Für ihr Engagement und ihren Mut, sich dem „Ungeist des heutigen Nationalsozialismus’“, wie es Exit-Mitbegründer Bernd Wagner nannte, entgegenzustellen wurden am Sonntag im Steglitzer Schlosspark-Theater fünf Menschen als Exit-Botschafter ausgezeichnet.

Seit 2000 hilft die Ausstiegsorganisation „Exit“ Menschen dabei, den Rechtsextremismus hinter sich zu lassen und ein neues Leben aufzubauen. Mehr als 500 Ausstiege begleiteten die Mitarbeiter in den vergangenen 13 Jahren. Und doch stand das Projekt kurz vor dem Aus.

Exit-Mitbegründer Bernd Wagner überreichte die Auszeichnung an die drei Stern-Redakteure. Fotos: Gogol

Von Anfang an unterstützt wird Exit vom Stern, für dessen Redaktion stellvertretend Andreas Petzold, Hans-Ulrich Jörges und Exit-Mitbegründer Uli Hauser die Auszeichnung entgegen nahmen. Journalisten müssten gesellschaftliche Missstände offenlegen und kritisieren, sagte Chefredakteur Petzold. Das Anwachsen rechter Gewalt seit der Wiedervereinigung sei ein solcher Missstand. Einer, dem bis heute 183 Menschen zum Opfer gefallen seien. Teilweise habe der Staat sein Gewaltmonopol aufgegeben, kritisierte Petzold. Exit mache den Menschen Mut, sich gegen die Gewalt der Nationalsozialisten zu stellen. Laudator Wagner lobte die Unterstützung des Sterns als „tätige Demokratie“.

Anja Stubbe zeigte, dass man auch mit kleinen Aktionen viel erreichen kann.

Dass die Arbeit des Projekts weitergehen kann, dafür setzte sich Anja Stubbe ein, eine weitere Preisträgerin. Als die Bremer PR-Referentin erfuhr, dass die Ausstiegsorganisation keine Förderung durch den Bund mehr erhalten sollte und damit kurz vor dem Aus stand, startete sie die Online-Petition „Save Exit“, mit der sie sich an Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) wandte. Innerhalb von nur neun Tagen sammelte sie 5.463 Unterschriften. Dann war die Petition beendet, weil der Bund die Organisation weitere finanzielle Unterstützung zusagte. Mit ihrer „ehrlichen Empörung“ habe Stubbe gegen eine „leidenschaftliche Gleichgültigkeit“ gesiegt, so Laudator Fabian Wichmann von Exit. Ihr Engagement sei ein Zeichen dafür, dass man auch mit kleinen Aktionen viel erreichen könne.

Irmela Mensah-Schramm entfernt seit 27 Jahren Nazi-Propaganda. Dafür wurde sie als Exit-Botschafterin ausgezeichnet.

Kleine Aktionen sind auch die von Irmela Mensah-Schramm, für die die 68-Jährige vielfach ausgezeichnet, aber auch beschimpft und bedroht wurde. Mensah-Schramm entfernt neonazistische Propaganda im öffentlichen Raum, egal ob Aufkleber oder Schmierereien. Und das bereits seit 27 Jahren. Da sie die Propaganda auch dokumentiert, ist daraus mittlerweile ein großes Archiv geworden, das sie Exit zur Verfügung stellte. Diese „Sinnzeichen“, wie Daniel Köhler die Symbole nannte, markierten im öffentlichen Raum, wer wo etwas zu sagen habe. In vielen Teilen der Gesellschaft würden rechte Symbole toleriert und als normal betrachtet werden. Diese Zeichen zu entfernen, sei ein täglicher „Raumkampf“, der zeigen soll, dass sie nicht von allen Menschen hingenommen werden.

Bei den Nationalsozialisten und Rassisten bringe es nichts, sie für ihre Straftaten einfach nur einzusperren, erklärte Diplom-Kriminalist und Ex-Kriminaloberrat Wagner aus Erfahrung. Man müsse bei diesen Menschen eine Veränderung im Kopf bewirken. Deshalb suche man das Gespräch mit ihnen, versuche ihnen zu zeigen, welchen „menschenfeindlichen“ Weg sie eingeschlagen hätten und ihnen den Wert der Freiheit näher zu bringen.

Gastgeber Dieter Hallervorden unterstützt die Organisation gern. „Persönliche Freiheit ist das höchste ideelle Gut“, sagte er. Doch es müsse einhergehen mit Verantwortung. Deshalb müsse man all jenen entgegentreten, die von rechts – oder auch links – die Freiheit gefährden. „Man darf nie unterschätzen, was eine kleine, engagierte Gruppe von Menschen erreichen kann – das gilt für beide Seiten. Ich hoffe, dass unsere Seite die stärkere sein wird“, so Hallervorden weiter. „Die Rechten gehören in ihre Schranken verwiesen.“

(go)