Für Empörung sorgt das Plakat der AfD gegenüber einer möglichen Flüchtlinhsunterkunft an der Goerzallee. Foto: Gogol

Noch ist, laut Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso), keine Entscheidung gefallen, ob in zwei ehemaligen Fabrikgebäuden an der Goerzallee eine Flüchtlingsunterkunft eingerichtet werden soll. Doch die Bauvoranfrage beim Bezirksamt sorgt anscheinend bereits für Unruhe bei den Anwohnern.

So soll bei den in der Bezirksverordnetenversammlung vertretenen Fraktionen Briefe eingegangen sein, in denen die Anwohner gegen die Einrichtung eines Heims protestierten, weil sie befürchten, dass der Wert ihrer Häuser und Grundstücke sinke, berichtet Alf Jarosch, Gebietsbeauftragter der Piraten. Auch Carsten Berger von der Grünen-Fraktion bestätigt, dass ein Brief eingegangen ist. Er rechnet aber mit weiteren, wenn die Berichterstattung darüber zunimmt. Norbert Buchta, Fraktionsvorsitzender der SPD, berichtet, dass sich im Stadtplanungsausschuss die Gründung einer Bürgerinitiative gegen das mögliche Flüchtlingsheim angekündigt haben. Bei der CDU-Fraktion waren solche Briefe bisher nicht bekannt.

Die Sorgen der Anwohner scheint auch die Die Alternative für Deutschland (AfD) für ihren Bundestagswahlkampf nutzen zu wollen. Sie plakatierte auf einer großen Werbefläche gleich gegenüber des möglichen Standorts den Slogan „Einwanderung braucht strikte Regeln“. Eine Aktion, die bei den anderen Parteien in der BVV auf Ablehnung stößt. Er sei geschockt gewesen, als er dies gesehen habe, so Jarosch. Berger meint dazu, dass seine Partei für eine Willkommensklima sei. Bei solch einem Plakat direkt vor der Nase aber fühle sich wohl niemand willkommen. Für Buchta ist das „rechte Stimmungsmache. Das ist unanständig“. Damit begebe sich die AfD auf NPD-Niveau.

Hans-Joachim Berg, AfD-Direktkandidat für die Bundestagswahl, will sich zu dem Thema nicht äußern. Als Grund für sein Schweigen gibt er an, massiv von den Piraten bedrängt worden zu sein, das Plakat zu entfernen.

Gegen einen Standort an der Goerzallee hat auch Günther Schulze etwas einzuwenden. Er ist Vorstand des Beirats für Integration und Migration in Steglitz-Zehlendorf und Mitglied des Netzwerks Integration Südwest. Er lehnt Massenunterkünfte für Flüchtlinge grundsätzlich ab. Zudem käme eine Unterbringung in einem Industriegebiet einer Stigmatisierung gleich. Dort wären die Flüchtlinge außerhalb des sozialen Lebens untergebracht, so Schulze, der auf das Flüchtlingsheim an der Klingsorstraße verweist. Dies liege im Wohngebiet, unter anderem in Nähe zu einem Seniorenheim. Dort gebe es Austausch und soziale Interaktion. Das sei an der Goerzallee nicht gegeben. Ein Heim dort könne „maximal eine Notlösung sein“. Schulze wirft zudem Bezirk und Senat vor, dass der Beirat in dieser Sache nie gehört wurde und man keine Alternativen geprüft habe.

Auf der Tagesordnung der Bezirksverordnetenversammlung am Mittwochabend steht das Flüchtlingsheim gleich mehrfach. So gibt es eine Große Anfrage sowie den Antrag der SPD-Fraktion, „bei jeder in Zukunft frei werdenden geeigneten Liegenschaft die Schaffung einer eigenen neuen Einrichtung zur Unterbringung von Flüchtlingen“ zu prüfen. Die Grünen-Fraktion stellt den Antrag, so schnell wie möglich eine Informationsveranstaltung für die Anwohner anzuberaumen, um sie aufzuklären, was am Standort Goerzallee passieren soll.

Ob es an der Goerzallee eine Flüchtlingsunterkunft geben wird, ist abhängig von einer Prüfung durch das Bezirksamt. Erst wenn es eine positive Bestätigung gibt, wird das Lageso dort aktiv werden. „Vor Anfang 2014 ist mit einer Realisierung nicht zu rechnen“, so eine Sprecherin des Landesamtes auf Anfrage.

(go)