auswärtigen Amtes und der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ).

„Wir waren sehr überrascht, aber vor allem skeptisch“

Zum ersten Mal mit dabei ist in diesem Jahr ein Schauspielensemble aus Russland. Roman Mikhashchuk vom Sankt Petersburg Urban Theater und seine Schauspielkollegen freuen sich sehr über die neue Kooperation. „Als die ukrainische Gruppe zu uns Kontakt aufnahm, waren wir natürlich sehr überrascht, aber vor allem skeptisch. Wir konnten uns einfach nicht vorstellen, dass es tatsächlich klappen würde.“, erzählt Mikhashchuk auf Russisch. „Wir dachten, so viel Glück können wir einfach nicht haben.“ Doch es klappte. „Und jetzt, obwohl wir gerade mal zwei Wochen hier in Deutschland proben, habe ich das Gefühl, seit Monaten hier zu sein. Es ist einfach toll!“, berichtet er begeistert.

Auch für die Ukrainer sei die Zusammenarbeit mit Wheels immer wieder ein Highlight. „Für uns ist diese Kooperation einer der wichtigsten Gründe weiter zu machen.“, erzählt Maria Borakovska, Leiterin des Theaterensembles Salt aus Kharkiv. Die Gruppe habe sich in der Universität, an der sie als Schauspieldozentin arbeitet, gegründet. „Nach dem Abschluss stand natürlich die Frage im Raum, ob man weitermacht, oder ob sich die Gruppe auflöst. Doch durch die Arbeit mit Wheels haben wir so viele positive Impulse bekommen, dass wir einfach nicht aufhören konnten.“, so Borakovska.

Drei Wochen lang proben 23 Schauspieler aus Russland, der Ukraine und Deutschland gemeinsam. Was dabei herauskommt sehen die Zuschauer am 3. und 4. August in Steglitz. Foto: Wheels

Gemeinsam führten Salt und Wheels bereits mehrere Stücke in beiden Ländern auf, unter anderem im Haus der Jugend in Zehlendorf.

In der Steglitzer TanzTangente sind die Schauspieler das erste Mal zu Gast. Der Kontakt bestehe zwar schon länger, erzählt Lea Dietrich, die als Choreografin und Projektleiterin sowohl bei Wheels als auch der TanzTangente agiert, doch bisher war es nicht dazu gekommen. Bis jetzt. „Die Räumlichkeiten hier passen einfach besser zum Stück.“, erklärt Lisa Wagner von Wheels, die Autorin und Regisseurin des Stücks. Der Bühnenraum hier sei zwar nicht größer als im Haus der Jugend, dafür sei er quadratisch, und das eigne sich besser für ein Zirkusstück. Denn genau das sei die gemeinsame Theaterperformance mit dem Namen „Circo del Mondo“.

„Wer hat den Hut auf?“

Die Performance setze sich mit den kollektiven Erfahrungen junger Künstler in Russland, der Ukraine und Deutschland auseinander, so Wagner. Dabei gibt es eine zentrale Frage: „Wer hat den Hut auf?“ Es gehe darum, die Verantwortung zu übernehmen – in einer Gruppe, der Familie, der Gesellschaft. Aber auch darum, womit diejenigen, die die Verantwortung tragen, konfrontiert werden und umgehen müssen. Das Stück gebe aber auch Einblicke hinter den Vorhang. „Die Geschichte habe ich bereits letztes Jahr geschrieben, doch für das Projekt konnte jeder von uns etwas zu seiner Rolle und zum Stück beitragen. Wir haben es gewissermaßen gemeinsam umgeschrieben und an uns angepasst.“, erzählt die Autorin. „Dadurch bekommen die Zuschauer auch einen Einblick in das Leben, welches wir Schauspieler hinter den Kulissen leben.“ Das Ganze sei als ein Zirkusstück inszeniert. Es wird Akrobatik geben, aber auch Tanz und Gesang.

Aufgeführt wird das Stück in englischer aber auch in deutscher, russischer und ukrainischer Sprache. „Als ein internationales Theaterprojekt wollen wir natürlich auch international Theater machen.“, erklärt Buchholz. Dafür sei die Sprache von entscheidender Bedeutung. Das sei ja das Schöne am Theater, dass auch, wenn man nicht jedes Wort versteht, man trotzdem das Gefühl vermittelt bekommt. So, wie es bei Musik der Fall sei. Auch sie spielt im Stück eine große Rolle. Die musikalischen Einlagen wurden extra für die Performance geschrieben.

Auf die Frage, an die Gäste aus der Ukraine und Russland, wie es ihnen in Steglitz-Zehlendorf gefalle, erwidern sie, dass sie vor allem mögen, dass es hier so grün und „irgendwie gemütlich“ sei. Am Tag des Interviews stand der Plan bereits fest, am Nachmittag nach Krumme Lanke zu fahren.

Die Aufführungen des deutsch-russisch-ukrainischen Theaterensembles finden am 3. und 4. August jeweils um 19 Uhr in der TanzTangente, in der Ahornstraße 24, 12163 Berlin statt. Im Anschluss an die Aufführungen wird es jeweils ein Gespräch und eine offene Diskussion mit den Künstlern geben.

Der Eintritt ist frei.

(eb)