Das Stadtteilzentrum wird 20 Jahre alt. Symbolbild: M. Ahrendts / pixelio.de

Das Gutshaus Lichterfelde mit seinen zahlreichen Gruppenaktivitäten, das Kinder- und Jugendhaus am Immeweg, der JugendKulturBunker, das KiJuNa, der Kieztreff an der Celsiusstraße, das Seniorenzentrum Scheelstraße … all das sind Einrichtungen des Stadteilzentrums Steglitz. „Von der Wiege bis zur Bahre“ begleitet der Verein die Menschen im Lankwitzer und Lichtefelder Kiez. „Eigentlich fangen wir schon vorher an“, sagt Geschäftsführer Thomas Mampel und verweist auf das Netzwerk Frühe Hilfen. Mampel war es auch der vor 20 Jahren gemeinsam mit Freunden, Kollegen und Bekannten die Idee für das Stadtteilzentrum hatte.

„Es gibt eine offizielle und eine inoffizielle Gründungsgeschichte“, sagt Thomas Mampel lächelnd und beginnt zu erzählen – zunächst die offizielle Version. „Lankwitz war damals eine tote, langweilige Ecke“, sagt er. Für Senioren gab es die Diakonie, für Kinder Kita und Hort, aber „es gab nichts für Otto Normalverbraucher“. Ein Nachbarschaftstreff mit einem Cafe, wo man sich treffen konnte, Vorträge hören, ins Gespräch kommen – das fehlte im Kiez. Die Idee vom Stadtteilzentrum war geboren. Thomas Mampel war damals noch Student, stand kurz vor Abschluss seines Studiums an der Evangelischen Fachhochschule. Die Arbeitsplatzsituation für Sozialpädagogen war vor 20 Jahren – anders als heute – nicht besonders gut. Und so war das Stadtteilzentrum für ihn auch eine Möglichkeit, sich selbst einen Arbeitsplatz zu schaffen – das ist die inoffizielle Version der Gründungssgeschichte, gesteht Mampel lachend.

Ein kleiner Laden in Lankwitz war schnell gefunden, doch die Idee, mit ABM-Kräften zu arbeiten und dafür einen Mietkostenzuschus zu erhalten, scheiterte. Dem Enthusiasmus tat das keinen Abbruch. Diverse Gruppen, ein Kiezcafé, eine kleine Zeitung bot das Stadtteilzentrum an, sogar Existenzgründerkurse hatte es 1995 bereits im Angebot. „Wir machten viele Sachen, auf die wir einfach Lust hatten“, erinnert sich Mampel. Dann kam alles Schlag auf Schlag. Als die GSW 1996 die Belz-Lüdecke-Siedlung sanierte, kam das Unternehmen auf das Stadtteilzentrum zu und bat es, die soziale Betreuung der Siedlung und die Jugendarbeit im Kiez zu übernehmen. Im selben Jahr veranstalteten Mampel und sein Team die erste Stadtteilkonferenz. Dadurch übernahm man eine organisierende, koordinierende Rolle im Kiez, erinnert sich Mampel, und man sicherte sich einen guten Ruf – was zu weiteren Projekten führte. Wie die Eisbahn Lankwitz, die das Stadtteilzentrum 1998 übernahm. Der Bezirk habe lange einen Investor gesucht, der die große Fläche bespielen könnte. Als mal wieder ein Investor absprang, saß er gerade im Büro des Beziksstadtrates für Jugend und Sport, berichtet Mampel. Das Stadtteilzentrum entwickelte ein Konzept für eine sportorientierte Kinder-, Jugend- und Freizeiteinrichtung, sicherte eine Anschubfinanzierung für ein halbes Jahr – und bekam den Zuschlag. Es war das erste ausfinanzierte Projekt des Vereins. „Es kam jedes Jahr ein neuer Standort dazu. Heute sind es 20“, erzählt der 53-Jährige und ergänzt: „Es war eine Mischung aus Glück, Fleiß und Zufall.“

So war es auch bei einer der größten Herausforderungen für das Stadtteilzentrum. Seit wenigen Wochen betreibt es eine Flüchtlingsunterkunft in der Sporthalle an der Wedellstraße. Erfahrung in der Flüchtlingsarbeit konnte der Verein bereits sammeln, als er mehrere Monate lang die Notunterkunft an der Lippstädter Straße betreute und im September dieses Jahres die nachbarschaftliche Betreuung für die Containerunterkunft am Ostpreußendamm übernahm. Das Stadtteilzentrum gründete die Initiative „Steglitz hilft“ und nutzte soziale Medien, um ehrenamtliches Engagament und Spenden zu koordinieren. Darauf griff der Verein zurück, als er Mitte November die Kiriat-Bialik-Sporthalle übernahm.

Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) suchte händeringend nach Betreibern, berichtet Mampel. Und so meldete sich das Amt eines Tages auch bei ihm. „Wir haben gesagt, wir würden es machen, wenn es in der Nähe ist, damit wir das Heim an unsere vorhandenen Strukturen anbinden können.“ Man habe auf ein Haus gehofft, dass es nun eine Turnhalle ist, sei zwar nicht schön, doch verhindere die Unterbringung Obdachlosigkeit.

Eine Flüchtlingsunterkunft zu betreiben, ist eine Herausforderung, sagt Mampel, auch eine finanzielle. Mit fast 150.000 Euro geht der Verein monatlich in Vorleistung – und das auf den Anruf eines Lageso-Mitarbeiters hin. Das bereite ihm manchmal Bauchschmerzen, verrät der Geschäftsführer, schließlich trägt er die Verantwortung für 170 Mitarbeiter, die der Verein derzeit beschäftigt.

Und auch wenn es so scheint, dass es nichts gebe, was der Verein an sozialen und nachbarschaftlichen Angeboten nicht abdeckt, einen Wunsch hat Thomas Mampel schon noch: eine eigene Schule. Es soll eine Privatschule für sozial benachteiligte Kinder sein. Vorbild für ihn ist eine Weddinger Privatschule ausschließlich für Kinder aus Hartz IV-Familien. Das staatliche Schulsystem versage, es gebe keine ausreichende Ausstattung, sagt Mampel, der selbst Vater und mittlerweile auch Großvater ist. Der Staat investiere viel in die vorschulische Bildung, doch mit Schuleintritt ende dies, weil es an Personal und Geld fehle, kritisiert er. Er verweist auf die zahlreichen Kindertagestätten in freier Trägerschaft – das ist für ihn Vorbild für Schulen.

Derzeit allerdings ist die Schule noch kein konkretes Projekt. „Es fehlt einfach die Zeit“, gesteht Mampel. Vielleicht ja ein Projekt für die nächsten 20 Jahre.

(go)