Modellhaus im Museumsdorf Düppel: mh

Obwohl Zehlendorf als Gegenpol zum hektischen Treiben der Berliner Innenstadt gesehen werden kann, ist es doch ein Teil der Hauptstadt. Der rege Straßenverkehr, zahlreiche Geschäfte und moderne Einrichtungen machen es nicht leicht, sich vorzustellen wie Zehlendorf wohl im 12. Jahrhundert ausgesehen hat. Doch das Museumsdorf Düppel macht dies möglich. Hier, mitten im Grünen haben Archäologen die Hausgrundrisse einer mittelalterlichen Siedlung ausgegraben.

Bald darauf wurde das gesamte Dorf rekonstruiert. Auf den Grundrissen stehen nun Häuser, deren Ausstattung und Bauweise dem 12. Jahrhundert entspricht. Eingebettet in eine Landschaft aus authentischen Wäldern, Wiesen und Gärten nehmen sie den Besucher mit auf eine spannende Zeitreise. Mein Spaziergang durch das Museumsdorf beginnt mit dem obligatorischen Besuch der Ausstellung. Hier erfährt der Besucher Wissenswertes über das Leben mittelalterlicher Dorfbewohner. Wie betrieben die Menschen Landwirtschaft? Warum musste man zum Zubereiten von Speisen im offenen Feuer die sogenannten Kugeltöpfe verwenden? Wie sah die Erziehung der Kinder aus? Auf diese und weitere Fragen bekommen die Besucher Antworten und das in Texten und Bildern. So können sie zahlreiche, teilweise originale Gebrauchsgegenstände bewundern. Interessant sind auch die Geschichten sechs fiktiver Charaktere, die die gelesenen Fakten für den Besucher noch greifbarer machen. So lauscht man beispielsweise der Erzählung eines älteren Mannes, der eine Schale für seine Frau baut oder dem kranken Kind, das von seiner Familie spricht. Weiterhin liefert die Ausstellung spannende Einblicke in die Siedlungsgeschichte von Düppel und die Arbeitsweise von Archäologen. Außerdem informiert sie darüber, wie menschliche Aktivitäten über die Jahrtausende hinweg von klimatischen und ökologischen Bedingungen beeinflusst wurden und wie der Beeinflusste und die Beeinflusser heute ihre Rollen getauscht haben.

Als ich das Museum verlasse, treffe ich auf einen Familienvater aus Brandenburg. Ihm gefällt es, wie das Museumsdorf ausgestaltet ist. „Man hat das Gefühl, man ist in einem mittelalterlichen Dorf“, berichtet er. Außerdem sind er und auch seine Kinder begeistert von den zahlreichen Angeboten, die der Tag bietet, denn heute ist der zweite Tag der Sonderveranstaltung „Mythen, Mondschein, Märchenwelten“. Bereits am Vortag lockten zahlreiche Attraktionen Klein und Groß nach Düppel. Weiterhin bot der Abend spannende Eindrücke. Der Wald wurde bunt bestrahlt und die Gäste konnten eine Feuershow bewundern. Es gab Musik und man konnte sich in alchemistischen Experimenten ausprobieren. Auch heute herrscht ein buntes Treiben. Auf dem Dorfplatz, gleich hinter der Palisade, gibt es zahlreiche Attraktionen für große und kleine Gäste. Es wird Stockbrot gebacken und Kinder können in der Mit-Mach Schmiede dem Schmied dabei helfen, ein kleines Hufeisen aus Metall herzustellen. Daneben finden Vorführungen statt. Der Zauberer zeigt dem begeisterten Publikum seine Künste und auch der Gaukler sorgt für gute Stimmung.

Iris Schenk arbeitet beim mittelalterlichen Figuren-/ Erzähl-/ Erlebnistheater und ist heute im Museumsdorf zu Gast. Die Wände des Zeltes, in denen die Erzählveranstaltungen stattfinden, sind mit zahlreichen, selbst gestalteten Puppen behängt. Jede dieser Puppen steht für eine Figur aus einer mittelalterlichen Sage. Die Besucher, so erklärt Schenk, können während der Veranstaltung selbst mehrere Puppen auswählen, dessen Geschichten sie hören wollen. An diesem Tag finden mehrere solche Erzählveranstaltungen statt. Verkleidet als die Hexe Silberzweig erzählt Iris Schenk in einer solch mitreißenden Weise, dass ihre Veranstaltungen auch für Erwachsene ein besonderes Erlebnis sind. Ein weiteres besonderes Erlebnis ist es jedoch auch, die einzelnen mittelalterlichen Häuser genauer in Augenschein zu nehmen. Hierbei handelt es sich um modellhafte Wohn- sowie Arbeitshäuser. Der Besucher bekommt Schlafnischen, Feuerstellen und Sitzmöbel, aber auch wichtige Gebrauchsgegenstände zu sehen. So steht in einem der Häuser das Modell einer Handmühle, die die Bauern verwendeten um Mehl zu mahlen. In einer anderen Hütte kann man einen Webstuhl bewundern, während zugehörige Informationstafeln Auskunft über die Textilherstellung im Mittelalter geben.

