Karoline Beeck ließ für die Ausstellung eine "Extrablatt" von sich drucken. Foto: Karoline Beeck/Kulturamt

Das Durchdringung des Öffentlichen mit dem Privaten und den Einbruch des Öffentlichen in das Private thematisiert die Ausstellung  „Mein öffentliches Ich“, die derzeit in der Schwartzschen Villa zu sehen ist.  Die jurierte Ausstellung ist das Ergebnis einer offenen Ausschreibung, bei der sich 116 Künstlerinnen und Künstler beworben haben. Die Jury hat 23 Arbeiten von 24 Künstlerinnen und Künstlern ausgewählt, der Umgang mit dem Thema „Mein öffentliches Ich“ ist  entsprechend vielfältig.

Die Präsentation der eigenen Person in der Öffentlichkeit zeigt sich in einigen Variationen, andere Künstler abstrahieren von sich und verarbeiten Beobachtungen im öffentlichen oder privaten Raum in ihrer Kunst.

Karoline Beeck druckt ein „Extrablatt“ mit ihrem Konterfei, „ich sind viele“ – so sieht sich die Fotografin Karin Dammers. Eine Gedenktafel  von Thilo Droste weist darauf hin, dass er von 2005-2010 in einem bestimmten Haus lebte – ein „Selfie“ der besonderen Art. „Selbstbildnisse“ von Mona Hakimi-Schüler zeigen die iranische Künstlerin mit unterschiedlichen Kopftuchvarianten. „Balancing Wolf“ nennt Wolf Klein seine täglich im „social web“ veröffentlichten Selbstbildnisse. Maria Vill und David Mannstein haben ihre Anfangsbuchstaben 2009 in einen Baum geritzt, sorgfältig pflegen sie diese von ihnen im öffentlichen Raum hinterlassene Spur.

„Fenster zum Hof“ nennt Ingeborg Sambeth ihre Videoinstallation als Reminiszenz an den Hitchcock-Film, in der man hinter neun Fenster schauen kann. Die hell erleuchteten Zimmer erlauben einen Einblick in das dadurch nicht mehr  private Leben. Johanna Stock hat mit „It’s all about you“ einen interaktiven QR-Code entwickelt. Mareike Drobny zeichnet per GPS ihre täglichen Wege in Berlin nach: „BERLIN, since I’m working here“: Ein Spiel mit den modernen Geräten und zugleich ein Hinweis auf die totale Überwachungsmöglichkeit.

Amrots Skulpturen „Drei kleine stehende Frauen XIV“ bestehen in der Öffentlichkeit. Polina Balashova hat eine Frau gemalt, die tief im Wasser steht und durch den Druck einer Computertaste vielleicht verschwinden könnte. Heike Barndt zeigt in einer digital manipulierten Fotografie die Manipulation durch „Smileys“ – sie bedecken den ganzen Körper.  Peter Fleischer-Harkort greift den „Smiley“ ebenfalls auf und malt unter dem Titel „Happy“ das Gegenteil.

Carola Credé verfremdet das an einem Weihnachtstag entstandene Familienfoto, in dem die Gesichter bestickt sind und für die Betrachter damit anonym bleiben. David Gessert zeigt in seinem Gemälde „Dahinter“, wie ein Individuum kaum erkennbar ist hinter vielen und auch bedrohlichen Elementen. Isabella Gresser hat eine Fotocollage mit dem Titel „Das Ich und Nietzsche“ erarbeitet, man sieht den heutigen Strand von Nizza  mit Menschen, die sich in der Öffentlichkeit sonnen, ein Tourist spiegelt sich in seinem Tablet PC, er nimmt nicht den Ort wahr, sondern nur sich selbst. Der Tourist steht vor der dort fest installierten Abbildung des Gemäldes „La Route de France vers Magnan“ von Jules Defer, das dieselbe Stelle zeigt.

Simone Häckels Videoinstallation zeigt sechs Mädchen, die einzeln das Lied „White Horse Never Came“ im Internet singen und sich damit öffentlich – der Lächerlichkeit? dem Mitleid? – preisgeben. Thorbjörn Jacobsen hat „Spuckis“ angefertigt, wie sie in Kneipentoiletten zu finden sind, Frauen bieten sexuelle Dienstleistungen an. Karl Heinz Jeron hat ein Holzspielzeug mit Lautsprecher gebaut:  Jemand tat etwas, dann kamen die Leute. Sandra Riche nennt ihr Objekt „Selbstporträt in einer Kiste“, Materialien sind unter anderem ein Lippenstift und Lakritze. Michael Sellmann zeigt ein Bild im Bild, das von Mainzelmännchen präsentiert wird. Vanessa von Wendts Gemälde „Zwischenzeitlich IV“ zeigt einen Menschen, der versucht, einem genormten Wohnumfeld zu entkommen.  Und Barbara Wredes „Tarnkappe“ befasst sich mit dem Wunsch, sich der Öffentlichkeit nicht zu zeigen.

Zur Ausstellung werden drei Führungen angeboten: Sonntag, 23. November, 7. Dezember und 18. Januar, jeweils um 14 Uhr. Die Kunstvermittlerinnen Philine Sollmann und Julia Marquardt führen durch die Ausstellung „Mein öffentliches Ich“. Sie erläutern den gesellschaftlichen Kontext der Arbeiten und die unterschiedlichen Techniken. Der Eintritt ist frei.