In der August-Zeune-Schule diskutierten Stefanie Remlinger, Thomas Heilmann, Susanne Vieth-Entus, Michael Arndt und Gerald Claus-Brunner (von links) mit Eltern über den Zustand der Schulen in Steglitz-Zehlendorf.

Bilder sind eine starke Waffe – und so begann die Podiumsdiskussion über die Zukunft der Schulen im Bezirk Steglitz-Zehlendorf mit Bildern aus dem Wunschzettel-Adventskalender des Bezirkselternausschusses (BEA). Pflanzen, die sich von außen ins Schulgebäude ranken, Schimmel- und Wasserflecken, Toiletten, die man nicht benutzen kann, veraltete Rohre, bröckelnder Putz – wer noch nicht wusste, wie ein Sanierungsstau von mehr als 400 Millionen Euro aussieht, am Montagabend erhielt er einen Eindruck davon.

Doch der BEA hatte nicht eingeladen, um über den Ist-Zustand zu sprechen, sondern um mit den Verantwortlichen nach Lösungen zu suchen. Dazu hatten auf dem Podium die Mitglieder des Abgeordnetenhauses Gerwald Claus-Brunner (Piraten), Michael Arndt (SPD) und Stefanie Remlinger (Grüne) sowie Senator Thomas Heilmann (CDU) Platz genommen.

Es sei zu wenig Geld im System, so Heilmann. Das werde jetzt zwar besser, weil die Konjunktur anlaufe und die Arbeitslosenzahlen sinken. Doch die Unterfinanzierung sei chronisch. Der jährliche Bedarf für die Unterhaltung der Schulgebäude liegt bei 200 Millionen Euro – zur Verfügung stehen allerdings nur 80 Millionen Euro.

Das Problem sei aber nicht allein finanzieller Art, so Heilmann. Das zeige zum Beispiel die Tatsache, dass Steglitz-Zehlendorf 2014 gar nicht alle Mittel verbrauchen konnte. „Das System ist nicht in Ordnung“, befand der Senator. Die Schnittstellen seien unsinnig organisiert, der Koordinationsaufwand zwischen den verschiedenen Abteilungen auf Landes- und Bezirksebene viel zu hoch. Die Zuständigkeiten müssten dezentralisiert werden, forderte er. Das bedürfe allerdings einer Verfassungsänderung.  „Wir geben zwar mehr Geld ins System, aber das bringt nur punktuelle Hilfe. Das Grundproblem ist damit nicht gelöst“, erklärte der vierfache Vater.

Ähnlich sah das auch Remlinger. „Wir müssen das System reformieren, statt Geld in kaputte Schläuche zu pumpen“. Was sie forderte, ist Transparenz. Es müsse klar sein, wie viel Geld in die Sanierung der Schulen fließt und ob es auch wirklich da ankommt, wo es hin soll. Einige Bezirke würden die zugewiesenen Mittel zur Schuldentilgung oder zur Verbesserung des Jahresabschlusses verwenden. Das müsse verhindert werden. Deshalb forderte sie, dass die Gelder vor anderen Zugriffen abgeschirmt werden .

Ein weiteres Problem: Es fehlt an Personal —  das Personal, das in den vergangenen Jahren in den Bezirksämtern massiv abgebaut wurde. Wie Heilmann auf Nachfrage aus dem Publikum bestätigte, dauere ein Besetzungsverfahren im öffentlichen Dienst neun Monate. „Der Amtsschimmel wiehert da an jeder Stelle“, sagt er. „Wir erledigen keine bauliche Maßnahme mit eigenem Personal“, führte Bezirksstadtrat Michael Karnetzki aus. Das eigene Personal überprüft lediglich die Planungen und Umsetzungen der freien Architekten. Und da liege das größte Problem: in der Abstimmung untereinander. Hinzu käme, dass die Aufgaben für die Bauabteilung gewachsen seien, der Personalbestand aber nicht.

Bezirksstadrätin Cerstin Richter-Kotowski forderte zudem eine Überarbeitung der Vorschriften für das öffentliche Bauen, die es kompliziert und vor allem langwierig machten. Strafzahlungen bei Verzug oder Boni-Zahlungen seien auf Bezirksebene nicht möglich. Schwarze Listen – Fehlanzeige. Die Honorare der Architekten beliefen sich auf 25 Prozent der Bausumme – kein Wunder, dass die dann ständig überzogen werde.

Die Kompetenzen vor Ort zu nutzen, sei wichtig, betonte Heilmann, der ähnlich wie in seinem Ressort ein Mietermanagement für Schulen aufs Tapet brachte, eine Art BIM (Berliner Immobilien Management GmbH) für die Bezirke regte Moderatorin Susanne Vieth-Entus an.

Claus-Brunner erklärte, er schäme sich für die Situation an den Schulen und erklärte, man müsse besser schauen, wo Geld unnötig ausgegeben wird. Als Beispiele nannte er den Flughafen BER, die Berliner Olympia-Bewerbung und das gescheiterte Sarazenu-Projekt in Steglitz-Zehlendorf. Zudem zahle das Land zu viele Zinsen für die Schulden.

Die Stimmung im Publikum war aufgeheizt und brach sich irgendwann Bahn. Keine schönen Worte erwarte man, sondern dass etwas passiere – und zwar bevor die eigenen Kinder im Rentenalter sind, forderte ein Vater. Eine Mutter zeigte sich erschüttert, dass die Diskutanten keine Lösungsansätze hätten. Es fehlten kreative Ideen, hieß es von einem anderen Vater. Ein Mitglied des Förderausschusses der Fichtenbergschule platzte der Kragen, als Arndt Zweifel an der Höhe der benötigten Sanierungsgelder in Steglitz-Zehlendorf äußerte. Es sei 20 Jahre nichts an dem Gebäude gemacht worden, nicht einmal ein Fenster gestrichen. Kein Wunder, dass es dann irgendwann herausfalle. Die Infrastruktur des Schulhauses zerfalle. Der Förderverein habe in Eigenregie 20 Räume renoviert. „Das ist Staatsaufgabe“, echauffierte er sich.

Dass die Botschaft, wie dringend notwendig eine Sanierung der Schulen ist, in Abgeordnetenhaus und Senat angekommen ist, daran zweifelt Heilmann. Das machte auch die Moderatorin deutlich. Sie berichtete mehrfach von einem Gespräch mit dem neuen Finanzsenator, dessen Priorität anscheinend bei der BVG liege und nicht bei den Schulen.

(go)