Modellhaus Innenansicht im Museumsdorf Düppel: mh

Vor dem Haus des Korbflechters treffe ich auf Fritz. Fritz ist ehrenamtlich im Museumsdorf tätig und ist gerade dabei, einen Zaun zu bauen, der eine kleine Wiese schützen soll. Auf dieser, so Fritz, seien Schlüsselblumen gewachsen, die in Deutschland unter Naturschutz stünden. Er erzählt von weiteren seltenen Pflanzen, die im Museumsdorf zu Hause seien. Dazu gehören beispielsweise der Edelborsdorfer, eine Apfelbaumart, die bereits im Jahre 1175 in Böhmen erwähnt worden sei. Der Edelborsdorfer ist die älteste noch existierende Kulturapfelsorte Deutschlands. Tatsächlich entdecke ich auf meinem weiteren Rundgang einen solchen Apfelbaum. In den Gärten, die das Museumsdorf angelegt hat, gibt es eine Vielzahl von Pflanzen, die auch schon die Menschen im Mittelalter anbauten. Hierbei handelt es sich um Färbepflanzen, Heil- und Gewürzkräuter, Obstbäume sowie Gemüse. Auch alte Tierrassen sind zu beobachten. Es gibt Skudden, eine vom Aussterben bedrohte Schafrasse, zwei Hinterwälder Ochsen sowie die Düppeler Weideschweine. Zugehörige Informationstafeln geben Auskunft über typische Merkmale der Rassen und informieren unter anderem darüber, warum man im Mittelalter die Nutztiere grundsätzlich im Wald hielt.

Gleich bei den Weiden, etwas abseits vom Dorfplatz, lassen sich auch eine Schmiede, eine Drechslerei, eine Töpferei sowie eine Bronzegießerei bewundern. Wer die Zeitreise ins Mittelalter antritt, kann durchaus damit rechnen, auf die Dorfbewohner zu treffen. So sieht man beispielsweise nicht nur die Hütte des Korbflechters, sondern auch Menschen in mittelalterlicher Gewandung, die Körbe flechten. Möglich gemacht wird dies von den aktiven Mitgliedern des Fördervereins. Diese finden sich in Arbeitsgruppen zusammen, um sich mit mittelalterlichen Handwerkstechniken, zum Beispiel dem Weben, Schmieden oder Spinnen zu befassen. Natürlich ist nicht jede Hütte jeden Tag belebt. Aber vielleicht lässt gerade dies jeden Besuch zu einem einmaligen Erlebnis werden.

Das Museumsdorf Düppel hat von März bis November, Samstags, Sonntags und Feiertags jeweils von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Grundsätzlich beträgt der Eintrittspreis für Erwachsene 4 Euro, während ermäßigte Besucher 2,50 Euro, und Jugendliche bis 18 Jahre keinen Eintritt zahlen. Bei Sonderveranstaltungen können Preise sowie Öffnungszeiten jedoch abweichen. Das Museumsdorf bietet zahlreiche Sonderveranstaltungen und Projekte. So findet vom 25. bis zum 26. Mai, der Lange Tag der Stadtnatur statt. Laut Website wird hier „die Rolle des Menschen in seiner unmittelbaren Umwelt beleuchtet“. Der Besucher erfährt, wie sich die Veränderung der Böden durch den Menschen auf Wild- sowie Honigbienen auswirkt. Vom 8. Bis zum 10. Juni dreht sich, passend zum Herrentag, alles um die Bierkultur. So werden verschiedene Brauverfahren aus aller Welt vorgestellt- und auch probieren darf man.

Weitere Veranstaltungen und Informationen finden Sie auf der Website des Museumsdorfes
www.dueppel.de

Telefon:
030 8 02 66 71

Adresse:
Museumsdorf Düppel
Clauertstraße 11
14163 Berlin 

(mh)