Für viele Siedlungen ist der Jägerzaun als Einfriedung prägend. In Steglitz-Zehlendorf ist als Beispiel die Ende der 1930er Jahre errichtete Waldsiedlung Krumme Lanke zu nennen. Foto: Denkmalschutzbehörde

Wer kennt ihn nicht, den einfachen Holzzaun aus zugespitzten Latten, die X-förmig nebeneinander an einem oberen und einem unteren Gurt befestigt sind. Mit rot- oder grünbezipfelten Vorgartenzwergen auf kurz geschorenem Rasen gilt der Jägerzaun als Ausdruck kleinbürgerlicher, spießiger Lebenseinstellung. Dennoch ist er unter den unzähligen Zaunvarianten eher einer der harmlosen Vertreter: Kein Prunk. Kein Protz. Und in seiner Höhe von 60 bis 100 cm bietet er nicht wirklich Schutz. Er zeigt nur an: Hier ist meins!

In früherer Zeit, als die Fürsten den Wildbestand in ihren Wäldern kultivierten, um sich und ihren Gesellschaften ausreichendes Jagdglück zu garantieren, war der Jägerzaun tatsächlich ein Schutzzaun. Die Bauern, die sich berechtigte Sorge um ihre Feldfrüchte machen mussten, durften zum Schutz der Felder vor gefräßigen wilden Tieren fürstliches Waldholz schlagen und daraus Zäune, sicher deutlich höher als bis zur Hüfte, bauen. So kam der Jägerzaun wohl zu seinem Namen.

Einer anderen Deutung nach wurden zunächst von den Bauern um die Äcker Netze gespannt, in denen sich die Tiere verfingen. Das Netz, ein Jäger. Aus diesen Netzen hat sich dann im Laufe der Zeit der klassische Jägerzaun entwickelt.

Einfach zu errichten und gut zu transportieren musste der Jägerzaun sein: Faltbar wie eine Ziehharmonika, bzw. wie eine Schere zu öffnen oder zu schließen. Dadurch war er in seiner Breite sehr variabel und mehrfach verwendbar. Mancherorts heißt er daher auch Scherenzaun. So funktioniert auch heute noch das Scherengitter, meist aus Metall, bei Absperrungen der Polizei oder vor Baustellen.

Gestalterisch kam der Jägerzaun als ortsfeste Einfriedung vermutlich vermehrt nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten zum Einsatz. Dem Heimatschutzstil zugeordnet wurde auch bei den Freiflächen im Siedlungsbau einfach und pragmatisch gebaut: Lattenzäune, Scherenzäune, Maschendrahtzäune, Hecken.

Für viele Siedlungen ist der Jägerzaun als Einfriedung prägend. In unserem Bezirk ist als Beispiel die Ende der 1930er Jahre errichtete Waldsiedlung Krumme Lanke zu nennen. Hier ist der Jägerzaun für die äußere Einfriedung der Privatgärten dominierend. Zwar ist eine bauzeitliche Verwendung nicht dokumentiert und kann daher nur angenommen werden, aber spätestens nach dem 2. Weltkrieg gehört der Jägerzaun zum Bild vieler Gärten. Zum „heimatlichen“, sparsamen Baustil der kleinen Häuser mit ihren Sprossenfenstern, Klappläden und Gauben ist der Jägerzaun die passende Ergänzung bodenständiger Gestaltung.

In der Nachkriegszeit setzte sich die Verwendung des Jägerzaunes unmittelbar fort. Als Massenware preiswert herzustellen, kam er in den 1960er Jahren dann auch in die ersten Baumärkte. Die vorgefertigten Zaunfelder füllen heute Regalwände. Viel Zaun für wenig Geld. Aber leider in einer Gestaltqualität, die dem denkmalfachlichen Anspruch nicht immer gerecht wird: Die Latten/ Staketen sind häufig zu breit, dadurch wirkt der Zaun klobig. Und die Lattenspitze: Sie ist meist nicht mehr gesägt, sondern gekegelt.

Foto: Denkmalschutzbehörde

Weil es schnell, einfach und damit noch preisgünstiger geht: Rundholz in den Anspitzer, in der Mitte geteilt, fertig ist die Latte. Das gewünschte denkmalgerechte Erscheinungsbild des Zaunes, gerade bei vielen laufenden Metern, geht verloren. Das gestalterisch so wichtige X, die Schere, geht visuell bei den Kegelspitzen unter. Durch gesägte Spitzen aber, wird es besonders hervorgehoben.

Preiswert musste das Holz für den Zaun schon damals sein. Das gilt auch heute noch: Kiefer, Fichte sind gängige Holzarten. Und soll der Jägerzaun länger als zwei Jahre stehen, schützt man in unseren Breiten sein Holz gerne vor den Unbilden der Witterung. Ist ja keine Eiche oder Lärche. Die können deutlich mehr aushalten. Auch im ergrauten Alter. Giftgrün oder orange imprägniert, gelbbraun glänzend speckig beschichtet wird das Zaunholz gegen Wasser, Frost, Pilz und Co. geschützt. Schlimmer kann es kaum noch kommen für den Jägerzaun. Aber doch: eine farbige Plastikschutzkappe, gerne noch mit Kugel oder Spitze bekrönt, auf den Pfostenkopf gesetzt!

Die Denkmalpflege wünscht sich den Jägerzaun mit einer Latten-/ Staketenbreite von maximal 6-6,5 cm und mit einer Spitze, die rechtwinklig zur Bodenoberfläche gesägt ist. Denkmalgerecht ist für den Holzschutz eine braune Kesseldruckimprägnierung und eine Nachbehandlung der Oberfläche (Anstrich) mit einem eher dunkelbraunen Farbton (zum Beispiel „Nussbaum“) oder entsprechende Lasuren. Und höher als einen Meter sollte der Jägerzaun auch nicht sein. Wenn dann noch ein Schutz (Drahtgeflecht) gegen ein Unterwühlen in den Boden eingebracht ist, ja, dann darf der Jägerzaun in den Waldsiedlungen vielleicht tatsächlich auch heute noch ein bisschen Schutzzaun sein. Zum Ärger für die Wildsau und ihren Eber.

Text: Uwe Schmohl

Redaktion: Dr. Jörg Rüter

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