Bereits am 20. Februar erfolgte die Rodung.
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Nach einer mündlichen Verhandlung vor der Baustelle des zukünftigen Asylbewerberheims in der Leonorenstraße haben die Richter eine Entscheidung getroffen: Sie lehnten die Klage der Anwohner im Eilverfahren ab. Demnach kann die Asylunterkunft nun gebaut werden.

Über 40 Menschen, darunter einige der 48 Kläger, hatten sich am Donnerstag, 9. März, zur mündlichen Verhandlung eingefunden, zu der das Verwaltungsgericht Berlin eingeladen hatte. Außergewöhnlich dabei war, dass die Verhandlung direkt vor der Baustelle stattfand. So konnten die Richter die Örtlichkeiten besser einsehen und die Lage beurteilen. Neben dem Rechtsanwalt der Kläger war auch eine Vertreterin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung anwesend. Aufgrund zahlreicher Klarstellungsversuche und Anliegen der Anwohner zog sich der Termin über zwei Stunden hin.

Im Kern der Verhandlung drehte es sich um drei Streitpunkte. Zum einen stand der Vorwurf im Raum, dass vor Beginn des Baus keine Umweltverträglichkeitsprüfung vorlag. Im zweiten Punkt ging es um den sogenannten Gebietserhaltungsanspruch. Der dritte Punkt bezog sich auf das Rücksichtnahmegebot.

Im Fall der Umweltverträglichkeitsprüfung stellte der anwesende Richter, Matthias Schubert, fest, dass bei einer Rodung solchen Ausmaßes erst einmal nur eine standortbezogene Prüfung durchgeführt werden müsse. Dies unternahm die Senatsverwaltung jedoch nicht vor der Rodung, sondern erst im Nachhinein. Laut Schubert könne diese aber nachgereicht werden, was die Senatsverwaltung bis dato getan hatte. Die verspätete Prüfung hatte ergeben, dass die Bäume nicht in besonderem Maße schützenswert seien und deshalb die Rodung rechtens war. Das Gericht bezeichnete die nicht erfolgte Prüfung zwar abschließend als Fehler, gegen den man aber nicht vorgehe.

Kurz vor der Rodung am Montag, 20. Februar, hatten die Anwohner gegen diese geklagt. Gegen Vorwürfe, das Gericht hätte zu lange gewartet, wehrte sich Schubert entschieden. Für ein Verwaltungsgericht habe man sehr schnell eine Entscheidung getroffen, zumal der Fall äußerst komplex sei. Das Gericht hatte damals eine einstweilige Verfügung erlassen, die Rodung nicht zu stoppen, da ein vorläufiger Baustopp eine Verzögerung von etwa einem Jahr bedeutet hätte. Außerdem habe die standortbezogene Prüfung im Nachhinein ohnehin ergeben, dass die Rodung rechtens war.

Im Falle des Gebietserhaltungsanspruches lehnten die Richter die Klage ebenfalls ab. Denn das als Wohngebiet ausgeschriebene Grundstück der Vivantes GmbH könne nach Willen des Gesetzgebers auch für soziale Einrichtungen bebaut werden. Aufgrund der allgemeinen Bebauung Berlins und der Größe der Stadt können soziale Anlagen in dieser Größe auch auf diesem Baugrundstück errichtet werden.

Mündliche Verhandlung vor den Häusern der Anwohner.
Foto: Weidmann

Beim Rücksichtnahmegebot ging es den Klägern vor allem um Lärmschutz. Die Schlafzimmer ihrer weißen Reihenhäuser, die in Hufeisenform angelegt sind, seien beim Bau absichtlich in Richtung Leonorenpark ausgerichtet worden. Schubert urteilte, dass bei dem Abstand des neuen Baukörpers zu den Reihenhäusern das Rücksichtnahmegebot nicht verletzt werde.

Einige Zugeständnisse

Ein längeres Hin und Her zwischen den Anwohnern und der Vertreterin der Senatsverwaltung gab es wegen des sogenannten Dorfplatzes. Dieser Aufenthaltsort für die Asylsuchenden wurde im Planungskonzept der Senatsverwaltung in Richtung der Reihenhäuser angelegt. Nach zahlreichen Einwürfen wegen der zu befürchtenden Ruhestörungen lenkte die Senatsverwaltung ein. Sie sicherte zu, den Dorfplatz zu verlegen. Außerdem werde es keine Flutlichtanlagen geben, der Müllplatz werde mit Schallschutzwänden umbaut und die Grundstücksgrenze mit einer zwei Meter hohen Hecke versehen.

Ein langer Streit

Die Debatte um den Bau der geplanten Unterkunft zieht sich, wie bereits berichtet, seit Längerem hin. Die Senatsverwaltung baut auf dem Grundstück der Vivantes GmbH eine Flüchtlingsunterkunft in modularer Bauweise, in der etwa 450 Asylsuchende Platz finden sollen. Dazu wurden Ende Februar etwa 44 schützenswerte Bäume gefällt.

Viele Anwohner haben sich dabei vom Bauherrn, dem Senat, übergangen gefühlt. Man sei vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Sie kämpften bis zuletzt um die Bäume des Leonorenparks. Dieser ist aber amtlich gesehen kein öffentlicher Park. Das Gelände war von Vivantes offiziell als Wohngebiet ausgeschrieben worden und darf, wie das Urteil bestätigt, entsprechend bebaut werden.

(dw)