(v.l.n.r) Barbara Dieckmann, Anne Jeglinski, Barbara Rehbehn, Rita Süssmuth, Günther Schulze, Dietmar Flemer und Ingrid Alberding beim Fachtag „Kosmos Mittelhof“ in der Villa Mittelhof. Foto: Baumann

Anlässlich des 70-jährigen Jubiläums hatte das Stadtteilzentrum Mittelhof am Freitag, den 15. September zu einem Fachtag eingeladen. Unter dem Titel „Kosmos Mittelhof“ hatten die Besucher an diesem Tag die Gelegenheit, den Verein mit allen seinen Angeboten kennenzulernen und Fachbeiträge zu aktuellen Themen der Sozialen Arbeit zu hören. Ehrengast der Veranstaltung war Prof. Dr. Rita Süssmuth. Die Bundestagspräsidentin a.D. sprach über Demokratie, Integration und die Chancen, die die Zuwanderung mit sich bringen kann.

„Man hört und liest oft, dass es nur wenige Flüchtlinge gibt, die ‚qualifiziert genug’ sind, anstatt zu gucken, welches Potenzial in den anderen steckt“, sagte Prof. Dr. Rita Süssmuth bei ihrer Rede in der Villa Mittelhof in der Königstraße in Zehlendorf. Die ehemalige Bundestagspräsidentin und eine der ersten Frauen, die ein Ministerium übernahmen, erinnerte auch an eine Zeit, in der die gleiche Annahme für Frauen galt. „Früher dachte man auch, dass es keine Frauen gibt, die in die Politik, Wirtschaft und überhaupt in die Erwerbstätigkeit gehen können“, so Süssmuth. „Heute wissen viele junge Frauen gar nicht mehr, was damals für Unsinn gedacht wurde.“ Man könne nur hoffen, dass die Einsätze, die heute hier vorgestellt wurden, nicht nur weiter bestehen, sondern auch wachsen. Dabei deutete Süssmuth auf weitere Referenten der Veranstaltung, die an diesem Tag mit ihr die Bühne teilten.

Mehrere Akteure der Sozialen Arbeit in Steglitz-Zehlendorf und anderen Berliner Bezirken sind der Einladung des Mittelhofs gefolgt und stellten an diesem Freitag auf dem Podium ihre Arbeit vor: mit dabei Barbara Dieckmann vom Welcome-Projekt des Mittelhofs, zur Förderung von beruflicher Integration von Geflüchteten und Zugewanderten, Günther Schulze vom Willkommensbündnis Steglitz-Zehlendorf, Anne Jeglinski vom Paritätischen Wohlfahrtsverband, Barbara Rehbehn vom Verband für sozial-kulturelle Arbeit (VskA) und ein ehrenamtlicher Pate für Geflüchtete, Dietmar Flemer. Moderiert wurde die Diskussion von Gerald Saathoff, dem Leiter der Villa Mittelhof.

Fünf Minuten Zeit hatten die Referenten, um ihre Arbeit vorzustellen und besondere Erfolge aber auch Probleme zu benennen. Doch fast keiner von ihnen konnte sich an die vorgegebene Zeit halten, zu vielseitig sei die Arbeit im Bereich der Integration. Während Anne Jeglinski vom Paritätischen Wohlfahrtsverband den Focus auf die Verbandsebene legte und über die Rolle der Vernetzung zwischen den Initiativen, Verbänden und Behörden berichtete, erzählte Dietmar Flemer, der sich als ehrenamtlicher Pate engagiert, über zwei seiner Schützlinge und über ihre ganz persönlichen Erfahrungen mit dem Thema Integration. Über die Rolle des ehrenamtlichen Engagements erzählte Günther Schulze vom Willkommensbündnis Steglitz-Zehlendorf. Auch wenn die Zahlen der Geflüchteten zurückgegangen seien, sei die Arbeit der Ehrenamtlichen nach wie vor unverzichtbar. Es gebe noch so vieles, was man für eine gelungene Integration machen könne, so Schulze. „Lassen Sie sich nicht entmutigen. Bei der Willkommenskultur ist noch viel Luft nach oben.“

Neben der Integration sprachen die Referenten auch über das Thema Demokratie und über die Herausforderung, demokratische Werte zu vermitteln. „Die Amerikaner haben damals auch gezweifelt, ob sie aus diesem Nazi-besetzten Land eine Demokratie machen können“, brachte Rita Süssmuth die Aufgabe, die nun vor Deutschland liege, auf den Punkt.

Nach der Podiumsdiskussion konnten die Besucher sich selbst in die Rolle von Geflüchteten, aber auch ehrenamtlich Engagierten, Senioren oder pflegenden Angehörigen hineinversetzen. Die Gäste bekamen am Empfang eine „Identität“, deren Bedürfnissen sie dann nachgehen „sollten“. An den verschiedenen Stationen, verteilt auf dem Gelände der Villa, konnten sie sich über die zu ihrer Figur passenden Angebote informieren und so die Arbeit des gemeinnützigen Vereins auf spielerische Weise kennenlernen.

(eb)