Präsident von Hertha 03 Zehlendorf Kamyar Niroumand, Foto: Kerstin Kellner

Viele Experten erwarten von der am Freitag startenden Oberliga-Saison 2018/19, dass sie einen spannenderen Verlauf nehmen wird, als in den letzten beiden Jahren, als jeweils ein Team (2017 VSG Altglienicke, 2018 FSV Optik Rathenow) die Liga dominierte und es für die anderen Mannschaften lediglich um die „goldene Ananas“ ging.

Mit Aufsteiger Sp.Vg. Blau-Weiß 90, Tennis-Borussia, SV Lichtenberg 47 und dem Regionalligaabsteiger TSG Neustrelitz gibt es mindestens vier Titelkandidaten. Das Fachblatt „Fußball-Woche“ stuft die „kleine“ Hertha aus Zehlendorf in das Verfolgerfeld ein. Was Hertha-03-Präsident Kamyar Niroumand von seiner personell stark veränderten Mannschaft hält, wer für ihn zu den Topfavoriten gehört und was er sich von der Saison erhofft, verriet er am Dienstagabend in einem Gespräch:

Über Zehlendorfer Zu- und Abgänge

„Wir hatten im Sommer tatsächlich viele Abgänge, darunter auch viele Leistungsträger, so dass man schon von einem Umbruch sprechen kann. Doch außer Timur Gayret, den es zum FC Viktoria 89 in die Regionalliga zog, ist keiner zu einem höherklassigen Verein gewechselt. Mike Ryberg, „Maxi“ Obst, Urgestein Darius Niroumand oder Burak Mentes – viele wollten einfach nicht mehr einen so hohen Aufwand mit dem Fußball betreiben. Sie werden immer Freunde des Vereins bleiben. Den Abgang von Timur Gayret, der in seinem ersten Männerjahr bei uns eine tolle Saison gespielt hat, verstehe ich allerdings nicht so ganz, und es ärgert mich auch. Gerade ich persönlich habe mich für ihn im letzten Jahr eingesetzt, als es bei ihm nicht so lief. Wir haben ihn aufgebaut und dann verlässt er uns sofort wieder. Gegen seinen Wechsel zu Viktoria ist sonst nichts zu sagen, außer, dass wir ihm wünschen, dass er dort mehr Spielzeit erhält als am ersten Spieltag.

Dafür haben wir natürlich auch viele Neuzugänge zu verzeichnen, die bis auf wenige Spieler (u.a. Daniel Wahl vom SV Lichtenberg 47, Rückkehrer Efräim Gakpeto, und Benedikt Nellessen vom 1. FC Lok Stendal) noch keine Oberliga-Erfahrung besitzen, also auch komplett neu in der Liga sind. Wir hoffen, dass wir schnell zu einem echten Team wachsen und dann auch einen guten Kader haben. Vielleicht nicht so erfahren wie im vergangenen Jahr, aber auch nicht viel schlechter.

Von unseren A-Junioren haben wir mit Dominik Klecha, Konstantin Lehmann, Jannis Edler und Erhan Karadeniz vier Spieler übernommen, setzen also weiter auf unsere Jugend. Gern hätten wir natürlich mehr Spieler behalten, aber sie waren einfach zu erfolgreich, denn mit Niko Koulis und Niko Bretschneider ist zwei Jungs der Sprung zu Hertha BSC gelungen. Wir sind sehr stolz auf die beiden.“

Über Mannschaftsgeist, Trainergespann und Erwartungen

„Für uns wird es wichtig sein, wieder diesen Zehlendorfer Mannschaftsgeist reinzubekommen, der uns immer ausgezeichnet hat. Daran arbeiten wir alle miteinander, einen tollen Mannschaftsabend hatten wir bereits letzte Woche beim herrlichen Wetter auf der Terrasse unseres Clubhauses. Man sagt zwar immer, ‚wir achten auf die Charaktere’, aber bei uns ist es wirklich so. Und wie ich schon beim Mannschaftsabend gesagt habe: Wir wollen hier alle Spaß haben, und wenn man erfolgreich ist, hat man auch seinen Spaß. Wir wollen ehrgeizig sein, aber nicht verkrampfen.

