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Lautlos – ein Begriff, der ein wenig anmutet, wie aus der Zeit gefallen, denn heute alles ist laut. Dezibelwerte werden rücksichtslos überschritten. In der Musik, im Straßenverkehr, auf Baustellen, Kita- und Schulhöfen, in Restaurants, in den Öffis, bei für Nichtbeteiligte nervigen Handygespräche. Insgesamt ein Hör-Cocktail, der ein mentales Dahindösen unmöglich machen.

Es gäbe bestimmt noch viele weitere Beispiele für unsere laute Welt. Wir haben uns daran gewöhnt. Wahrscheinlich würden wir uns an einem Ort der absoluten Stille irritiert umschauen, wo denn all die anderen sind, die uns täglich beschallen.
Gestern saß ich für eine Weile im schönsten Einkaufszentrum von Steglitz bei einem Kaffee und einem Panini. Ich saß da und schaute mir entspannt die vorbeieilenden Menschen an. Für mich ist Menschen zu beobachten unheimlich spannend. Es war vormittags, keine Hintergrundmusik, keine Schnäppchenangebote über Lautsprecher, sogar kaum Kleinkinderjubilieren. Und dann fiel es mir plötzlich auf – dieses lautlose „Dahingleiten“ von unzähligen Füßen auf dem Marmorfußboden.

Ich kann mich noch so gut an die Zeiten erinnern, in denen das ständige Klack, Klack, Klack der Damenpumps auf Straßen, in Läden, einfach überall dort, wo gelaufen wurde, ertönte. Oft war es der Weckruf für allein daher schreitende Männer, sich ruckartig umzudrehen und die, das Geräusch verursachende Dame, von hinten in Augenschein zu nehmen. Denn hohe Absätze signalisierten ihnen wohl immer auch ein interessantes Objekt der Begierde, zumindest optisch. Und mal ehrlich, auch für uns heranwachsende Mädchen hatte doch der Tag, an dem wir mit den ersten „Stöckelschuhen“ wacklige Gehversuche unternahmen, epochale Bedeutung. Es waren für uns die ersten Schritte in die Teenagerzeit. Auf einmal wurde es interessant, von Jungen beachtet zu werden. Frauen Ü50 können sich bestimmt noch an die kleinen Katastrophenmomente erinnern, wenn sich an neuen Pumpsabsätzen die ersten Leder-Ziehharmonikfalten hochschoben, weil der Schuh in irgendeine gemeine Ritze geraten war und feststeckte. Zu Hause wurde dann geschoben und geklebt und mit Schuhcreme gearbeitet, was das Zeug hielt, um den Schaden so gut es ging, unsichtbar zu machen. Tja, das waren noch echte Schuhprobleme .

Irgendwann, ich weiß wirklich nicht mehr ab wann, schlichen sich im wahrsten Sinne des Wortes Turnschuhe bzw. neudeutsch Sneaker in unser aller Leben. Zuerst im sportlichen Freizeitbereich. Aber der Siegeszug dieser Leisetreter war bald nicht mehr aufzuhalten. Sie wurden schicker, bunter, witziger und vor allem „salonfähig“. Heute lernen Sneaker nicht mehr nur Wiese, Bootsplanke und Fitnessstudios, sondern auch Theater, Hochzeiten, Partys und noch viele andere anspruchsvolle Gelegenheiten für lautloses Auftreten kennen. Das haben sie sich bestimmt nicht träumen lassen, damals, in den Anfängen des bequemen Laufens. Klammheimlich mussten sie da noch im Auto schicken „Ausgehschuhen“ den Platz einräumen und unerkannt unter dem Beifahrersitz der Rückkehr der fußwunden Trägerin harren.

Hört mal ganz bewusst hin: Kein Schuhgetrappel mehr, nirgendwo. Und wenn es keine Sneaker sind, dann Stiefel, Sandalen, Sportschuhe aus Leder – alle mit dicken, weichen, lautlosen Gummisohlen. So bewegen wir uns unhörbar als kleiner Ruhepohl in unserer lauten Welt. Also Fazit: Nicht alles wird schlechter. Und das ist gut so.

Ach übrigens, es gibt sie natürlich doch noch, die High Heels, Schwindel erregend hoch. Gnadenlos scheuchen diese Marterwerkzeuge ihre tapferen Trägerinnen über Rote Teppiche und sind sich ihrer grausamen aber sexy Macht total bewusst.

lth