Ein Stückchen Heimat – das ist für viele Steinstückener der dortige Bürgerverein. Seit 35 Jahren lenkt Günter Roßnagel als Vorsitzender die Geschicke des Vereins. Am Dienstag wurde er für sein Engagement mit der Verdienstmedaille der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.

Am 14. März 1980 gründeten Günter Roßnagel und 15 weitere Steinstückener den Verein, damals noch als Kleintierzüchterverein, erzählt Roßnagel, der eigentlich aus Heidelberg kommt. Seine Frau ist Berlinerin. Er folgte ihr nach Steinstücken. Über die Kanninchenzucht kam Roßnagel in Kontakt mit dem Wirt des Gasthauses „Zum Taubenschlag“ und anderen Kleintierzüchtern. Die waren damals noch Mitglieder im Verein in Wannsee. 1980 gründeten die Steinstückener ihren eigenen Verein. Über die Jahre kamen dann verschiedene Angebot für kleine und große Steinstückener dazu, heute gibt es eine Yoga-Gruppe, einen Chor, es wird gemalt, gekegelt und Karten werden gespielt. Doch nicht dafür gab es die Auszeichnung, sondern für die Pflege der deutsch-amerikanischen Freundschaft, der sich der Verein und vor allem sein Vorsitzender Günter Roßnagel verschrieben haben.

Steinstücken war eine Exklave West-Berlins auf dem Territorium der DDR. Die US-Streitkräfte unterhielten bis zur Öffnung der ersten Straße nach Steinstücken im Jahre 1972 dort einen festen Wachpunkt. Eine Zeit lang konnten die GIs nur per Luftweg nach Steinstücken kommen, weil sie die DDR-Kontrollpunkte am Boden nicht passieren durften. Davon zeugt in Steinstücken heute noch der Landeplatz mit zwei Rotorblättern als Denkmal. Der Kontakt zu den Einwohnern war eng, jedes Jahr wurde gemeinsam ein Sommerfest gefeiert. Nach dem Mauerfall und vor dem Abzug der Alliierten landete bei diesen Festen auch der ehemalige Versorgungshubschrauber der US-Streitkräfte. Mit dem Stabskommandanten habe er noch einen letzten Flug über die DDR unternommen, kurz bevor es sie nicht mehr gab, erinnert sich Roßnagel. Und auch wenn die GIs 1994 abzogen, der Kontakt blieb und wird bis heute gepflegt. So findet jedes Jahr an Christi Himmelfahrt eine Memorialparty im Gedenken an die Hilfe der US-Streitkräfte statt, mit dem einstigen Hubschrauberpiloten Douglas Powell verbindet Roßnagel eine Freundschaft, es gibt regelmäßige Besuche und Gegenbesuche, auch der Vater des Rosinenbombers, Gail Halvorsen, war Gast des Vereins in Steinstücken.

Doch das ist nur ein Teil von Roßnagel Verdienst. „Nach dem Mauerfall hat sich Herr Roßnagel als Vereinsvorsitzender schließlich darin verdient gemacht, Berliner und Potsdamer auf dem Vereinsgelände in Steinstücken zusammenzubringen. Ferner hat er sich auch in die Arbeit der Potsdamer Vereine eingebracht und diese tatkräftig unterstützt. Hierzu zählt unter anderem die Kooperation mit dem Förderverein Jagdschloss Stern-Parforceheide e.V. aus Potsdam“, heißt es in der Begründung des Bundespräsidenten. „Er hat auf ganz persönlicher und menschlicher Ebene zur Verständigung zwischen Ost und West sowie zum Zusammenwachsen Potsdams mit dem Süden Berlins beigetragen“, heißt es weiter.

Und so sind natürlich auch Vertreter aus Potsdam dabei, als Bezirksbürgermeister Norbert Kopp (CDU) Roßnagel am Dienstagnachmittag in Steglitz den Verdienstorden an die Brust heftet. „Er hat uns ungeheuer unterstützt“, sagt Gabriele Kallabis, Gründungsmitglied des Fördervereins Jagdschloss Stern-Parforceheide e.V. Viel Geld habe der Bürgerverein ihnen überwiesen – Geld, das er aus eigener Kraft auftrieb. Der Bürgerverein Steinstücken sei dem Bezirk nie zur Last gefallen, sagt Roßnagel in seiner Rede. „Wir haben nie um eine Mark oder einen Euro gebettelt“, so der Steinstückener, der bisher eine Anerkennung der Arbeit des Vereins durch den Bezirk vermisst hatte. Keiner frage mal nach, ob es Probleme gebe, moniert Roßnagel. Eine Kritik, für die Kopp Verständnis zeigt. Er würdigt vor allem die deutsch-amerikanische Freundschaft, die eine große Rolle im Vereinsleben spielt. „Wir dürfen nicht vergessen, was die Amerikaner für unsere Freiheit getan haben“, sagt Kopp. „Die Amerikaner haben viel für uns getan. Ohne sie wäre Steinstücken zu Potsdam gekommen“, erklärt Roßnagel, warum ihm die Pflege dieser Beziehung so wichtig ist.

 (go)