Eiderstedter Weg 2 (eh. Prinz-Heinrich-Str.) 2017
Foto: Denkmalschutzberhörde Steglitz-Zehlendorf

„Ich halte es für falsch, im Baugewerbe die Arbeit der Frau zu betonen, kommt es doch nur auf die Qualität an …“ (1)

Emilie Winkelmann (geb. am 8. Mai 1876 in Aken an der Elbe) gilt als die erste Architektin in Deutschland. Ihr beruflicher Weg war in den Anfängen von vielen Stolpersteinen geprägt. Der Wunsch, Architektur zu studieren, hatte sich spät, erst im Alter von 27 Jahren erfüllt. Bis dahin absolvierte sie eine Zimmererlehre und fertigte im Baugeschäft ihres Großvaters Entwürfe und Zeichnungen an, die zu einer Fülle von Um- und Neubauten, u. a. eine große Ziegelei und eine Ölfabrik beitrugen.

Frauen waren bis zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts nicht zum (Architektur-) Studium zugelassen. Die Abkürzung des Vornamens „E.“ in der Bewerbung an der Technischen Hochschule Hannover führte dazu, dass Emilie das Studium als „Hospitantin“ absolvierte. Ein rechtsgültiger Abschluss wurde ihr verwehrt. Am Tag der Prüfung teilte man ihr mit, dass man sie nicht zum Staatsexamen zulassen werde.

Erst drei Jahre später ermöglichte man Frauen mit Erlass vom 14. April 1909 das Diplom-Zeugnis an Technischen Hochschulen. Zu diesem Zeitpunkt leitete Winkelmann bereits ihr eigenes Büro in Berlin, zeitweise mit bis zu 15 Mitarbeitern.

Emilie Winkelmann, o.D.
Foto: Stadtarchiv Aken

In den ersten vier Jahren (1908-12) ihrer Selbständigkeit entwarf und realisierte sie 26 Projekte, dazu gehörten Landhäuser, große Mietshäuser, Fabrikanlagen, landwirtschaftliche Gehöfte und öffentliche Gebäude. In kurzer Zeit avancierte sie zu einer anerkannten und wirtschaftlich erfolgreichen Architektin. Die Aufnahme in den Bund Deutscher Architekten (BDA) erfolgte mit Verzögerung erst 1928.

Winkelmann hat die Wünsche der Bauherrn in architektonisch machbare Planungen umgesetzt, bereits im Entwurf Details entwickelt, Kostenschätzungen nicht überzogen und durch sorgfältige Bauleitung die Gebäude in kurzer Zeit fertiggestellt.

Auch setzte sich Emilie Winkelmann für die Frauenbewegung ein, trat jedoch nicht als Aktivistin auf. Sie kümmerte sich um junge Frauen und baute das Viktoria-Studienhaus (heute Haus „Ottilie von Hansemann“, Otto-Suhr-Allee 18-20 mit dem Theater „Tribüne“), eine damals einmalige Wohn- und Bildungsstätte für Berliner Studentinnen. Ebenso sorgte sie für ältere Frauen: In Potsdam-Babelsberg (heute: Herrmann-Maaß- Straße 18/20) baute sie ein Wohnhaus für ehemals berufstätige alleinstehende Frauen. Sie setzte damit die Idee des schwedischen Malers Carl Larsson von dem „Haus in der Sonne“ um.

Nach dem Ersten Weltkrieg gingen die Aufträge zurück. Hinzu kamen die Folgen schwerer Erkrankungen, wie Schwerhörigkeit und Desorientierung. Da Winkelmann sich nicht in einer Partei engagierte, blieben öffentliche Aufträge aus. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten, die berufstätige Frauen diskreditierten, zog sich Emilie Winkelmann aus dem Berufsleben zurück.

Sie verließ Berlin 1942 und wohnte fortan bei Bernau auf Schloss Grünthal, das sie für die Gräfin von Saldern umbaute. Als die Russen vor den Toren standen, flohen die Frauen in die Nähe von Bielefeld. Ein Cousin der Freundin, Graf von der Schulenburg nahm sie auf Gut Hovedissen, wo sie bis zu ihrem Tod am 4. August 1951 auch blieb. Sie arbeitete weiter als Architektin, plante Um- und Ausbauten des Guts und kümmerte sich um Unterkünfte für Flüchtlinge.

Ihre baulichen Leistungen wurden hoch geschätzt und honoriert. Die Villen und Landhäuser, die Emilie Winkelmann entwarf und baute, galten bereits zu ihrer Entstehungszeit als modern und wurden in einem Zuge mit den Werken Alfred Messels und Hermann Muthesius‘ genannt.

In der Berliner Denkmalliste taucht sie mit sieben Häusern auf. An der Rehwiese in Nikolassee befindet sich das Landhaus Julie Meyer, Gerkrathstraße 4 in landschaftlich schöner Hanglage aus dem Jahr 1910.

Gerkrathstraße 4, 2013
Foto: Landesdenkmalamt Berlin

Ein heute eher seltener Anblick ist das Holzhaus, das sie in der Prinz-Heinrich-Straße 2 (heute Eiderstedter Weg) für den Bankier Bruno Gumpel 1909 in Schlachtensee (Zehlendorf) baute. Das Blockhaus besteht aus waagerechten verzapften Holzbohlen. Ein Vorbau als geschützter Freisitz und die Fassadengestaltung mit dezent verzierten Holzarbeiten, sowie die eigens von ihr entworfene Einfriedung als Staketenzaun auf einem Natursteinsockel veranschaulichen ihren Zugang zur Architektur über die Zimmerei.

Das Landesdenkmalamt prüft den Vorschlag, das Holzhaus der Architektin in der Denkmalliste zu verzeichnen.

Michaele Brunk

Denkmalschutzbehörde

(1) Emilie Winkelmann zit.in: Klara Trost: Die Frau als Architektin. In: Die Frauenfachschule Heft 28/1919, S. 569-572, hier S. 571.