Mit dem neuen Trainerteam haben wir auch ein sehr unterschiedliches Gespann: Markus Schatte ist ein sehr erfahrener, anerkannter Mann, dazu haben wir mit Manuel Meister einen jungen, engagierten Trainer, der auch dafür sorgt, dass bei uns gute Stimmung herrscht. Sicherlich wird es für uns ein Jahr des Umbruchs, man sollte also nicht die Erwartung an das Team haben, dass wir – im Gegensatz zum letzten Jahr – sofort oben mitspielen. Es war schade, dass wir das Meisterrennen in der letzten Spielzeit nicht offener gestalten konnten, denn der Kader war vorzüglich.“

Über seine Favoriten und die Liga

„Der Topfavorit ist für mich in dieser Saison der SV Lichtenberg 47, der schon seit Jahren einen Top-Kader und sich nun mit Haubitz von Hertha BSC U23 exzellent verstärkt hat. Mich wundert es ohnehin, dass sie in Lichtenberg nicht schon zuletzt um die Meisterschaft mitgespielt haben. Sie waren zwar Dritter, aber der Punkterückstand zum Tabellenführer war, wie auch bei uns, schon etwas enttäuschend. Der Spielerkader war immer ausgezeichnet, es muss vielleicht an etwas Anderem liegen.

Ich denke auch, dass Blau-Weiß 90 eine gute Mannschaft hat. Aus meiner Sicht von außen machen Präsident Michael Meister und Trainer Marco Gebhardt einen sehr seriösen Job. In Berlin fragt sich zwar immer jeder, wo das Geld herkommt – uns interessiert das nicht. Sie haben es und können entsprechend investieren. Ich hoffe wirklich, dass es nachhaltig ist, denn Blau-Weiß ist schon ein Traditionsverein, den ich mag.

Der dritte Kandidat ist natürlich Tennis-Borussia. Ich glaube, dass sie ein wirklich gutes Team haben, und ich sehe Jens Redlich als absolut leidenschaftlich. Das finde ich gut, wenn sich ein Präsident so engagiert wie er. TeBe hat dazu eine tolle Fangemeinde, ich war selber als Jugendlicher in der Bundesliga immer bei den TeBe-Spielen im Olympiastadion mit Norbert Stolzenburg, Jürgen Schulz, Benny Wendt und Ditmar Jakobs. Wenn wir ein Heimspiel gegen TeBe haben, freuen wir uns immer auf deren Fans. Leider kann man sich keine Fangemeinde ausleihen, sonst würde ich das bei den Anhängern von TeBe gern machen.

Aus meiner Sicht wird die kommende Spielzeit ausgeglichener, es ist vielleicht auch die beste und attraktivste Oberliga, die wir seit Jahren hatten. Schade, dass Ludwigsfelde und Luckenwalde nicht in unserer Staffel sind, sondern in den Süden versetzt wurden. Es geht mir dabei gar nicht so sehr um die kurzen Reisen, die wir hätten, sondern um deren Mannschaften und die schönen Stadien.“

Über das „Team um das Team“

„Ich bin auch froh, dass wir weiterhin ein tolles Team um das Team haben mit Leuten, die schon viele Jahre dabei sind, wie „Massi“ (Teamleiter Jürgen Hain), Gudrun (Betreuerin), Annika (Physiotherapeutin), Hans-Karsten Stolze (Mann für alles, vor allem: die wichtigen Dinge), Kerstin (Vereinsfotografin Kerstin Kellner) und Olli (Pressesprecher Oliver Kellner). Wir haben immer versucht, um das Team herum etwas aufzubauen und dort auch zu investieren, anstatt nur auf Spielergehälter zu setzen.“

Über seinen größten Wunsch

„Was mein größter Wunsch ist? Dass die Zehlendorfer Zuschauer zahlreicher kommen und den Weg anerkennen, den wir gehen. Es geht bei uns um seriöses Wirtschaften, attraktiven Fußball und natürlich haben wir das Ziel ‚Regionalliga’. Das werden wir auch nicht aufgeben, aber es ist unrealistisch, wenn wir dazu mehr Geld ausgeben müssen als wir in der Kasse haben. Ich bin aber überzeugt, dass es trotzdem in nicht allzu ferner Zeit klappen wird. Wenn die Zehlendorfer das honorieren würden und wir immer 300-400 Zuschauer bei uns am Siebenendenweg hätten, würde das auch die Mannschaft beflügeln.“

Die „kleine“ Hertha startet am Samstag (!), den 4. August um 14 Uhr mit einem Heimspiel im Ernst-Reuter-Stadion gegen FC Hansa Rostock II.

(ok)