Große Freude bei allen Beteiligten: Der jung und jetzt e.V. konnte mit Hilfe der Spendengelder seine Jugendnotmail modernisieren. Foto: Andrea Katheder/jung und jetzt e.V.

76.000 Euro kostete die Neuprogrammierung des Beratungsangebotes jugendnotmail.de. Zwei Jahre lang klopfte der Verein jungundjetzt e.V. und Träger des Projekts an viele Türen, um die Spendensumme aufzubringen. Mit Erfolg: Der Paritätische Berlin, Deutsches Kinderhilfswerk, Stadtteilzentrum Steglitz, Software AG-Stiftung, Schirmherrin Janina Uhse, Markenagentur kleiner & bold und viele private Spender  unterstützten das Projekt – finanziell und mit kostenfreien Leistungen. So konnte die Jugendnotmail mit neuen Features und einem Design, das sich den mobilen Endgeräten der Jugendlichen anpasst, online gehen.

Die stetig steigende Zahl der Notrufe, neue technische Sicherheitsstandards und das veraltete Webdesign machten eine Neuprogrammierung von Grund auf zwingend erforderlich. „Diese Erneuerung war längst überfällig, da uns der Fortschritt der Technologien nach 14 Jahren und der Ansturm der Notmails überrannt haben. Es war also nur noch eine Frage der Zeit, bis uns die Beratungs-Plattform zusammengebrochen wäre“, beschreibt Claudine Krause, Gründerin und 1. Vorsitzende von jungundjetzt e.V., die Situation.

76.000 Euro lautete der Kostenvoranschlag. Eine Summe, die eine gemeinnützige Organisation, die ein kostenloses Beratungsangebot im Netz anbietet und auf Spenden angewiesen ist, nicht aufbringen kann. „Ohne die vielen Förderer, Spender und Mitarbeiter, die sich über ihre normale ehrenamtliche Arbeit hinaus für den Neustart engagiert haben, hätten wir das nie geschafft“, so Krause. Schauspielerin Ulrike Frank, bekannt aus der TV-Serie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ und ehemalige Schirmherrin von jungundjetzt e.V., war begeistert: „Das ist wirklich eine Erfolgsgeschichte für gemeinschaftliches soziales Engagement. Ohne diese gesellschaftliche Verantwortung gäbe es JugendNotmail nicht.“

jungundjetzt e.V. lud zu der Vorstellung der neuen Website auch einige Schüler der Robert-Jungk-Oberschule Berlin ein, um ihre Meinung über JugendNotmail zu erfahren. Der 14-jährige Nikolai Schulz äußerte sich dazu:“ Mit seinen Eltern kann man häufig nicht reden. Eine anonyme Anlaufstelle im Netz macht das einfacher.“ Die 15-jährige Nadine Ziebart ergänzte: “Wenn ich mit meinen Freunden über Probleme spreche, höre ich viele Standpunkte. Danach bin ich noch verwirrter.

Mit der Neuprogrammierung wurden zusätzlich zur Einzel-Online-Beratung ein Themenchat und ein offenes Forum für die Ratsuchenden, aber auch neue Funktionalitäten für die Online-Berater eingerichtet, die den internen Austausch und die Reaktionszeiten auf Notrufe optimieren. Der Paritätische Berlin unterstützte den Relaunch mit 30.000 Euro. Andreas Schulz aus dem Referat Jugendhilfe ist überzeugt von dem Beratungskonzept und seiner Nähe zu der Internet-Generation: „Ein Blick in die Zahlen der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte oder von einer seelischen Behinderung bedrohte Kinder und Jugendliche reicht, um den Bedarf an Unterstützungsangeboten zu erkennen. Dazu ein zeitgemäßes und modernes Medium der Beratung anzubieten, erscheint uns notwendig und sinnvoll.“

Bereits seit zwölf Jahren ist jungundjetzt e.V. Mitglied im Paritätischen Berlin. Vor drei Jahren vermittelte Schulz den überaus wichtigen Kontakt zum Stadtteilzentrum Steglitz e.V. Geschäftsführer Thomas Mampel war sofort von der Arbeit des Vereins überzeugt und ging eine enge Kooperation mit ihm ein. “Hier können viele andere soziale Organisationen noch lernen, wie Kontaktaufnahme aber auch Kommunikation in der Begleitung junger Menschen heute funktioniert “, lobte Mampel.

Nicht nur der Paritätische Berlin und das Stadtteilzentrum Steglitz, sondern auch das Deutsche Kinderhilfswerk (mit 20.000 Euro), die Software AG-Stiftung (mit 13.000 Euro) und die Senatsverwaltung für Justiz mit dem Sammelfond für Geldauflagen (mit 3.500 Euro) förderten das Projekt „JugendNotmail reloaded“. Andere halfen mit umfangreichen kostenfreien Leistungen: So engagierte sich die Markenagentur kleiner & bold ein Jahr lang im Rahmen des Wettbewerbs „Brandstifter“, analysierte die Beratungsabläufe und formulierte strukturelle und inhaltliche Anforderungen an die Beratungsplattform. Richard Klemm produzierte ein Portrait über die Vereinsgründerin, und die Fotografin Andrea Katheder ist verantwortlich für die Teamfotos für die Vereinsseite.

Die rund 80 ehrenamtlichen Online-Berater sind geschulte Experten aus den Bereichen Psychologie und Sozialpädagogik, die rund um die Uhr für die Sorgen und Nöte von jungen Menschen da sind. Depressionen stehen dabei an erster Stelle, gefolgt von Selbstverletzungen, Essstörungen, Suizidgedanken und familiären Problemen. Seit Bestehen wurden bereits über 90.000 Hilferufe beantwortet. Monatlich treffen bis zu 1.000 Notrufe ein und die Zahl neuer Zuschriften ratsuchender junger Menschen steigt kontinuierlich an.

(sn)