Fischtalpark in Zehlendorf

Es hat geschneit! Den Schlitten nehmen und auf geht’s ins Fischtal! Mit den anderen Kindern aus der Zinnowwald- oder Mühlenau-Schule. Den Rodelhang hinunter sausen! Damals wie heute ein Wintervergnügen. Der Rodelhang ist geschickt in den Rand des birnenförmig aufgeweiteten südlichen Teil der 1925-1929 vom damaligen Gartenamtsleiter Max Dietrich vollendeten Parkanlage integriert worden. Der schlauchförmige nördliche Abschnitt schließt direkt an die, die beiden Parkteile trennende Riemeisterstrasse an.

Die Anlage liegt in einer ehemaligen eiszeitlichen Rinne, zu der auch der Thielpark und der Schwarze Grund gehören. Eine Schlucht im einst umgebenden Wald. Auf der feuchten Waldweide haben früher Bauern ihre „Viecher“ weiden lassen. Und vor den plündernden Soldaten in Kriegszeiten versteckt, die durch Zehlendorf zogen. „Viechtal“ soll die Weide seinerzeit geheißen haben. Später wurde sie dann Fischtal oder auch Fischtalgrund genannt. Gefischt wurde im damaligen eiszeitlichen Pfuhl aber wohl nie. Die flache „Pfütze“ war nur Tränke für das Getier.

Als Bauland war und ist die eiszeitliche Rinne aufgrund ihrer schlechten Baugrundeigenschaften ungeeignet. Bereits 1910 wurde im Jansen-Plan inmitten der vorgesehenen Villenbebauung ein Grünzug ausgewiesen. Untereinander verbunden sollten weitläufige Parkanlagen den städtebaulichen Missständen in der rasant wachsenden Millionen-Metropole entgegenwirken.

Die Landschaftsplaner der Reformbewegungen wendeten sich ab vom repräsentativen „Schmuckgrün“ hin zu „sanitärem“ und sozialem Grün: Bewegung, Spiel und Sport, aber auch kulturelle Darbietungen und Feste sollten neben Erholung und Landschaftsgenuss bei der Gestaltung im Vordergrund stehen. Emil Schubert, Zehlendorfs erster Gartendirektor, entwickelte 1912 das Konzept für die Parkanlage. In Abkehr von der Lenné-Meyerschen Tradition der Landschaftsgartengestaltung, vorhandene Landschaftsbilder durch eine Vielzahl kleinteiliger, abwechslungsreicher Szenerien zu steigern, vertrat Schubert bei der Gestaltung des Fischtals einen neuen Planungsansatz: Der natürliche Charakter der Landschaft sollte erhalten und durch Bodenmodellierung, Wegeführung und Bepflanzung herausgearbeitet und nutzbar gemacht werden. Die märkische Landschaft diente als Vorbild.

Die vorhandenen Waldbäume wie Kiefer und Birke und die Nähe des Grunewaldes waren prägend für das entstehende Waldtal. Die äußeren Längsseiten der Parkanlage wurden dicht mit dunkelgrünen Douglasien und Schwarz-Kiefern bepflanzt, um die umgreifende Bebauung zu verdecken. Sie stehen im Kontrast zu den bestehenden und zusätzlich in lichten Gruppen gepflanzten Birken, den Robinien und Weiden. Die Verwendung von Bäumen und Sträuchern in getrennten, artgleichen Gruppen, die sich kontrastreich im Blattgrün, in der Stammfarbe und Rindenstruktur unterscheiden, ergibt eine flächige, vielfarbige Raumgestaltung und erinnert an expressionistische Malerei.

Die nördliche Talmulde wird durch eine sanfte Vertiefung mit steiler Modellierung der Ränder und gehölzfreien, frischgrünen Wiesen hervorgehoben. Der im südlichen Parkteil, im Talgrund liegende Pfuhl wurde mittig verlegt, vergrößert und lediglich mit Schilf umpflanzt. Ein Landschaftsspiegel. Heute ist die Wasserfläche des Teiches durch zu üppig gewordene Ufergehölze nur stellenweise einsehbar. Die weitläufigen Wiesenbereiche des südlichen Parks mit leichten Anstiegen zu den Rändern beleben wenige Solitärbäume und Baumgruppen.

Das Wegesystem sollte ein optimales Erleben der Landschaft ermöglichen: Weite Blicke in die „schöne Natur“ des Tales. Die Wege passen sich in Führung und Höhenlage dem Gelände an. Während vom oberen Rand der Talmulde zwei gerade Wegeläufe den Nordteil erschließen, bildet ein Rondell den Zugang zum südlichen Park. Es ist der einzige mit mächtigen Eichen regelmäßig gestaltete Teil der Anlage von dem zwei Wege auf die Höhengrate führen, ein dritter geradlinig zum Teich. Eine querende Verbindung schafft einen Rundweg vom Rand durch das Tal und leitet zur Riemeisterstraße. Durch eine geschickte Höhenabwicklung ist die natürliche Bodenschwelle erst beim Überqueren der Straße wahrnehmbar.

Der Erste Weltkrieg verhinderte zunächst die Umsetzung der Planung von Emil Schubert. Über Notstandsprogramme zur Beschäftigung der vielen Arbeitslosen wurden die ersten Bäume 1919 gepflanzt. Ab 1925 erfolgte die Gestaltung der Parkanlage durch Max Dietrich, der sich weitestgehend an die Planung seines Vorgängers hielt. Seit der Entstehungszeit gibt es am südlichen Rand des Parks einen kleinen Spielplatz, daneben steht seit 1939 eine hölzerne Schutzhütte. Heute dient sie mitunter als Partylocation, leider mit unerfreulichen Hinterlassenschaften, auch auf den angrenzenden Wiesen.

Fischtalpark

Für die Bewohner der Endes der 1920er Jahre errichteten Siedlungen „Am Fischtalgrund“ und „Onkel-Tom“ liegt die Parkanlage, „die märkische Landschaft“, praktisch vor der Haustür. Ein grandioses Wohnumfeld zum Ausruhen auf Parkbänken, zum Spazierengehen und Sonnenbaden, Spielen, Toben, Sport. Zu jeder Jahreszeit.

Legendär waren die Anfang der 1930er Jahre begonnenen Fischtalfeste der organisierten Anwohner. Man zog mit geschmückten Pferdefuhrwerken durch die Straßen und feierte in der Parkanlage. Das letzte Fest fand 2012, unter Regie des Kinder- und Jugendbüros Steglitz-Zehlendorf statt.

Text: Uwe Schmohl
Redaktion: Dr. Jörg Rüter
Fotos: Denkmalschutzbehörde, Heimatarchiv Zehlendorf